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Der magische Wald

Titel: Der magische Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kaerney
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das Feuer herum trockneten ihre Kleider an Ästen, die sie in den Boden gerammt hatten, und sie saßen nackt daneben und genossen die Wärme, während die Stute zufrieden in der Nähe graste. Die Umgebung schien völlig menschenleer zu sein. Es gab Vögel — Michael erkannte den Ruf von Amsel und Drossel —, und ein Hase setzte sich für einen Augenblick auf die Hinterbeine, um sie zu beobachten, aber keine Spur von Menschen. Keine Straßen, kein Rauch, kein Lärm. »Keine Schule«, sagte Michael glücklich. »Keine Algebra, keine Trigonometrie, keine Grammatik.« Cat hob fragend eine Augbraue, aber sie war mit dem Speck beschäftigt, zuckte zusammen, als Fett ihr auf die Arme spritzte. »Ich bin frei«, fuhr Michael fort. »Ich kann tun und lassen, was ich will.« »Dann könntest du mir zum Beispiel helfen«, sagte Cat. »Halt einmal die Pfanne-hier. Es ist fast fertig.«

    Sie frühstückten in der unglaublichen Stille, wischten mit königlicher Geste das Fett mit Brot aus der Pfanne. Ein Distelfink zwitscherte ihnen von einem nahe stehenden Baum aus zu und nahm schließlich seinen Mut zusammen und hüpfte auf der Suche nach Krümeln zwischen ihren Füßen herum. Michaels Lachen verscheuchte ihn. Er stand auf, genoß die Wärme auf seiner Haut, den kobaltblauen Himmelsdom über seinem Kopf und das kühle Gras unter seinen Füßen. Er fühlte sich wie neugeboren, unbesiegbar, und jeder Atemzug war so köstlich wie Wasser aus einer Gebirgsquelle. Cat lachte über ihn, und er warf sich auf sie. Sie rollten kichernd durch das taunasse Gras und liebten sich, als wäre es eine gewohnte Gefühlsaufwallung — schnell und ohne nachzudenken. »Wohin also?« fragte er, als sie schließlich ruhig mit dem Kopf an seiner Brust lag. »Wohin gehen wir jetzt?« »Wohin du willst.« Wohin du willst. Er konnte ein ganzes Leben an diesem Ort verbringen und dann an dem Morgen wieder nach Hause kommen, an dem er aufgebrochen war. Sie hatten alle Zeit der Welt. »Cat,duweißt doch,wowir sind,nicht wahr? Du kennst dich doch hier aus?« »Wir sind in den Hügeln nördlich des Wildwaldes, weit von allem entfernt. Ich kann nicht vorhersehen, wohin sich ein Durchgang öffnet. Die Brücke in deiner Welt ist ein Durchgang, der sich nie verändert, und das gleiche gilt für die Höhlehierauf derSeite,aberdie anderen Durchgänge kommen und verschwinden, erlöschen und erscheinen ohne System und Regelmäßigkeit. Wir müssen uns auf den Zufall verlassen.« »Wie ist es mit dem Rückweg?« fragte Michael. Unwillkürlich spürte er Furcht. »Um am gleichen Ort und zur gleichen Zeit wieder in deine Welt zu gelangen, müssen wir durch die Höhle schwimmen. Dann kommen wir an der Brücke wieder in deine Welt.« Das war wenigstens beruhigend. Michael starrte in den leeren Himmel. Es lag Kälte in der Luft, eine herbstliche Kühle, die nicht einmal das prasselnde Feuer vertreiben konnte. Cat lag warm und leicht auf ihm. Fancy graste in der Nähe, als sei sie zu Hause auf der Weide. Es war ein merkwürdig beruhigender Anblick. Sie verbrachten den ganzen Tag im Schutz der Bäume, trockneten ihre Kleidung und zogen Bilanz, überlegten, wohin sie gehen sollten und was sie unternehmen sollten. Michael hatte das seltsame Gefühl, daß er nicht nur hier war, um sich alles anzusehen. Er war sicher, daß es einen Grund für seine Anwesenheit gab, und er war davon überzeugt, daß dieser Grund sich bald offenbaren würde. »Du mußt die halbe verdammte Speisekammer ausgeräumt haben«, sagte er zu Cat, als der Nachmittag sich dem Abend zuneigte, und er Abendstern hell und klar an den Himmel stieg. Er kramte in dem Sack, den sie im Haus seiner Großeltern gefüllt hatte. Speck und Brot,Äpfel und Marmelade, Käse, Haferkekse und ein zerdrückter Apfelkuchen, der Stolz seiner Großmutter. »Kein Tee«, sagte er. »Was sollen wir trinken?« »Wasser. Was sonst?« »Sicher ... hey, wart mal, Cat. Das ist Diebstahl.« Sie sah ihn mit unschuldigen Augen an und zog ein Paar Kniehosen von Onkel Sean über die Hüften. Eines seiner alten kragenlosen Hemden lag neben ihr. »Ich mußte mal etwas Neues zum Anziehen haben, Michael.« Sie knöpfte die Hosen bis über ihren Nabel zu und band sie mit einer Kordel fest um den Bauch. Ihre Brüste hüpften, als sie sich nach dem Hemd bückte, und sie registrierte mit einem schelmischen Lächeln Michaels unverfrorenen Blick. »Was ist das für ein Benehmen, mein Lieber?« Michael murmelte etwas von Schamlosigkeit, schüttelte

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