Der magische Zirkel - Der Abgrund: Band 4 (German Edition)
sich wenden konnte.
Sie schälte sich aus den Decken und ging ans Fenster. Normalerweise besänftigte sie der Anblick des blauen Meeres, aber heute sah es einfach nur kühl und abweisend aus.
Ich muss irgendeinen Weg finden, Scarlett zu retten, dachte Cassie. Um jeden Preis.
Welchen Nutzen hatte es, eine Hexe zu sein, wenn sie ihre Macht nicht ausspielen konnte? Andererseits, wie viel Macht hatte sie überhaupt, wenn nicht der ganze Zirkel hinter ihr stand?
Ein Schauder überlief sie, während sie aufs Meer hinausstarrte. Sie fand keine Antworten. Sie betrachtete die unermessliche Weite des Wassers und der Wellen, aber anders als sonst war sie nicht im Einklang mit der Brandung. Anders als sonst hatte sie nicht das Gefühl, als warteten der Himmel und das Meer auf sie, als blickten sie sie an und lauschten ihr.
Plötzlich begann sie, sich tatsächlich fiebrig zu fühlen, und fröstelte. Du bist nicht wirklich krank, sagte sie sich, verkroch sich aber dennoch wieder unter ihren Decken. Aber sie fand keine Ruhe. Wann immer sie in einen leichten Dämmerschlaf sank, schrak sie jäh wieder hoch. Wie konnte sie sich ausgerechnet jetzt ausruhen?
Ihr Buch der Schatten lag nur eine Armeslänge entfernt in ihrer Nachttischschublade. Sie holte es heraus und blätterte darin auf der Suche nach irgendeinem Hinweis, was sie als Nächstes tun könnte. Aber tief im Innern wusste sie, dass es keine Abkürzung, keinen Ausweg gab. Sie musste nach Cape Cod und selbst mit den Jägern kämpfen. Es war ihre einzige Chance. Sie wusste, dass sie dabei sterben konnte, aber sie wusste auch, dass es keinen schwerwiegenderen Grund gab, ihr Leben aufs Spiel zu setzen.
Ihre Gedanken wurden von einem Klopfen an der Tür unterbrochen, diesmal lauter und weniger sanft.
» Mom, ich schlafe«, rief sie.
» Ich bin’s, Adam.«
Cassie bat ihn nicht herein, aber er öffnete dennoch die Tür. » Deine Mutter meinte, du fühlst dich nicht wohl«, sagte er und zog die Tür hinter sich zu.
Cassie bedachte ihn mit einem gleichgültigen Blick. » Mir geht’s gut«, sagte sie.
Er streifte die Schuhe ab und setzte sich aufs Bett. Sein Blick machte Cassie klar, dass er gar nicht erst versuchen würde, Süßholz zu raspeln.
» Ich erinnere mich nicht daran, dass ich dich eingeladen habe, es dir bequem zu machen«, bemerkte sie spitz.
Er zuckte nicht einmal mit der Wimper. » Ich hab’s kapiert, Cassie. Du bist wütend auf mich. Aber bitte, hör mir einfach zu.«
Cassie antwortete nicht.
Adam nahm das als Aufforderung fortzufahren. » Du weißt, ich bin immer auf deiner Seite«, begann er. » Und ich will Scarlett genauso sehr retten wie du. Das wollen wir alle.«
» Dann dürfte es ja kein Problem geben«, erwiderte Cassie. » Wir wollen also alle das Gleiche.«
Adam runzelte die Stirn. » Ich war noch nicht fertig«, sagte er. » Ich will Scarlett retten, aber ich mache mir Sorgen, wie das ausgehen könnte. Ich will nicht, dass du verletzt wirst oder irgendwer von uns zu Schaden kommt.«
» Immer dieselbe Leier, Adam. Alle reden nur darüber, wie gefährlich es ist, dass wir keine Magie wirken dürfen, dass wir nicht auf Spurensuche gehen sollen. Langsam glaube ich, dass Faye recht hat. Der Zirkel ist ein Haufen von Feiglingen.«
Adam krümmte sich leicht, als hätte Cassie ihm in den Magen geschlagen. » Ich bin kein Feigling«, protestierte er.
Dann lass endlich Taten sprechen, hätte sie am liebsten gerufen, aber zugleich wurde sie von Gewissensbissen geplagt. Auf Adam herumzuhacken, führte zu gar nichts. Es würde ihn auch nicht davon überzeugen, die Sache mit ihren Augen zu sehen.
» Ich bin kein Feigling«, wiederholte er gepresst, und in seinen Augen blitzte flüchtig etwas auf, das Cassie stets ein wenig Furcht einflößend fand. Die dominante Seite, die in ihm schlummerte. Wenn sie diese Kraft doch nur für statt gegen sich nutzen könnte.
Cassie wusste, wie mächtig der Zirkel tatsächlich war. Wenn alle zusammenhielten, brauchten sie nicht einmal einen Schutzzauber. Warum sah Adam das nicht ein?
» Ich will jetzt nicht mit dir darüber reden«, sagte Cassie. » Ich brauche Zeit für mich allein. Um nachzudenken.«
Adam stand auf. Seine Augen verdunkelten sich wie ein Gewitterhimmel. » Ich liebe dich«, sagte er schlicht. » Und wenn du böse auf mich sein musst, um meine Liebe auf die Probe zu stellen, dann ist das okay für mich. Aber ich will dich nicht verlieren.«
Er stemmte die Hände in die Hüften. Die Sonne, die
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