Der magische Wald
auf die Jagd gehen. Große Wolfsrudel folgten ihnen, und die Brüder mußten nachts Wache stehen, um sie zu vertreiben. Erschöpfung machte sich breit, und die ständig erforderliche Aufmerksamkeit setzte ihrer Moral zu. Sie waren jetzt tief im Wolfswald und erblickten merkwürdige Tiere, die sie nie zuvor gesehen hatten. Die Trolle beschatteten sie, und Kobolde spähten von den Bäumen auf sie herab. Die Leute, die sich der Expedition angeschlossen hatten, begannen gegen die Brüder zu murren, sagten, daß sie in einer sinnlosen Mission unterwegs wären und im Wald nichts als den Tod finden würden. Einige wollten umkehren, aber Bischof und der Anführer der Ritter ließen ihre Argumente nicht gelten. In dieser Nacht verließen viele das Lager, nachdem sie zwei der Brüder und einige der Ritter dazu angestiftet hatten, sie zu begleiten. Sie verschwanden im Wald, in der Absicht, den gleichen Weg zurück zu gehen und wieder in die Wälder der Menschen zu gelangen. Keiner von ihnen erreichte sein Ziel. Die Wochen vergingen, und jeden Morgen versammelten sich weniger Expeditionsteilnehmer zur Morgenandacht. Als sie kaum noch hundert zählten, entschied Bischof, daß sie am besten umkehrten, und seine Entscheidung wurde mit Freude aufgenommen. In dieser Nacht aber senkte sich dichter Nebel auf sie nieder. Einige Männer wurden von Panik ergriffen und rannten in den Wald. Andere wurden von den Rittern getötet, als sie versuchten, die Vorräte zu plündern. Die Brüder selbst wurden von Todesangst erfaßt, und durch ihre Angst wich ihre Macht von ihnen. Bestien drangen auf das Lagergelände vor, und die Männer irrten hilflos durch den Nebel und wurden einzeln von ihnen überwältigt. Nur ein paar der jüngeren Brüder verloren ihren Glauben nicht, und um sie herum sammelten sich die Tapfersten der Ritter und der sonstigen Begleiter. Am Morgen lebten kaum noch zwanzig von ihnen, der Bischof selbst war verschwunden. Das Lager war voller Blutspuren, vernichteter Vorräte und toter Tiere, doch sie fanden keine einzige menschliche Leiche. Es ist unklar, was danach geschah. DerGlaube der Überlebenden war stark, und sie stritten nicht untereinander. Die Wyrims überließen sie den Grymyrchs, aber ich habe gerüchteweise gehört, daß dieser kleine Trupp zusammenblieb und weiter nach Süden zog. Sie suchten das Ende des Waldes, um wieder einmal offenen Himmel über sich zu sehen. Einige aus meinem Volk glauben, daß sie entkommen sind, daß die Kobolde in den Tiefen des Waldes ihre Spur verloren, sie schließlich den Weg zu den Bergen am Ende der Welt gefunden haben. Aber das ist reine Spekulation. Eines ist jedoch sicher: niemand kam jemals wieder in diese Wälder. Höchstwahrscheinlich ruhen ihre Knochen in einem der namenloser Täler, in denen selbst die Kobolde sich nicht wohl fühlen, oder der Schwarze Reiter hat sie erwischt. Das gleiche Schicksal erlitt die zweite Expedition, die, die von den drei Brüdern angeführt wurde. Der Wolfswald hat sie alle verschlungen.« »Du redest, als seist du dabei gewesen«, sagte Michael und sah Mirkady forschend ins Gesicht. Der Wyrim lachte: ein sprödes, gefährliches Lachen. »Wyrims halfen den Kobolden, den Wölfen, den Werwölfen. Schließlich sind wir letztendlich Kinder des gleichen Vaters.« Sie schwiegen. Dwarmo kam zum Feuer und bediente sich aus dem großen ledernen Weinschlauch, den Ringbones Leute ihnen überlassen hatten. Er nahm große Schlucke und schmatzte mit seinen dicken Lippen. Ein wonniger Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. »Du weißt nun, wohin du gehen willst, Weitgereister. Wohin du unsere Schwester mitnehmen willst«, sagte Mirkady mit weicher Stimme. »Sie beobachten uns«, fügte Dwarmo hinzu. »Sie fürchten die Wyr-Flammen, sonst wären sie schon vor Stunden über uns hergefallen.«
Michael sprang auf, und der Schmerz in seinem Schenkel ließ ihn aufstöhnen. Er zog sein Schwert, aber als er sich umsah, konnte er nur die undurchdringliche Mauer der Bäume erkennen. Eine Eule rief, und irgendwo ertönte der heisere Ruf eines Fasans. Wären die Bäume nicht so hoch gewesen, hätte es auch der Wald bei ihm zu Hause sein können. Sie waren hier riesig, ihre Stämme waren dicker, als er groß war. Er steckte das Schwert wieder in die Scheide und rieb gedankenverloren Fancys Nase. Die Pferde waren in der Nähe des Feuers fest angepflockt, und wenn man den Wahnsinn der vergangenen Nacht bedachte, waren sie erstaunlich ruhig. »Ich werde trotzdem gehen, und
Weitere Kostenlose Bücher