Der magische Wald
es schoß genau in dem Moment vorwärts, als die ersten Wölfe sich mit blutverschmierten Schnauzen von der Leiche des Grauen abwandten. Sie rochen die zusammengekauerte Frau in der Nähe. Das Pferd preschte kraftvoll zwischen die Wölfe und schleuderte sie zur Seite. Michael schwang das Schwert, spürte, wie die Klinge durch Fell und Muskelfleisch drang. Er holte noch einmal aus und zerschmetterte einem Wolf den Schädel, der die Stute am Bauch packen wollte. Cat schwang sich hinter ihm auf das Pferd, undihredünnenArmeschlossensichum seine Taille. Er stieß das Schwert in ein Gesicht, aus dem gelbe Augen funkelten, und schwankte dann im Sattel, als ein schwerer Körper sich in seinen linken Arm verbiß und daran zog. Das Pferd drehte sich panisch im Kreis, und Michael spürte, wie sich die Zähne des Wolfes tief, tief in seinen Unterarm gruben. Wilde Augen starrten ihn über eine blutverklebte Schnauze hinweg an. Er schrie vor Schmerzen und Angst, als das Gewicht des Tieres ihn langsam aus dem Sattel zog. Nur Cats Arme hielten ihn noch, aber jetzt glitt sein rechter Fuß aus dem Steigbügel und rutschte hinauf zum Hals des Pferdes. Ein heftiger Ruck ging durch den Körper der Stute, als sie nach hinten ausschlug, und mit einer unendlich langsam erscheinenden Bewegung hob er das Schwert zu einem Stoß aus kurzer Entfernung, zielte auf eines der funkelnden Augen und rammte die Spitze der Klinge hinein. Sie traf auf die Knochen der Augenhöhle, verklemmte sich kurz und kam wieder frei, als die Kiefer des Wolfes Michaels Arm freigaben, und das Tier lautlos zu Boden fiel. Er trieb die Stute vorwärts, und sie galoppierte los. Sein linker Arm war taub, und er sah, wie das Blut daraus hervor strömte. Wie der gute Wein, den wir hatten, dachte er benommen. Cat rettete das Schwert, als es ihm aus den Fingern glitt, nahm ihm die Zügel aus der Hand und hielt ihn im Sattel, während sie in wilder Flucht vor ihren Verfolgern davonjagten.
Michael wurde von seiner Großmutter in der Badewanne abgeschrubbt, als sie plötzlich ihre Arbeit unterbrach, sich Schaum von der Nase wischte und ihn nachdenklich betrachtete. Er wand sich unbehaglich, weil er daran denken mußte, wie sein Körper ihn damals im Fluß mit Rose betrogen hatte. Es war seitdem nicht mehr geschehen, aber er fragte sich, ob es irgendwelche Spuren hinterlassen hatte. »Du bist jetzt acht Jahre alt, Michael, nicht wahr?« »Fast. Im Dezember.« Sieschüttelteden Kopf.IhreWangen waren rot, und nasse Haarsträhnen klebten auf ihrer Stirn. Michael sah, daß winzige rote Äderchen das Weiß ihrer Augen durchzogen, und die grauen Augäpfel trübe waren. »Zu groß, um noch von jemandem gebadet zu werden.« Michael zuckte mit den Schultern. Gewöhnlich badete Rose ihn, und es endete immer damit, daß sie beide naß waren und lachten, während der Boden des Badezimmers voller Schaum war und die Luft voller Dampf Schwaden. Es war einer der Höhepunkte der Woche. Aber Rose war in ihrem Zimmer, und er dachte, daß sie vielleicht wieder weinte. Er hatte Angst davor, hineinzugehen, aber er konnte nicht anders. Er wußte, daß er bei ihr klopfen würde, wenn er hinauf zum Schlafen ging. Außerdem hatte es sich im Laufe des Tages bewölkt, und mächtige Gewitterwolken standen bedrohlich am Himmel. Sein Großvater hatte prüfend in die Luft geschnuppert und für die Nacht einen Sturm prophezeit. Jetzt stand er kurz bevor, konnte jeden Moment losbrechen. Es war schwül, nach dem Sonnenuntergang hatte sich die Luft kaum abgekühlt. Onkel Sean sorgte sich um die Gerste. Es wäre wieder typisch, hatte er gesagt, wenn ein Sturm kurz vor der Ernte die Hälfte des Getreides vernichten würde. »Michael, du hast Tante Rose sehr lieb, nicht wahr?« Er nickte mit aufgerissenen Augen. Das war ein neues Thema, und er ging sofort in die Defensive, schlang in dem Seifenwasser die Arme um die Knie. Seine Großmutter wischte gedankenverloren mit einem Schwamm über seinen Rücken. »Nun, es könnte sein, daß sie für eine Weile von hier fortgehen wird, Michael, und ich möchte nicht, daß du dir Sorgen um sie machst.« »Warum? Wo geht sie hin?« »Das spielt keine Rolle. Zerbrich dir nicht den Kopf darüber. Sie wird für eine ganze Weile fort sein, aber sie wird zurückkommen.« »Wann? Wie lange wird sie wegbleiben?« Er sprach mit zitternder Stimme, und ein Schluchzen stieg in seinem Hals hoch. Seine Großmutter zögerte. »Sie wird vielleicht ein Jahr lang fort sein, Michael, aber du
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