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Der magische Reiter reiter1

Der magische Reiter reiter1

Titel: Der magische Reiter reiter1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: britain
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hielt das Heft ihres Säbels mit beiden Händen umklammert. Die Brosche mit dem geflügelten Pferd glitzerte kalt im weißen Licht dieser Welt.
    Karigans eigene Brosche reagierte darauf, und ehe sie wusste, wie ihr geschah, hatte sie schon die Brosche des Hauptmanns berührt. »Ich bin nicht tot«, sagte sie.
    Eine Stimme in ihrem Kopf antwortete: Stimmt.
    »Ich bin tot.«
    Falsch.
    »Tot!«, schrie der Eleter.
    Falsch.
    »Du darfst die Toten nicht stören.«
    Karigan riss die Hand von Hauptmann Mebstones Brosche und wandte sich mit klopfendem Herzen um. Sie stellte fest, dass der Grufthüter Agemon sie ansah. Er hatte ein Stofftuch in den Händen und beugte sich gerade über Hauptmann Mebstone, um ihren Säbel zu polieren.
    »Wo sind wir?«, fragte sie ihn, erleichtert darüber, ein
anderes lebendes Wesen zu sehen, selbst wenn es Agemon war.
    Agemon summte beim Polieren unmelodisch vor sich hin.
    »Agemon!«
    Der kleine Mann hielt inne und blickte mit verwirrter Miene auf. »Häh?«
    » Wo sind wir?«
    Er sah sie durch seine Brille hindurch an. »Das hier ist ein Ort des Übergangs.«
    Karigan leckte sich die Lippen. Ihr Mund war trocken, und der Nebel hatte einen sauren Geschmack hinterlassen. »Weshalb sind wir hier?« Sie deutete auf die Leichen.
    »Sie sind das«, sagte er, »was sein könnte.«
    Noch nicht tot, dachte sie, aber sie könnten tot sein.
    »Agemon«, sagte sie, »du musst mir den Weg zurück zeigen.«
    »Das kann ich nicht.«
    »Weshalb nicht?« Erneut erfüllte Verzweiflung ihre Stimme. »Ich muss zurück. Ich muss den anderen helfen, dem König …«
    Er musterte sie von Kopf bis Fuß und gluckste. »Ich sorge für die Toten. Die Toten haben dich berührt, doch du bist nicht tot. Noch nicht.«
    »Agemon!« Sie packte ihn am Ärmel. »Bitte! Zeig mir den Weg hinaus.«
    Er starrte sie einfach nur mit der Miene eines verängstigten Kaninchens an, bis sie ihn losließ. Er richtete seine Gewänder und schob seine Brille wieder die Nasenwurzel hoch.
    »Wer einmal hier ist, kann nicht mehr fort«, sagte er.
    Falsch, erscholl die Stimme in ihrem Geist.
    »Vergiss den Säbel nicht«, sagte er, »sonst wird sie traurig sein.«

    Er deutete in die Ferne. Nach so viel Stille dröhnte der Hufschlag in ihren Ohren. Weit entfernt galoppierte ein Pferd mit Reiter als Schattenriss über die Ebene. Im nächsten Moment waren die beiden verschwunden. Karigan blickte auf Hauptmann Mebstone hinunter. Der Säbel, den ihre Hände umklammerten, war nicht mehr ihr eigener, sondern der der Ersten Reiterin. Karigan entwand ihn Larens steifen Fingern.
    Ein leises Summen ließ Karigan gerade noch rechtzeitig herumfahren, um Agemon auf flinken Beinen davonhuschen zu sehen.
    »Agemon! Warte!« Sie rannte hinter ihm her, doch wie schnell sie auch lief, sie konnte ihn nicht einholen. Er wurde kleiner und kleiner, während der Abstand zwischen ihnen sich vergrößerte, und sein Summen wurde leiser, bis der Grabhüter nicht mehr zu sehen war.
    »Agemon!«, schrie Karigan, doch die schwere weiße Luft erstickte ihre Stimme.
    Hinter ihr zog wieder lautlos und drückend der dunstige Nebel auf und hüllte die Grabplatten in wabernde Schwaden. Als die Wolke davontrieb, war bis auf die endlose weiße Ebene nichts mehr so wie zuvor.
    Karigan brach erschöpft auf dem weißen Boden zusammen. Sie zog die Beine ganz eng heran und ließ den Kopf auf die Knie sinken. So saß sie eine Weile da, ruhte sich aus und zwang sich, nicht in Verzweiflung zu verfallen. Vielleicht saß sie minutenlang so da, vielleicht auch Stunden.
    Schließlich stand sie auf und ging davon. Es blieb ihr nichts weiter übrig, als über die farblose Ebene zu schreiten. Kurzes weißes Gras knirschte unter ihren Füßen. Sonst nahm sie nichts wahr. Sie fragte sich, ob sie womöglich auf der Stelle
ging, weil sie keine Veränderungen in ihrer Umgebung ausmachen konnte.
    Der Lorbeerzweig fiel ihr wieder ein, den sie in einer tiefen Tasche ihres Mantels verstaut hatte, und sie holte ihn heraus. Ein Geschenk, das man ihr gemacht hatte, damit sie die enormen Weiten des nördlichen Waldes und seine grüne Lebendigkeit nicht vergaß. So konnte sie wenigstens in Gedanken bei ihren Freunden sein.
    Der Lorbeerzweig widerstand der ausbleichenden Wirkung dieser Welt, und Karigans Blick labte sich daran. Sie zerrieb ein glattes Blatt zwischen den Fingern. Sein süßer Duft rief die Erinnerungen an die hellen heidelbeerblauen Augen der Berry-Schwestern in ihr wach und an die grünen

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