Der magische Wald
»Ein Arbeiter, der bei uns beschäftigt war.« Thomas McCandless. Soviel hatte er erraten, als er älter geworden war. Der junge Protestant, den sein Großvater aus dem Haus geworfen hatte.
Der Mann, der im Wald auf Rose gelegen hatte,sie mitseinenStößenindas Laub gepreßt hatte. »Es hat also den Anschein, als hättest du in dieser Welt einen Auftrag zu erledigen, junger Freund. Vielleicht, eine Jungfrau zu retten. Aber was ist mit unserer Schwester?« Michael schluckte, hielt dem Blick aus den grünen Augen aber stand. »Ich liebe sie.« »Tatsächlich! Wie großzügig von dir. Hast du eine Vorstellung davon, wie der Wildwald zu einem wandernden Sterblichen sein kann, lieber Freund? Ich glaube nicht. Nicht einmal die Stämme wissen genau, was alles im Dickicht lauert, welche Schatten sich dort herumtreiben. Alpträume ziehen durch die Bäume dieses Landes, und der Schwarze Reiter wird dich jagen. Er ist dir von deiner Welt in diese gefolgt. Ich glaube, er hat Pläne mit euch beiden. Und sein Roß ist schnell wie der Wind.« »Wir werden es überleben«, sagte Michaelmit mehr Überzeugung, als er verspürte. Er fragte sich, ob er träumte und gleich aufwachen würde, um den Wind um die Giebel heulen zu hören. Es war zu seltsam, sogar nach allem, was er schon gesehen hatte. Es war eine Traumszene. Doch er konnte die Erde der Höhlenwände riechen, den Rauch aus dem Kamin und das Fleisch, das dort briet. Dieses Land war fester Boden unter den Füßen. Dwarmo hatte recht gehabt. »Kannst du uns helfen?« fragte er Mirkady, und der kleine Kobold lachte. »Ich habe mich schon gefragt, wann das kommen würde! Du bittest uns also um eine Gefälligkeit, oder um mehrere, wenn du dich traust. Und du liebst unsere Schwester.« Er schwieg, und Michael bemerkte, daß die anderen in der Höhle still waren, und Cat ihn mit fast schmerzlicher Intensität ansah. Er schämte sich fast ein wenig bei ihrem Anblick. »Wir sind keine Weisen und auch keine Seher, auch wenn einige der Dorfbewohner das von uns denken mögen. Wir können euch keine Zauberkraft auf euren Weg mitgeben, keinen Schutzbann über euch legen. Aber ein paar Sachen können wir euch überlassen, unserer Schwester zuliebe.« Mirkady sprach jetzt mit nüchterner Stimme, die Fröhlichkeit war von ihm gewichen. »Verpflegung, etwas Ausrüstung und sogar die eine oder andere Waffe, damit du nicht dieses eiserne Monstrum benutzen mußt, das am Sattel deines Pferdes befestigt ist. Und Kleidung. Es wird kalt, und solange unsere Schwester an deiner Seite wandelt, ist sie menschlich wie du.«
»Sie ist sowieso menschlich«, sagte Michael. Mirkady schüttelte den Kopf. »Trotz deines vielversprechenden Namens mußt du noch viel lernen, Michael Fay. Catherine ist unsere Prinzessin, und wir schätzen sie sehr. Ich möchte nicht, daß ihr etwas zuleide getan wird.« Seine Stimme hatte einen warnenden Unterton. »Wenn die Leute, denen ihr begegnen werdet, merken, welches Blut in ihren Adern fließt, wird man euch meiden. Vielleicht wird man euch angreifen. Unsereins ist nicht sehr beliebt unter den Christen dieser Welt.« Michael schüttelte den Kopf. »Wer seid ihr? Das Schloß, das ich gesehen habe. Die Halle und die Ritter. Du warst ein König.« Dwarmo kicherte und wischte sich über die dicken Lippen. »Was glaubst du, bekommt ein Sterblicher zu Gesicht, der mit dem Wyr-Volk in einer seiner Höhlen tafelt?« »So ist es«, sagte Mirkady. »Wir können für dich alles sein, was du willst oder was du von uns erwartest. Bei Cat ist es anders, weil ein Teil von ihr menschlich ist. Sie und ihresgleichen sind zwischen den schlimmsten Teilen beider Welten gefangen. Und es ist noch schlimmer, wenn sie mit einem Sterblichen zusammentreffen, in den sie sich ... verlieben. Dann verlieren sie den Schutz, den das Blut des Waldes ihnen verleiht, und der Schwarze Reiter verfolgt sie.« Er schwieg und sah Michael genau an. »Und sie beginnen zu altern.« Abrupt hob er sein scharfgeschnittenes Gesicht und blickte an die wurzeldurchzogene Decke. »In der Welt draußen wird es dunkel. Bald kommt die Nacht. Da du es eilig hast, diese Sache auf dich zu nehmen, werden wir aufbrechen, wenn die Sonne untergeht.« »Wir?« »So ist es. Sprich mit unserer Catherine oder mit deiner Catherine, sollte ich vielleicht besser sagen. Ich habe Dinge zu erledigen.« Und er verschwand im Schatten. Deiner Catherine. Als er sich am Kamin zu ihr setzte, leuchteten gelbe Flammen in ihren Augen, wie in denen
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