Der magische Reiter reiter1
sehr intelligent sein, wenn er es in so kurzer Zeit zu so viel Reichtum brachte.« Hörte er da Bewunderung in Beryls Stimme? »Hier ist noch etwas Interessantes. Vor etwa fünfunddreißig Jahren diente er auf dem Kauffahrteischiff Goldjäger, das in Friedenszeiten fragliche Methoden anwandte, um Handelsgüter zu erlangen.«
»Erklärt mir das.«
»Die Mannschaft betrieb Freibeuterei, mein Lord. Vorwiegend in den Unteren Königreichen. Sie richtete großen Schaden im Zucker- und Tabakhandel an.«
Mirwell hob die Brauen. »Das ist ja hochinteressant. Irgendeine Idee, welche Funktion er auf dem Schiff hatte?«
»Nein, mein Lord.«
»Was ist aus dem Schiff geworden?«
»Es wurde verkauft, als SMV Avrens Stolz neu zugelassen und zu einer Art Küstenfrachter, der Granit und Holz beförderte. Vor fünfzehn Jahren ging es irgendwo vor der Ullem-Bucht verloren.«
»Es hat nicht den Anschein, als ob von diesem G’ladheon eine unmittelbare Bedrohung ausginge.« Mirwell nippte an seinem Wein. Er war gerade trocken genug und wies noch ein ausreichendes Maß an Würze auf. Mit den erstklassigen Jahrgängen, die im Seengebiet von Rhovani angebaut wurden, konnte er zwar nicht konkurrieren, doch in der Not fraß der Teufel Fliegen. Es gelang den Weinhändlern einfach nicht, in Sacoridiens sandigen Böden Trauben zu züchten, so dass die Haupterzeugnisse Cidre und Obstweine waren. Natürlich nur, solange sie sich Rhovani nicht einverleibt hatten.
»Gute Arbeit, Spence. Haltet die Informationen zur Verfügung – für den Fall, dass er sich in einen streitbaren Vater verwandelt. Sollte er uns Ärger machen, bin ich sicher, dass aus-Corien, unser guter Freund aus den Unteren Königreichen, gern von ihm hören würde. Vielleicht können wir auch selbst Gebrauch von dieser Information machen.«
»Ja, mein Lord. Sonst noch etwas?«
Mirwell fuhr sich mit der verschwitzten Handfläche über den Schenkel. Ihm fielen unzählige Dinge ein, die sie noch für ihn hätte tun können. Als er sich diese im Einzelnen vorstellte,
verspürte er ein leichtes Kribbeln im Lendenbereich. Sollte er ihr sein Verlangen gestehen? Würde das ihrer Loyalität und Tüchtigkeit nicht ein Ende machen? Oder würde es sie noch fester an ihn binden?
Du geiler alter Bock, beschimpfte er sich selbst, allerdings durchaus erfreut über die Reaktion seiner Libido. Doch sie war ihm als seine Adjutantin zu wichtig, und er fürchtete, ihre Ergebenheit zu verlieren. Sollte sie doch den ersten Schritt tun …
Das würde sie nie. Er war ein mürrischer alter Mann, und ihr ging es vor allem darum, sich durch harte Arbeit einen Platz in der Hierarchie seines Hofes zu erkämpfen. Während ihrer Zeit im Berufsheer von Sacoridien war sie schnell aufgestiegen und hatte dann alles aufgegeben, um ihrem Statthalter und ihrer Heimatprovinz zu dienen. Und nun arbeitete sie sich in seiner eigenen Provinzmiliz nach oben. Ehrgeiz war ein Charakterzug, den Mirwell bewunderte, und ehrlicher Ehrgeiz war selten genug.
Ach, was soll’s. Wenigstens kann ich mich an meinen schmutzigen Gedanken erfreuen.
»Mein Lord?«
»Äh?«
»Sonst noch etwas?«
So lüstern, wie er sie jetzt anblickte, musste sie ihn für einen übergeschnappten alten Narren halten. »Schickt Amilton herein«, sagte er, und ergänzte dann: » Prinz Amilton.«
»Sehr wohl, mein Lord.«
Mirwell sah ihr voller Sehnsucht und Bedauern nach und bemerkte, dass jede ihrer Bewegungen voller Anmut war und dabei die Ruhe eines Rehs in den Wäldern ausströmte: wachsam, doch sorglos und nicht zu übermäßiger Hast neigend.
Sie erinnerte ihn an die Waffen, aber deren Bewegungen waren stets exakt und entbehrten der Schönheit.
Ach, wenn er doch etwas jünger wäre … Aber jetzt musste er seine kindischen Fantasien beiseiteschieben und mit seinem großen Werk fortfahren. Der Ruhm seines Clans war wichtiger als alles andere, und Amilton hatte darauf bestanden, ihn heute noch zu sehen. Mirwell hatte ihn den ganzen Morgen warten lassen und den größten Teil des Nachmittags dazu. Inzwischen würde der Prinz so wütend sein, dass er Gift und Galle spuckte.
»Es gibt Möglichkeiten«, sagte der Statthalter zu dem Bärenkopf, der an der gegenüberliegenden Wand hing, »dem anderen zu zeigen, dass man die Situation voll im Griff hat. Auf subtile Weise, weißt du?«
Einst hatte die Bärin auf nicht sehr subtile Weise ihn im Griff gehabt. Sie war es gewesen, die seine rechte Seite verkrüppelt hatte. Er war auf der Jagd
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