Der magische Wald
Fraß mehr. Mußte sorgsamer behandelt werden. War eigentlich nicht das, wonach sie gesucht hatten. Der Preis ging weiter herunter.
Der Eigentümer schüttelte verzweifelt den Kopf. Der Liebling der Familie. Seiner Tochter würde das Herz brechen. Harte Zeiten erforderten harte Maßnahmen. Pat versuchte, den Preis noch einmal weiter herunterzuhandeln, aber jetzt biß er auf Granit. Der Mann ließ nicht mehr mit sich handeln. Er sah Großvater abschätzend an; schließlich spuckte Pat in die Hand und streckte sie aus. Sie schüttelte sich die Hände, jeder in dem Glauben, das bessere Geschäft gemacht zu haben. »Wir haben sie gekauft!« rief Michael. Mullan tätschelte seinen Kopf. »Zwei weiße Strümpfe, Michael, denk daran. Wir mußten sie kaufen. Jetzt steig auf den Wagen.« Sie brauchten für den Rückweg noch länger. Sie ließen Felix langsam vorantrotten, um die Stute zu schonen, die siehintenanden Wagengebundenhatten.
Rotes Licht überzog den Horizont und kündigte den Abend an. Vor ihnen stoben Amseln erschreckt aus den Hecken. Auf der Straße war es ruhig. Pat und Mullan unterhielten sich über Pferdefutter, Heu und Zaumzeug. Ein zünftiges Gespräch über Pferdehaltung. Michael betrachtete den weißgefleckten Kopf der Stute. Sie blickte mit aufgerissenen Augen nach links in den Wald. Sie waren fast zu Hause, und der Wald zog sich hier den kleinen Fluß entlang. Man hörte ihn in der Stille des herannahenden Abends plätschern. Der Wald war hier dicht, reichte etwa eine halbe Meile weit bis zur Brücke. Daneben waren Weiden und Gerstenfelder. Dann bewegte sich etwas im Schatten der Bäume. Rauchgraue Schatten glitten dicht am Boden entlang. Dämon knurrte tiefkehlig. Michael sah genauer hin. Hundeähnliche Umrisse liefen am Waldrand entlang. Waren sie hinter Schafen her? Dann brach unter dem Brechen von Ästen ein großer Hirsch aus dem Wald, das Geweih voller Zweige. Er war erschöpft, keuchte und schwankte, und sein dornenübersätes Fell glänzte schweißnaß. Die Kreaturen, die den Hirsch verfolgten, stießen ein gemeinsames Geheul aus und wechselten den Kurs. Es waren Wölfe. Einer verbiß sich in den Hinterlauf des Tieres und wurde von einem heftigen Tritt weggeschleudert. Der Hirsch drehte sich um und senkte den Kopf. Ein Wolf wurde von einem kräftigen Geweihstoß erfaßt, und Michael sah, daß ihm der Bauch aufgerissen worden war. Einer seiner Kameraden schoß vor und verbiß sich zwischen den Hinterläufen des Hirsches. Er brüllte klagend und wirbelte verzweifelt herum, versuchte, den Wolf mit dem Hinterbein abzustreifen. Wild sauste das Geweih durch die Luft, und Eichenblätter flogen in alle Richtungen ... Und dann war die Szene verschwunden. Sie waren um einen Waldzipfel gefahren, und der Kampf war außer Sicht geraten. Dämon und die braune Stute hatten sich beruhigt. Pat und Mullan sprachen noch immer über Pferde. Michael lehnte sich mit glänzenden Augen zurück. Wölfe. Es gab Wölfe in den Wäldern.
Eines Tages, als sie gerade über eine breite Lichtung ritten, über die ein Waldbrand hinweggegangen war, wurden sie angefallen. Die Wölfe schossen zwischen zerklüfteten Felsen und aus dem Schatten der Bäume hervor. Das unebene Terrain war schwierig für die Pferde, und sie waren noch keine zweihundert Meter weit gekommen, als der Graue schreiend zu Boden ging, und Cat wie eine Puppe zur Seite geschleudert wurde. Michael riß die Zügel zurück und brachte die braune Stute aus vollem Galopp zum Stehen. Mit der freien Hand riß er das schwere Schwert aus der Scheide, die am Sattel befestigt war. Hinter ihm schnappte und knurrte es überall, und er mußte das verängstigte Pferd mit aller Kraft herumreißen, die er mit seiner verletzten Hand aufbringen konnte. Der Graue war schon tot. Wölfe wimmelten über ihm wie Läuse, stemmten ihre Vorderläufe auf seinen Körper und rissen mit heftigen Seitenbewegungen ihrer Köpfe Fleischfetzen heraus. Cat kniete benommen von dem Sturz auf allen vieren. Die Wölfe ignorierten sie noch. Michael trieb seinem Pferd heftig die Absätze in die Flanken, aber der Geruch der Wölfe und des Bluts erschreckten es. Mit angelegten Ohren wich es zurück. Er bearbeitete erst den Kopf, dann die Flanken des Tieres mit der flachen Seite der Schwertklinge. Cat sah sich um, schien langsam ihre Situation zu begreifen. Die Wölfe würden sie jetzt jeden Moment bemerken. Mit einem stillen Fluch zog Michael die Schneide des Schwerts über den Rumpf des Pferdes, und
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