Der magische Reiter reiter1
Bruder die Herkunft dieser Attentäter bekannt wäre, glaubt Ihr nicht, dass seine Waffen dann schon über uns hergefallen wären? Und weshalb sollte es ihn kümmern, wo Ihr Euch aufhaltet, solange es weit weg von Sacor ist? Mein Lehnsherr, wir vermuten lediglich, dass es im Hause Mirwell einen Spion gibt.«
»Ich bin mir sicher, die letzten Versuche haben meinen Bruder so misstrauisch gemacht, dass er hier einen Spion eingeschleust hat. Woher wollt Ihr wissen, dass unser nächster Versuch nicht auch scheitert?«
»Es wurde jede erdenkliche Vorsichtsmaßnahme ergriffen, Lehnsherr. Ihr müsst mir vertrauen.«
»Ich hoffe aufrichtig, dass Ihr diesmal nicht versagt, Tomastin. « Amilton stellte seinen Kelch auf dem Kaminsims ab und schritt rastlos durch den Raum. Er blieb an dem offenen Fenster stehen, das auf das Übungsgelände der Provinzmiliz hinausführte, und ließ die verborgene Drohung eine Zeit lang wirken, bevor er weitersprach. »Und Ihr vertraut diesem Grauen?«
»Unbedingt. Er besitzt die alten Kräfte, und der Pakt mit ihm wird uns so viel Einfluss und Ruhm bescheren, wie wir es uns kaum vorstellen können.«
Amilton lehnte sich gegen das Fensterbrett, die Arme verschränkt, seine aufgeputzte eckige Gestalt ein Schattenriss vor dem blauen Himmel. »Ich habe für diese Methoden nicht allzu viel übrig. Die Erdriesen, wisst Ihr. Doch die Streitmacht
des Grauen dürfte die anderen Statthalter und Adligen dazu bewegen, sich mir anzuschließen.«
»Seine Streitmacht ist groß genug, um es notfalls mit einer ganzen Provinz aufzunehmen«, sagte Mirwell. »Und hat er Euch seine Kräfte angeboten?«
»Nicht ganz. Ich fürchte, er könnte uns verraten und sie meinem Bruder zuerst anbieten.«
»Es wäre für den Grauen ein Leichtes, das zu tun, und zwar in seinem eigenen Interesse.«
»Genau.«
»Sorgen wir uns nicht«, sagte Mirwell. »Es würde ihm Mühe bereiten, Euren Bruder davon zu überzeugen, dass der D’Yer-Wall fallen muss. Zacharias hat zu viele Skrupel.«
»Und ich nicht?« Nicht einmal die Spur eines Lächelns umspielte Amiltons Lippen.
Mirwell war so klug, auf eine Entgegnung zu verzichten. Er gewöhnte sich allmählich an Amiltons kleine Tiraden.
»Mein Vater nahm mir das, was mir durch Erbfolge rechtmäßig zusteht, und gab es meinem Bruder. Könnt Ihr Euch die Demütigung vorstellen, die mir widerfuhr, als er zum Erben ernannt wurde? Ich wollte ihn gleich dort im Thronsaal umbringen; direkt vor den Augen meines Vaters und seiner Ratsherren und dieser grinsenden Lordstatthalter und Clanoberhäupter. In den Augen meines Vaters war er immer der Bessere. Bei seinen Studien war er stets erfolgreicher als ich, er übertraf mich bei der Jagd und beim Reiten. Er erweckte die alte Terrierzucht der Hillander wieder zum Leben, und das ganze Land beneidet ihn um seinen Zwinger.«
»Das klingt sehr beeindruckend«, sagte Mirwell. »Aber man kann einen Mann nicht nach seinen Hundezwingern beurteilen. «
Jetzt lächelte Amilton, doch nicht lange. »Mit etwas mehr Verstand hätte ich dafür gesorgt, dass mein Vater stirbt, bevor er Gelegenheit erhielt, einen Erben zu ernennen. Dann wäre ich jetzt König, und das Leben meines Bruders läge in meiner Hand, statt dass er Macht über mich ausübt. Dann würden wir ja sehen, wer hier der Verbannte ist!«
Mirwell warf einen Blick auf sein Intrige-Brett. Wenig hatte sich darauf geändert, seit Immerez zuletzt Meldung erstattet hatte. Er nahm den roten König, dessen Emaille schon ganz abgeblättert und zerkratzt war, und drehte ihn zwischen den Fingern.
»Späte Einsicht, mein Prinz, ändert nichts an der Zukunft. Es bringt nichts, darin zu schwelgen. Eurem Bruder mangelt es an gewissen Vorzügen, die Euch gegeben sind.«
»Zum Beispiel?«
»Ehrgeiz. Ihr und ich, wir teilen diesen speziellen Vorzug, und für jemanden, der so viele Skrupel wie Euer Bruder hat, bedeutet er stets den Untergang. Wir werden Sacoridien groß machen, Ihr und ich.« Er setzte den roten König an den Rand des grünen Königreichs.
Ehrgeiz war eine gesunde Einstellung für einen Mann, dessen letzte Jahre angebrochen waren. Er hielt seine Gedanken frisch und bereitete seinen Clan auf die kommenden Zeitalter vor. Wenn Amilton erst den Thron bestiegen hatte, würden die Provinzen Adolind und L’Petrie – die ärmste und die reichste Provinz in Sacoridien – seiner eigenen einverleibt werden. Adolind, weil es im Norden an seine Provinz grenzte und Millionen Morgen unberührtes
Weitere Kostenlose Bücher