Der magische Turm
drinnen vorging. Doch näher als auf Rufweite ließ ihn sein Dämon nicht heran, weil er die Magie des Lichtboten nicht ertrug.
Dass sie nur drei Gefangene gemacht hatten, beunruhigte Drundyr zutiefst, wenn auch seinem bleichen Gesicht nichts anzumerken war. Viel hing für ihn davon ab, dass dieses Unternehmen erfolgreich war. Er hatte die Fäuste in den schwarzen, weiten Priestermantel vergraben. Der spitze Knochenhelm ließ ihn selbst wie einen Dämon erscheinen.
Seine Begleiterin, Nyala, die Herzogstochter von Elvinon, saß müde und ergeben auf den Felsen hinter ihm. Ihre Gedanken spielten mit dem gleichen Objekt wie die Drundyrs: Mythor.
Er war nicht unter den Gefangenen. Nur der Messerwerfer, der pelzige Barbar und die Frau. Aber sie waren unwichtig. Auch Coerl O'Marn wusste es. Sicher waren O'Marn und die Caer dabei, den Turm nach ihm zu durchsuchen. Sein Blick glitt an der glatten Wand hoch, die nur von winzigen Öffnungen unterbrochen war und in der Wolke verschwand, die dem Bauwerk ihren Namen gab: Wolkenhort.
Er war gewaltig, und es würde eine Weile dauern, bis O'Marn mit seinen Männern Erfolg hatte. Drundyr zwang sich zur Geduld. Sie hatten wohl keine Eile, nun da Mythor in der Falle saß, aber das Warten zerrte an den Nerven.
Wenig später brachte einer der Caer die Nachricht, dass O'Marn beschlossen hatte, nichts zu unternehmen, sondern darauf zu warten, dass Mythor aus den oberen Stockwerken zurückkehrte, was früher oder später geschehen musste .
Drundyr schäumte vor Grimm, obwohl er wusste, dass der Ritter überlegt handelte, denn Mythor war hierhergekommen, um sich etwas aus dem Turm zu holen. Er würde die Beute mitbringen, wenn er zurückkehrte.
Aber seine Ungeduld und die Impertinenz O'Marns, der seine Entscheidungen so selbstherrlich traf, setzten ihm zu. Dazu die Erregung, in der sich sein Dämon befand, selbst in dieser Entfernung vom Turm.
Der Bote machte, dass er wegkam.
»Du bist mit diesem Mythor lange genug zusammengewesen«, sagte der Caer-Priester zu Nyala. »Von welchen Kräften ist er besessen, dass er uns Widerstand zu leisten wagt?«
»Das kann ich dir sagen, Drundyr, mein Herr. Er hat an sich zu glauben begonnen.«
»Was meinst du damit?«
»Nur, dass er einen Traum hat und alles daransetzt, um ihn zu verwirklichen«, erklärte sie müde.
»Einen Traum? Welchen Traum? Jagt er nur Träumen nach? Ist das alles?«
Ein Heulen klang vom Turm her, und Drundyrs Züge verzerrten sich. Er setzte alle Kraft daran, den Dämon zu beschwichtigen, der sich benahm, als habe er selbst den Turm betreten.
»Nyala«, keuchte Drundyr. Er stieß einen Schrei aus und krümmte sich. »Der Turm«, würgte er kaum verständlich hervor. »Etwas geschieht, was.« Der Rest verlor sich in Stöhnen und Keuchen. Das Heulen hörte nach einer Weile auf, aber Drundyrs Qualen dauerten an. Er taumelte, fiel, kroch aus der Nähe des Turmes.
Nyala folgte ihm, die kleinen Fäuste an den Mund gepresst vor Furcht und einem anderen Gefühl, das Abscheu sein mochte und das sie rasch niederrang. Ihre Zähne gruben sich in ihre Knöchel, bis sie bluteten.
Nach einer Weile, als Drundyr die Kräfte verließen, half sie ihm auf die Beine, schlang seinen Arm um ihre Mitte und zerrte den Wimmernden mit sich, bis der Turm hinter einem Hügel verschwunden war.
Langsam kam Drundyr zu Kräften. Mit jedem Schritt wurde er freier, und nach einer Weile waren der alte Grimm und das alte Feuer wieder in seinen Augen. Er schüttelte Nyalas Hände wütend ab.
Sie sank erschöpft ins Gras. »Was ist geschehen, Drundyr?«
»Ich will im Schatten frieren, wenn ich es weiß«, antwortete der Priester heftig. »Irgend etwas geht in diesem Turm vor. Ein Lichtzauber, der meinem dunklen Herrn gar nicht angenehm ist. Aber Macht hat ihren Preis. Hier scheint es vorerst gefahrlos zu sein. Wir wollen abwarten und sehen, ob unser Haudegen O'Marn damit fertig wird. Bangst du nicht um ihn, Nyala?«
»Warum?«
»Eines Tages wird ihn seine Respektlosigkeit den Kopf kosten. Berührt dich der Gedanke?«
Nyala von Elvinon gab keine Antwort. Aber ihre Gedanken beschäftigten sich mit Ritter Coerl O'Marn.
*
Als Mythor die metallenen Treppen hinaufstieg in das dritte Stockwerk, glaubte er, durch einen Dschungel zu schreiten, einen Dschungel, wie er ihn noch nie gesehen hatte. Er wusste jedoch, dass es solche Dschungel weit im Süden gab und dass sie nichts gemeinsam hatten mit diesen nördlichen Wäldern. Dschungel, das waren Wälder,
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