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Der magische Wald

Titel: Der magische Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kaerney
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regelmäßig erhitzt und abgekühlt werden, um das sehr kohlenstoffhaltige Eisen zu härten. Für einen Augenblick dachte er an den pausbäckigen Priester, der es einmal in einer Waldschmiede behandelt hatte. Dann schüttelte er den Kopf. Am besten gar nicht daran denken. Der Druck seiner Blase war fast schmerzhaft. Er hatte das Wasser den ganzen Tag für diesen Moment zurückgehalten. Als die ganze Klinge dunkelrot glühte, riß er sie aus den Flammen. Funken stoben auf, und er fluchte, weil auch der Griff heiß geworden war. Er warf die Waffe neben sich und sprang auf. Schmerz toste durch sein Bein. Er fingerte an seiner Hose herum und ließ dann vor Erleichterung stöhnend Wasser. Ein beachtlicher Strahl ergoß sich endlos lange und explodierte auf dem rotglühenden Metall, verwandelte sich in ammoniakhaltige Dampfwolken. Er hustete und schnaubte. Dann hielt er den Strahl für einen Moment zurück -was keine leichte Sache war -, drehte das Schwert mit dem Fuß auf die andere Seite und bespritzte auch sie. Nächstes Mal würde er Lehm benutzen, nahm er sich vor.

    Michael ging nicht hinunter zur Flußsenke. Jetzt war nicht die richtige Zeit, dachte er vage, und dieses Wissen war ihm gleichzeitig erstaunlich und vertraut. Sein eigenes Wissen, aber aus einer anderen Zeit. Das Wissen eines Erwachsenen, und damit ein Wissen, das man nicht in Frage stellte. Er akzeptierte es widerspruchslos und folgte seinen Füßen in eine andere Richtung. Am Nachmittag machten er und Rose sich mit Sandwiches, Netzen und Marmeladengläsern zur Brücke auf: ihre Fischfangausrüstung. Sie setzten sich in die Nähe der alten, in den Ufersand eingesunkenen Fundamentsteine, und die Sonne spiegelte sich auf dem Wasser wie eine weiße Flamme und ließ die Wellen schimmern wie die Flügel einer Libelle. Der Fluß plätscherte an dieser Stelle schläfrig vor sich hin, das tiefe Wasser floß langsam wie Sirup. Der Fluß wirkte ruhig und bedächtig. Michael spähte an dem klaren Spiegelbild seines pummeligen Gesichtes vorbei und erblickte Algen, die in der Strömung schwankten wie die Bäume eines fernen Waldes im Sturm, und Frischwasserkrebse, die auf dem Grund kleine Schlammfahnen hinter sich herzogen wie Pferde, die staubige Straßen entlanggaloppieren. Vielleicht gab es dort unten kleine Reiche, in denen die Aale Drachen waren und Forellen große Luftschiffe, die darüber hinweg schwebten. Er blickte wieder auf und sah den schwarzen Rachen des Brückenbogens vor sich. In der Nähe des Eingangs glitt reflektiertes Licht schlangengleich über die Decke des Tunnels, aber weiter hinten war nichts als Finsternis. Die Brücke war nicht sehr breit, aber sie hatte eine leichte Krümmung, so daß man das Licht am anderen Ende des Tunnels nicht sehen konnte. Sein Großvater hatte ihm erklärt, daß die Krümmung der Brücke daher rührte, daß sich an dieser Stelle früher eine Wegegabelung befunden hatte. Eine der Straßen war jedoch mit der Zeit verfallen, und es war nichts mehr von ihr geblieben als die langen Spurrillen in den benachbarten Feldern und diese seltsam konstruierte Brücke. Neben ihm ertönte ein Platschen; Rose hatte ihr Netz ins Wasser getaucht. Sie hatte ihren Rock auf die Hüften hochgezogen und kniete am Ufer. Mit der freien Hand schob sie sich Haarsträhnen hinter das Ohr. Ihre Knie waren fast so verschrammt wie Michaels. »Hast das Mistvieh verpaßt!« »Was? Wo?« »Genau vor deinen Augen, du Träumer. Eine Forelle so lang wie deine Hand, aber jetzt ist sie in das tiefe Wasser an der Brücke entwischt. Na, ist auch egal, sie hätte sowieso nicht in das Glas gepaßt ... Bist du hier um zu fischen, oder um dein Spiegelbild anzustarren?« Schnell senkte er sein eigenes Netz ins Wasser und stocherte mit dem Bambusstock herum, an dem es befestigt war. Er wirbelte den Untergrund auf. Die Krebse flüchteten in alle Richtungen, und eine große Schlammwolke umhüllte die Algen. »Paß doch auf! Du wirbelst Dreck auf!« »Tut mir leid.« Sie lauerten eine Zeitlang schweigend auf Beute. Einmal stieß Rose ihn an und zeigte vorsichtig auf den Eisvogel, der auf dem Ast einer Erle saß und sie mit zur Seite geneigtem Kopf betrachtete. Schillernd wie ein blauer Edelstein hob er sich dann in die Lüfte, um ein ruhigeres Plätzchen zu suchen. Rose und Michael grinsten sich an. »So, du Racker, du kleines Miststück, hab' ich dich!« »Was ist es?« Michael reckte den Hals neugierig. »Ein Aal, mindestens einen Fuß lang. Sieh nur, wie er sich

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