Der magische Reiter reiter1
es vielleicht vorteilhaft sein könnte, wenn wir einige von Prinz Amiltons Leuten an der Verfolgung teilnehmen ließen. Schließlich beschreiten wir seinetwegen diesen gefährlichen Pfad.«
»Einige von Amiltons Leuten, he? Hattet Ihr jemand Bestimmtes im Sinn?«
»Seine Waffen.«
Mirwell lachte. »Wie ungemein gerissen von Euch, Hauptmann. Unser Möchtegernkönig wird sich ohne sie ein bisschen verwundbar vorkommen, nicht wahr? Und wie überaus angemessen. Sie sind bereits Verräter am Reich, so dass sie notgedrungen vorsichtig sein werden. Wir müssen die Suche auf alle Fälle weiter ausdehnen.«
»Was, wenn der Prinz Einwände erhebt?«
»Hat er denn eine andere Wahl? Ohne unseren Beistand
kann er keinen Anspruch auf die Krone erheben.« Das Feuer knackte, und der Hauptmann blinzelte. Mirwell strich sich mit den Fingern durch den Bart, dessen Grau vier weiße Strähnen wie Krallenmale durchzogen. »Ihr müsst diesen Grünen aufhalten, Hauptmann. Die Botschaft darf ihren Bestimmungsort unter gar keinen Umständen erreichen. Wenn das geschieht, könnte das all unsere Pläne vereiteln, und die Vergeltung würde wahrlich hart ausfallen. Wir dürfen Zacharias nicht auf seine bevorstehende Ermordung aufmerksam machen. Findet außerdem heraus, wer der Spion ist, sofern es einen gibt, und lasst dabei kein Mittel ungenutzt.«
»Ja, mein Lord.« Immerez wollte sich verbeugen, doch Mirwell hinderte ihn mit einer Geste daran.
»Und Immerez – wenn Ihr versagt, werde ich Euch höchstpersönlich auch noch das andere Auge auskratzen und es in einem Glaskrug auf meinem Kaminsims aufstellen, bis es verdorrt ist.«
Immerez wurde kalkweiß. Ihm war nur zu bewusst, dass diese Drohung ernst zu nehmen war. Er verbeugte sich und machte schneidig auf dem Absatz kehrt, verließ die Bibliothek mit gleichmäßigen, festen Schritten.
Mirwell kicherte. Immerez war im Allgemeinen recht fähig, doch so eine Drohung konnte nicht schaden. Es war kein Geheimnis, dass der Statthalter mit den Körperteilen, die er jenen abgenommen hatte, die bei ihm in Ungnade gefallen waren, ein Museum hätte einrichten können.
Das Schreiben von Rektor Geyer knisterte, als er es entfaltete, um es ein weiteres Mal durchzulesen. Sein Trottel von einem Sohn hatte einen Schwertkampf gegen ein Kaufmannsmädchen verloren und sich gerächt, indem er die Mirwells aus Selium in die Sache hineinzog. Anscheinend hatten seine
Vettern alles unter Kontrolle. Das fragliche Mädchen war wegen des Kampfes von der Schule verwiesen worden, was dazu geführt hatte, dass sie davongelaufen war. Mirwell, der noch nie viel für Kaufleute übrig gehabt hatte, grinste. Vielleicht war sein Junge doch kein so hoffnungsloser Fall. Aber um eine große Provinz zu regieren, eine Provinz, die sogar noch größer werden würde, wenn sie Sacoridien erst von König Zacharias befreit hatten, bedurfte es mehr als simpler Rachegelüste und Hinterlist.
Der Name des Mädchens lautete G’ladheon, ein Name aus alter Zeit, doch ursprünglich keiner des Sacor-Clans und mit Sicherheit der Name eines niederen Clans. Eines Kaufmannsclans … Er hatte ihn schon einmal gehört, dachte er, doch in der Provinz Mirwell war er eher selten.
Er läutete die Glocke an seiner Seite, und nach wenigen Augenblicken eilte seine Adjutantin Major Beryl Spencer herbei. Ihre Verbeugung fiel knapp, aber elegant aus. Ach, wäre er doch bloß zwanzig Jahre jünger, vielleicht hätte er mit ihr dann einen kräftigen, intelligenten Sohn zeugen können. Doch er war mürbe geworden, und ein weiterer Erbe würde jetzt nicht nur seine ganze schwere Arbeit mit Timas ruinieren, sondern die Dinge auch über alle Maßen komplizieren.
»Mein Lord?« Beryl hockte sich auf die Kante eines Sessels und hielt Papier und Feder bereit, um seine Befehle festzuhalten oder ein Schreiben aufzunehmen.
»Ich habe einen Auftrag für Euch, Spence«, sagte er und verwendete dabei den Spitznamen, den er ihr gegeben hatte. »Mein Sohn hat Schwierigkeiten mit einem Mädchen aus einem niederen Clan.«
»Soll ich in Eurem Namen die Wiedergutmachung des Clans anbieten, oder werden wir das Kind anerkennen?«
»Kind? Was? Oh, nein, nicht diese Art Schwierigkeiten.« Das war ein amüsanter Gedanke, der ihn zum Kichern brachte, und fast wäre er in schallendes Gelächter ausgebrochen. »Nein, ich bezweifle, dass der Bursche fähig ist, ein Kind zu zeugen. Ich möchte, dass Ihr Erkundigungen über einen Kaufmannsclan namens G’ladheon einholt.
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