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Der magische Turm

Der magische Turm

Titel: Der magische Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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Weltretter?« fragte Merwallon. »Man könnte denken, er weile noch unter den Lebenden, so unfrei ist er von Gefühlen.«
    »Und ihr seid frei?« rief Mythor in die Leere des Raumes.
    »Frei vielleicht nicht«, erwiderte Merwallon. »Aber frei von allen lästigen Begleiterscheinungen des menschlichen Daseins.«
    »Welche sind das?«
    »Müdigkeit, Krankheit, Schlaf, Tod.«
    »Tod? Ihr denkt, dass ihr ewig in diesem Turm existiert?«
    »Wenn er aufhört zu bestehen, werden wir ihn sicher verlassen. Auch einer der Gründe, warum du deine Chance erhalten hast, Weltretter. Aber lass mich weiter aufzählen: Schmerz, Gefühle aller Art.«
    »Gefühle nennt ihr lästige Begleiterscheinungen des Lebens?« entfuhr es Mythor. »Gefühle sind, was das Leben erst.«
    ». erträglich macht?« unterbrach ihn die Stimme. »Lass dir sagen, was wir schon seit undenklich langer Zeit wissen: Erinnerungen genügen. Sie sind gut zu betrachten. Ihnen fehlen die Unmittelbarkeit und die Unreinheit der Wirklichkeit.«
    Mythor schüttelte den Kopf. »Ihr dauert mich. Ihr seid tot, und es gibt nichts, was für euch noch.«
    »Was meinst du mit tot, Weltretter?«
    »Kein Lebender würde so über das Leben reden.«
    »Ein Toter könnte erst recht nicht reden.«
    Mythor gab keine Antwort. Aber auch Merwallon und die anderen Stimmen schwiegen.
    Nur ein flüsterndes Lachen war im Raum. Es mochte Cheeks Stimme sein.
    Mythor schüttelte sich. Sein Blick fiel auf den Xandor. Er beugte sich überrascht über den Toten, der sich verändert hatte. Das Haar war aus dem Gesicht verschwunden. Es war das Gesicht eines verhältnismäßig jungen Mannes, umrahmt von braunem, schulterlangem Haar. Es war entspannt und friedlich, ohne den geringsten Schatten des Bösen, als habe der Tod ihn von allen Schrecknissen seines Lebens befreit. Es machte ihm bewusst, dass es Bedingungen gab, unter denen der Tod dem Leben vorzuziehen war.
    Sein Blick wanderte zu Fardus' Zwillingskörper. Er hielt den Atem an. Die Rüstung war leer. Lurdur war verschwunden. Der Gedanke, dass Fardus und Lurdur nun wie Merwallon und die anderen unsichtbar durch den Turm geistern mochten, ließ ihn hochfahren. Mit Toten zusammen zu sein war beunruhigend genug. Einen Dämon um sich zu wissen trieb ihm den Schweiß auf die Stirn.
    Alles war trügerisch und unwirklich in diesem Turm. Es mochte ebenso gut ein Alptraum gewesen sein. Wie die unsichtbaren Stimmen, wenn sie auf sein Rufen nicht mehr antworteten. Hatte es sie wirklich gegeben? War es schon soweit, dass er etwas fürchtete, was es vielleicht gar nicht gab?
    Quyl mochte wissen, was er in dem dämmrigen Licht wirklich gesehen hatte!
    Die Rüstung veränderte sich vor seinen Augen. Der Teil, in dem sich Lurdur befunden hatte, löste sich auf in schimmernden Staub, der seinen Glanz rasch verlor und nicht mehr vom übrigen Staub des Raumes zu unterscheiden war.
    Vor ihm lag Fardus' Leiche in einer tainnianischen Rüstung, die ihren Glanz verlor. Rost fraß sich mit der Geschwindigkeit emsiger Ameisen über das Eisen. Innerhalb weniger Augenblicke sah sie aus, als liege sie ein Jahrtausend hier. Und Fardus' Gesicht war ein verfallener Totenschädel, dessen grinsende Kiefer Mythors Grauen zu verspotten schienen.
    Selbst die Luft war mit einemmal stickig wie in einer Gruft. Etwas, ein Zauber in diesem Turm, löschte die Wirklichkeit aus, die er eben erlebt hatte.
    Und seine Erinnerungen? Waren sie wirklich oder nur Einbildung?
    Verzweiflung griff nach ihm. Es wurde ihm plötzlich bewusst, dass er so viele Dinge nicht wusste, die er wissen sollte. Seine Herkunft zum Beispiel.
    Er wich langsam zurück zur Treppe.
    Dann war es kein phantastischer Alptraum, dass Cheek, ein Dieb und Mörder, ein Geist ohne Körper, eine unsichtbare Stimme, einen Teil seiner Erinnerungen besaß?
    Er war schon manchem Zauber begegnet. Aber nun, hier in diesem magischen Turm, der erfüllt war von den Zauberkräften des Lichtboten, wurde ihm immer erschreckender bewusst, welch verheerende Kraft die Magie war. Wie sehr sie dem Verstand allen Halt raubte, bis er sich so ohne Boden und verloren fühlte wie Mythor in diesem Augenblick. Aber gleich, ob es ein Fiebertraum war oder Wirklichkeit, es gab ein Ziel, an das er sich klammerte, oben in der Spitze des verfluchten Turmes: den Helm der Gerechten.
    *
    Drundyr, der Caer-Priester, beobachtete den Turm mit glühendem Blick. Er hätte viel darum gegeben, hätte er ihn betreten können, um mit eigenen Augen zu sehen, was

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