Der magische Zirkel - Der Abgrund: Band 4 (German Edition)
Bestellung aufgab und sein Geld zählte.
Cassie stellte sich einen Augenblick lang vor, er sei ein Fremder, den sie gerade zum ersten Mal sah. Sie betrachtete sein markantes Profil, die rotbraunen Locken, die breiten Schultern. Ja, dachte sie. Es wäre wieder Liebe auf den ersten Blick.
Alles war wieder genau so wie am Anfang ihrer Beziehung. Die Tage seit der Konfrontation mit Scarlett am Hafen waren herrlich romantisch und aufregend gewesen wie in ihrer Zeit als Frischverliebte. Wenn er sie küsste, erschauderte sie, und sie spürte, dass er sie ebenso leidenschaftlich liebte wie sie ihn.
Jetzt, da alle die Wahrheit über Scarlett wussten, war Adam wieder ganz der Alte, und Cassie war wieder Cassie, aber glücklicher und selbstbewusster als zuvor.
Adam kehrte an ihren Tisch zurück und stellte einen Becher Eiskaffee mit Schlagsahne und einen riesigen Schoko-Cookie vor sie hin.
» Du hast gesagt, ich soll dich überraschen«, bemerkte er.
» Du willst mich wohl in einen Zuckerrausch versetzen.«
» So hab ich dich am liebsten.« Er tauchte einen Finger in die Sahne, um zu kosten.
Cassie schaute zur Tür, aber das Mädchen, das eintrat, war nicht Scarlett.
Adam lachte. » Sie kommt nur ein paar Minuten zu spät, entspann dich.«
» Ich weiß.« Cassie biss ein Stück von dem Cookie ab, während Adam noch einen Klecks Schlagsahne naschte.
» Soll ich dir vielleicht meinen Eiskaffee überlassen?«, fragte sie neckend.
Adam errötete und schob den Becher näher an Cassie heran. Dann wischte er sich mit einer Serviette den Mund ab und lächelte. » Ich freu mich so für dich«, erklärte er. » Scarlett ist wirklich umwerfend. Eigentlich ist es gar nicht zu übersehen, dass ihr verwandt seid. Ich war noch nie so froh darüber, mich geirrt zu haben.«
» Nun, das kannst du Scarlett gern persönlich sagen, falls sie noch kommt.« Cassie schaute wieder zur Tür und trank dann einen Schluck Eiskaffee. » Langsam mache ich mir echte Sorgen, weil sie noch nicht aufgetaucht ist. Ich ruf sie mal an.«
Aber Scarlett ging nicht an ihr Handy und Cassie wurde noch unruhiger.
» Ich habe kein gutes Gefühl«, bemerkte sie. Sie wusste, wenn sie es so ausdrückte, würde Adam sie ernst nehmen.
» Dann sollten wir zur Pension gehen und schauen, ob sie noch dort ist.«
Genau das hatte Cassie hören wollen. Adam stand auf. Er verschwendete wirklich keine Zeit.
Die Pension, in der Scarlett wohnte, befand sich in einem der schönsten historischen Häuser von New Salem gleich hinter dem alten Marktplatz. Den alten Mann, der sie führte, kannte Cassie vom Sehen, da er häufig mit seinen drei Zwergspitzen in der Stadt spazieren ging. Ein paarmal war sie stehen geblieben, um einen der Hunde zu tätscheln, aber mit dem alten Mann hatte sie kaum etwas gesprochen. Als er ihnen jetzt die Tür öffnete, sprangen die Hunde kläffend um seine Füße.
Cassie stellte sich und Adam vor, während der Mann seine Hunde beruhigte. Dann kam sie ein wenig ins Stottern: » Entschuldigen Sie die Störung, aber meine … Schwester … Scarlett ist hier Gast. Ist sie da?«
Es war das erste Mal, dass Cassie diese Worte aussprach: meine Schwester. Es fühlte sich wunderbar und zugleich so fremd an, als erzähle sie eine Lüge.
Der Mann nickte und rieb sich die silbernen Bartstoppeln an seinem Kinn. » Ja, ja, Scarlett mit dem verrückten Haar«, sagte er.
» Also ist sie hier?« Cassie war erleichtert.
» Nein«, antwortete er. » Seit gestern nicht mehr.«
Adam bemerkte die Panik in Cassies Augen und fragte genauer nach. » Sind Sie ganz sicher? Sie ist gestern nicht nach Hause gekommen?«
» Nein«, sagte der Mann und straffte die Schultern. » Aber das geht euch nun wirklich nichts an. Das Mädchen hat schließlich ein Recht auf seine Privatsphäre.« Sein Blick wanderte zwischen Adam und Cassie hin und her, dann zog er seine weißen Augenbrauen hoch. » Es tut mir leid, aber ich muss euch bitten zu gehen. Ich kann Fremden keine Auskunft über meine Gäste erteilen.«
» Natürlich«, erwiderte Adam. » Das verstehen wir. Danke für Ihre Hilfe.« Er hinterlegte eine Telefonnummer, unter der sie zu erreichen waren, falls Scarlett zurückkehrte oder der Mann etwas über ihren Verbleib hörte.
Als sie wieder im Wagen saßen, hielt Cassie ihre Panik nicht länger zurück. » Ich werde verrückt vor Sorge! Was sollen wir bloß tun?«
Adam konzentrierte sich aufs Fahren. » Ich denke, wir sollten noch etwas abwarten«, erwiderte er gelassen.
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