Der magische Zirkel - Der Abgrund: Band 4 (German Edition)
erspart bleiben.«
» Und ich vertraue Cassies Urteil«, rief Nick. Sein Kiefer war angespannt, aber seine Augen waren voller Mitgefühl. » Ich bin bereit, das Risiko einzugehen.«
Cassie war verwirrt. Verstand Nick sie tatsächlich besser als ihr Seelengefährte? Adam stand einfach nur übertrieben besorgt da und schüttelte stur den Kopf, während Nick bereit war, alles zu tun, um Cassie zu unterstützen und Scarlett zu retten.
» So weit wird es nicht kommen, Jungs«, sagte Faye boshaft.
» Wir haben das Recht, darüber abzustimmen«, beharrte Nick, während Chris und Doug unruhig mit den Füßen scharrten.
Aber selbst wenn sie abstimmten – es war von vornherein klar, wer gewinnen würde. Scarlett war für sie immer noch ein Outsider, egal, was sie durchgemacht hatte. Sie hätten alles getan, um Melanies Großtante zu retten, aber jetzt, da Cassies eigene Schwester in Schwierigkeiten steckte, saßen sie zögerlich herum. Cassie konnte es kaum fassen.
» Na schön.« Diana wirkte etwas verunsichert und ein wenig verärgert über diesen Aufstand. » Wir werden abstimmen. Aber diese Entscheidung ist dann endgültig. Und lasst mich euch noch mal daran erinnern, dass …«
» Spar dir deine Ansprache«, fiel Cassie Diana ins Wort. » Ich brauche eure Abstimmung nicht. Ich brauche keinen von euch.« Und damit machte sie auf dem Absatz kehrt und ließ den Zirkel gespalten zurück.
Kapitel Zweiundzwanzig
Cassie starrte zu dem Baldachin ihres Himmelbetts hinauf. Dann wandte sie den Blick und beobachtete, wie sich die Sonnenstrahlen in den Zinnkerzenleuchtern auf dem Kaminsims und in der Porzellanuhr auf der gegenüberliegenden Wand spiegelten. Manchmal fühlte sie sich wie eine Fremde in diesem Zimmer, als würde sie nach einer Pyjamaparty im Haus eines anderen Mädchens aufwachen.
Weil Cassie nicht zur üblichen Zeit aufstand, klopfte ihre Mutter sanft an ihre Tür.
» Du kommst noch zu spät zur Schule«, mahnte sie und trat in das sonnenhelle Zimmer.
Cassie sparte sich die Mühe zu beteuern, es gehe ihr nicht gut. Sie sparte sich überhaupt die Mühe zu sprechen. Sie verharrte in regungslosem Schweigen.
» Du siehst gar nicht gut aus«, fuhr ihre Mutter fort und sah sie besorgt an. » Bist du krank?«
Seit dem Abend, an dem sie erfahren hatte, dass ihre Mutter die ganze Zeit über ihre Schwester Bescheid gewusst hatte, ging sie ihr aus dem Weg. Sie wusste, wenn sie ihre Mutter deswegen zur Rede stellte, würde diese nur versuchen, ihr auszuweichen, so wie sie ihr immer bei allem ausgewichen war. Also hütete Cassie ihr Wissen auch weiterhin wie einen verborgenen Schatz.
Beunruhigt fühlte ihre Mutter ihr die Stirn. » Aber Fieber hast du, glaube ich, nicht«, meinte sie.
Ihr langes dunkles Haar, das sie sich aus dem Gesicht gekämmt hatte, ließ sie heute noch bleicher und dünner als sonst erscheinen, und Cassie hatte den Verdacht, dass es vielmehr ihrer Mutter nicht gut ging.
Aber sosehr sie es auch wollte, sie konnte sich jetzt nicht einfach öffnen und ihrer Mutter alles erzählen. Sie war noch nicht bereit, ihr zu verzeihen.
» Ich gehe heute nicht in die Schule«, sagte Cassie.
Ihre Mutter erhob keine Einwände. » Ich werde dir eine Tasse Tee machen.«
» Ich will keinen Tee.«
» Dann eben nicht.« Sie holte eine zusätzliche Decke aus der Mahagonitruhe in der Ecke, schüttelte sie aus und deckte Cassie liebevoll damit zu. » Ist alles in Ordnung, Cassie? Bist du wegen irgendetwas wütend auf mich?«
Cassie drehte sich auf die Seite, weg von ihrer Mutter. » Ich bin nicht wütend«, sagte sie zum Fenster. » Ich bin müde. Würdest du bitte die Tür schließen, wenn du rausgehst?«
Für einige Sekunden stand ihre Mutter reglos da und gab keinen Laut von sich. Cassie wusste, dass sie überlegte, ob sie ihre Tochter zum Reden drängen oder sie in Ruhe lassen sollte.
» Bitte«, murmelte Cassie, um ihr die Entscheidung abzunehmen. » Könntest du einfach gehen und mich schlafen lassen?«
Ihre Mutter stieß resigniert den Atem aus. » Also schön«, antwortete sie. » Aber gib mir Bescheid, falls du irgendetwas brauchst. Ich werde dir später eine Suppe kochen.« Ohne ein weiteres Wort verließ sie den Raum.
Als die Tür sich schloss, fühlte Cassie sich so einsam wie nie zuvor. Ihre Mutter war wie eine Fremde für sie. Adam hatte sich bei ihrer letzten Versammlung gegen sie gestellt. Und Diana war inzwischen viel öfter ihre Feindin als ihre Freundin. Es gab niemanden, an den Cassie
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