Der magische Reiter reiter1
ganzen Reihe von Ehefrauen und Geliebten. Das hieß, eigentlich würde er sich mit ihm als Zweites befassen müssen. Jemand war hier, der ihn sprechen wollte.
»Berichtet.«
Hauptmann Immerez trat in den flackernden Lichtschein. Sein kahler Schädel glänzte. Es hatte recht lange gedauert, bis sein Lord endlich geruhte, von ihm Kenntnis zu nehmen. Mirwell war sich dessen vollkommen bewusst. Immerez’ Gesicht
blieb jedoch unbeteiligt, und seine Verbeugung fiel trotz der Unannehmlichkeiten, die seine nasse, schlammverkrustete Uniform ihm bereiten musste, respektvoll aus.
Immerez war noch jung. Er konnte es aushalten. Die Jungen konnten bei jeder Witterung die Wildnis durchstreifen, ungeachtet der Kleidung. Auch Mirwell hatte solcherart seinen Tribut gezollt. Der Bärenkopf an der Wand zeugte von seiner früheren Stärke, doch nun zog er es vor, die Geschäfte seiner Provinz von seinem Platz am Kamin aus zu führen und die Jungen die Arbeit machen zu lassen, so wie sein Vater es vor ihm gehalten hatte.
»Mein Lordstatthalter«, sagte der Hauptmann. »Wir haben den Boten getötet.«
»Gut.« Man konnte sich eben immer darauf verlassen, dass der Hauptmann seine Befehle ausführte. Schon vor Jahren war er unter Hunderten von jungen Soldaten auserwählt worden, um dabei zu helfen, der Provinz Mirwell wieder ihre frühere Größe zu verleihen. »Und was habt Ihr über einen möglichen Spion erfahren?«
Immerez wand sich unbehaglich. Der Blick seines einzigen Auges zuckte hin und her, und er leckte sich über die Lippen. Regen prasselte gegen das Fenster. »Leider konnten wir diese Informationen nicht mehr aus ihm herausholen, bevor er starb.«
»Was? Das finde ich nicht sehr befriedigend.«
Immerez schob das Kinn vor. »Die einzige Möglichkeit, ihn aufzuhalten, bestand darin, ihn zu töten.«
Mirwell trommelte mit den Fingern auf die Armlehne seines Sessels, die in der Form eines Pumakopfs geschnitzt und mit den Jahren glatt gerieben worden war. »Inzwischen bewegt sich vielleicht jemand frei in meinem Hausstand und
gibt dem König weiter Nachricht von meinen Plänen. Wo ist die Botschaft?«
Immerez schluckte.
»Also, Mann, wo ist sie?«
»Die Botschaft … sie … sie ist uns entglitten. «
»Die Botschaft ist Euch entglitten? Was hat sie getan? Beine bekommen und die Flucht ergriffen?«
»Ja, mein Lord, ich meine, nein, mein Lord.«
Mirwell strich sich mit Daumen und Zeigefinger über die ergrauten Brauen. »Erklärt mir das.«
»Wir haben Coblebay tagelang gehetzt, sogar noch, als wir ihn schon verwundet hatten. An dem Tag, als wir dachten, wir hätten ihn endlich, entkam er uns wieder. Er ritt wie ein Dämon, als hätte sein Pferd Flügel. Wenn Ihr mich fragt, ging das nicht mit rechten Dingen zu. Er hätte schon Tage vorher sterben müssen. Er ritt von der Straße herunter in die Wälder. Wir verloren jede Spur von ihm, als hätte er sich in Luft aufgelöst. «
»Woher wisst Ihr dann, dass er tot ist?«
»Wir fanden ihn schließlich, auf der Straße nach Selium.«
»Und wo ist die Botschaft?« Die Stimme des Statthalters bebte vor Ungeduld.
»Bei seinem Pferd.« Bevor der Statthalter wütend eine erneute Frage stellen konnte, erklärte Immerez: »Jemand hat sich des Pferdes bemächtigt. Dieser Einfaltspinsel Thursgad dachte, Coblebays Geist würde darauf reiten, doch wir holten den Reiter ein, der in den Mantel der Grünen gekleidet war und sehr wohl aus Fleisch und Blut bestand. Dieser Reiter löste sich wirklich in Luft auf.«
»Grünentricks, he? Ich habe schon gehört, dass sie über verblüffende Fähigkeiten verfügen, doch sie bewahren darüber
Stillschweigen. Zacharias hat immer diese Frau in der Nähe seines Throns. Ihr kennt sie.«
»Mebstone?«
»Ja, so heißt sie. Mebstone.« Er schnaubte verächtlich ihren Namen. »Sie ist ständig an seiner Seite und sieht mich an, als könnte sie mir geradewegs in die Seele schauen. Ich hörte von Grünenmagie, als ich noch ein Junge war, und wusste immer, dass ich meine Gedanken in ihrer Nähe rein halten und aufrichtige Worte sprechen muss. Zwecklos, ein Risiko einzugehen, und ich bin froh, dass ich es nicht getan habe. Lediglich ein Grüner könnte sich einfach so in Luft auflösen. Was habt Ihr jetzt vor?«
Ein Stoßseufzer entfuhr Immerez, als sei er erleichtert über das Verständnis des Statthalters. »Meine Männer und der Graue werden diesen neuen Grünen weiter verfolgen. Ich möchte um zusätzliche Verstärkung bitten. Ich dachte, dass
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