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Der magische Turm

Der magische Turm

Titel: Der magische Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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mich angestrengt, mein Lieber. Aber Nyala, die Herzogstochter, hat wohl keinen bleibenden Eindruck in deinem Herzen hinterlassen.«
    Er riss seine Augen los von ihrem Körper, den das rote Gewand in so verführerischer Weise verbarg und zugleich enthüllte, von der weißen Haut ihrer Schenkel und ihrer Schultern, von der Bewegung ihrer Brüste unter dem roten Gespinst.
    »Du bist nicht Nyala«, stellte er nach einem Augenblick fest. Er atmete auf, weil er seine Besinnung wiedergefunden hatte.
    »Nein«, bestätigte sie. »Aber ich kann sie sein, wenn ich will. Besser als sie selbst.«
    »Wer bist du?«
    »Jede Frau, die du dir wünschst, Mythor.«
    »Eine Hexe.«
    »Wenn du es galanter meinst, als du es sagst?«
    »Ich komme in Versuchung«, stellte er fest und entspannte sich ein wenig.
    »Gut.« Sie deutete erneut auf ihr Lager.
    Mythor zögerte, sich zu setzen. Er war sich noch immer nicht im klaren darüber, wo die Gefahr lag. Im dunklen Hintergrund des Raumes sah er von schweren Vorhängen verhängt den Treppenaufgang in das nächste Stockwerk. Es sah so einfach aus. Aber dass er sich nicht vorzustellen vermochte, was geschehen würde, wenn er einfach an dem Lager der Hexe vorbeiging und die Treppe hochstieg, beunruhigte ihn.
    Sie trug nur eine Maske, und sie beherrschte die Kunst des Maskierens vollkommen. Was lag darunter?
    Die Frau hatte seinen Blick zur Treppe bemerkt. »Ohne meine Hilfe würdest du sie niemals erreichen. Willst du sehen, weshalb?«
    Er nickte.
    Sie hob die Hand und bewegte ihre Finger in seltsamem Rhythmus, wobei sie den Schleiervorhang des Bettes zur Seite schob.
    Der Boden tat sich auf. Ein tiefes Loch entstand, das von Wand zu Wand reichte, zu weit, um es mit einem Sprung zu überbrücken.
    »Sieh es dir gut an«, hörte er ihre Stimme und fühlte ihre Hand, als sie ihn näher schob.
    Dann stand er am Rand und starrte in die Tiefe. Wenn es einen Grund dieses Schlundes gab, dann musste er tief im Inneren der Erde liegen, im feurigen Mittelpunkt selbst, denn ein Flackern von einem gewaltigen Feuer gab den schwarzen Wänden ein unruhiges Schimmern. Dunkle Rauchschwaden wogten hoch, wurden zu verzerrten Fratzen mit hungrigen Mündern, zu Armen mit Klauen, die nach ihm griffen.
    Mythor sprang zurück, doch nicht schnell genug.
    Eine der rauchigen Klauen schlug in seinen Stiefel und riss ihn fast von den Beinen. Er schrie unwillkürlich auf und stolperte. Die zweite der Schwaden schlang sich um seine Füße. Ein Schädel wogte über den Rand, öffnete einen Rachen und schlug mit den rauchigen Zähnen nach ihm. Es sah so unwirklich aus, dass Mythor fast zu spät reagierte. Die Kiefer schnappten mit einem hörbaren Klicken aufeinander, als sie Mythors Bein verfehlten. Mythor fiel mit einem erneuten Aufschrei, als er seine Füße nicht aus dem Griff der schwadigen Arme reißen konnte. Er wand sich herum, um Alton freizubekommen, und hackte durch die nebelhafte Gestalt, die sich stumm auflöste.
    Hastig rollte er zurück und sprang auf die Beine. Es währte einen Augenblick, bis seine aufgewühlten Nerven zur Ruhe kamen. In sicherer Entfernung beobachtete er schaudernd, wie sich die ganze Öffnung mit schattenhaften Schwadengestalten füllte, die wogten und verschwammen und neu entstanden, vage menschlich, entfernt tierisch und von xandorischer Hässlichkeit .
    Sein Blick fiel auf die Frau, die mit einem spöttischen Lächeln sein Schaudern beobachtete.
    »Was sind sie?« fragte er heftig atmend.
    Sie hob die Schultern. »Ist es wichtig, von allen Dingen immer zu wissen, was sie sind? Wie viel Zeit wird damit vergeudet, den Dingen auf den Grund zu gehen, statt sich ihrer zu erfreuen!«
    »Erfreuen?« entfuhr es ihm.
    »Sind sie nicht ein faszinierender Anblick?«
    »Aus sicherer Entfernung vielleicht«, stimmte Mythor zögernd zu.
    »Ich denke, dass sie aus einem Traum stammen«, erklärte sie und fügte entschuldigend hinzu: »Ich hatte Zeit genug zu vergeuden. So viele Jahre. Es gab nicht viel mehr, was ich tun konnte, als zu denken und zu grübeln.«
    »Aus einem Traum?« unterbrach er sie. »Wessen Traum? Deiner?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, solche Träume habe ich nicht. Meine waren.« Sie brach mit einem Blick ab, der ihm das Blut ins Gesicht trieb. Langsam fuhr sie fort: »Ich glaube, dass sie aus dem Traum des Herrn dieses Turmes stammen.«
    »Althar?«
    »Ja, Althar.«
    »Dann muss es sein Alptraum sein.« Mythor schüttelte sich. »Du hast von Hilfe gesprochen. Kannst du mir

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