Der magische Wald
Fay, Ballinasloe 1899«. »Du bist noch jung«, hatte Pat zu Michael gesagt. »Aber vernünftig genug. Da es deinen Namen trägt, den Namen meines Vaters, ist es nur recht und billig, daß du es bekommst. Aber wenn ich dich dabei erwische, daß du es in der Nähe des Hauses oder bei den Tieren auf der Weide abfeuerst, nehme ich es dir wieder ab. Hast du mich verstanden, Michael?« Und Michael hatte mit glänzenden Augen genickt. Jetzt brauchte er keine Angst mehr vor den Wölfen zu haben. Mit diesem Ding in der Hand konnte er sie in Fetzen schießen. Er baute sich südlich der Brücke auf dem Westufer des Flusses eine Hütte. Dies schien ihm der Ort zu sein, wo die merkwürdigsten Dinge geschahen, wo die Spuren am dichtesten waren. Es war ein provisorischer Unterschlupf aus drei Wänden, mit einem dichten Dach aus Farnkraut. Michael begrub den Werwolfschädel an der Eingangsseite und baute darüber mit Steinen aus dem Fluß eine Feuerstelle. Er hoffte, das Feuer würde dafür sorgen, daß der Schädel dort blieb. Manchmal sah er ihninseinenTräumen -knurrend, skeletthaft, die eingeschrumpften Überreste der Lefzen über die Zähne zurückgeschoben. Er wartete und beobachtete. Es wurde September, die Blätter färbten sich, und der Wind in den Baumwipfeln wurde stärker. Täglich kontrollierte er Mullans Fallen, das Gewehr in der Hand und eine Jagdtasche umgehängt, aber die wilden Kreaturen gingen ihnen aus dem Weg, egal wie oft er sie woanders aufstellte, oder wie gut er sie versteckte. Schließlich brachte er sie wieder mit nach Hause, und der Wald lag wieder sauber und unberührt da. Die Schule stand wie eine düstere Wolke an seinem Horizont. Der Wald war ein unheimlicher Ort, als die Tage kürzer wurden, erfüllt vom Rauschen des Windes und dem Geflüster der Bäume. Einmal hörte er eine singende Stimme, klar wie eine Amsel im Sommer, aber seine Nackenhaare sträubten sich, als er zuhörte. Die Stimme sang ein altes, altes Lied, verwandelte es in einen Grabgesang, eine Totenklage für gestorbene Träume.
Ich lauschte einst dem Liebsten, Er sprach so fein und klar. Ich hatt' so lang gewartet, Bis er dann bei mir war. So oft fehlt mir die Ruhe, Und Sorge mich bewegt. Ich mächt' ihm manchmal sagen, Was tief mein Herz erregt. Und ginge ich zum Liebsten, Dann sagt mein Liebster Nein. Zeig ich ihm meine Kühnheit, Bleib immer ich allein. Vielleicht war es die Todesfee, und es würde bald einen Todesfall in der Familie geben. Aber diesen Todesfall hatte es schon gegeben, sagte er sich. Vielleicht waren es sogar zwei gewesen. Eines wußte er: es war etwas Lebendiges im Wald, ein Bewußtsein. Der Wald erinnerte sich, und er beobachtete. Er spürte jedesmal Blicke in seinem Rücken, wenn er ihn betrat. Es waren keine feindseligen Blicke, aber sie waren wachsam und abschätzend. Es war, als würde er einer Prüfung unterzogen. Aber er konnte sich nicht vorstellen, zu welchem Zweck.
KAPITEL ACHT
An dem Abend, als das Mädchen, das Cat hieß, wieder auftauchte, saß er bei einem hellen, knisternden Feuer vor der Hütte und beschäftigte sich mit der Herstellung von Waffen. In dem Buch, das Rachel ihm aus der Bücherei mitgebracht hatte, waren Abbildungen von fellbekleideten Höhlenmenschen, die Speere und seltsam aussehende Äxte trugen, Steinmesser und Faustkeile. Der Cro-Magnon-Mensch, der größte der vorgeschichtlichen Menschen, die nach Ende der Eiszeit vor sechzigtausend Jahren in den Norden gezogen waren. Michael versuchte, den Splitter eines gewöhnlichen Steines an einer Haselrute zu befestigen, da es in dieser Gegend keinen Feuerstein gab. Seine Finger begannen vor Anstrengung zu schmerzen.
Seine Schnur aus Pflanzenfasern war nicht fest genug. Er grunzte ärgerlich, als sich die Steinklinge wieder einmal lockerte. Und als er wieder aufsah, stand Cat auf der anderen Seite des Feuers und beobachtete ihn. Sein Herz krampfte sich kurz zusammen, und seine Hand fiel auf das Gewehr, das er immer mit hierher brachte. Sie zog lächelnd eine Augenbraue hoch und setzte sich unaufgefordert ihm gegenüber. Trotz des kühlen Herbstwetters trug sie nur ihren weißen Umhang. Sie war menschlich genug, um die Wärme des Feuers zu genießen, stellte er fest. Er legte den Speer aus der Hand und kramte in seiner Tasche. »Hungrig?« Sie nickte. Ein Apfel, ein zerdrücktes Schinkensandwich und der restliche Tee in der Flasche. Sie schlang das Essen herunter und trank den Tee direkt aus der Flasche.
Michael bemerkte, daß ihre
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