Der magische Zirkel - Der Verrat
ganz gerade sitzen musste. Ihre Kleider waren ebenfalls unbequem: eine Haube, so eng wie eine Badekappe, und etwas war so fest um ihre Taille geschnürt, dass sie kaum atmen konnte. A uf ihrem Schoß lag ein Buch.
Aber das ist ja Dianas Buch der Schatten! Halt, der Einband ist etwas anders, genau, aus rotem Leder statt aus braunem. W ährend sie es durchblätterte, entdeckte sie, dass die Schrift am A nfang sehr ähnlich war, und auch die Titel einiger Sprüche waren dieselben wie in Dianas Buch.
Spruch, um ein krankes Kind zu heilen. W ie Hennen mehr Eier legen. Zum Schutz gegen Feuer und W asser. W ie man das Böse bannt.
Wie man das Böse bannt!
Ihre A ugen überflogen schnell die W orte.
Vergrabe das böse Objekt in gutem, feuchtem Lehm oder Sand, sodass es ganz bedeckt ist. Die heilenden Kräfte der Erde werden das Gift bekämpfen, und wenn das Objekt nicht schon zu sehr vom Bösen durchtränkt ist, wird es gereinigt werden.
Natürlich, dachte Cassie. Natürlich!
Der Traum verschwamm. Sie fühlte Dianas Bett unter sich. A ber sie konnte auch eine verklingende Stimme hören, die rief: »J acinth! Bist du da drin? Jacinth?«
Cassie erwachte.
Dianas blaue V orhänge leuchteten von dem Sonnenlicht, das sie zurückhielten. Im Zimmer erklang fröhliches Herumhantieren. A ber alles, woran Cassie denken konnte, war der Traum.
Sie musste den Zauberspruch gestern A bend in Dianas Buch der Schatten gelesen und ihn unbewusst auswendig gelernt haben, während sie durch die Seiten blätterte. Doch warum erinnerte sie sich auf derart merkwürdige W eise daran?
Es war egal. Das Problem war gelöst, und Cassie war so glücklich, dass sie am liebsten das Kissen umarmt hätte. Natürlich, natürlich!
V or der Schädelzeremonie hatte Diana gesagt, dass der Schädel zur Reinigung vergraben werden sollte– in feuchtem Sand. A dam hatte ihn auf dieser Insel ebenfalls im Sand gefunden. Direkt unter Dianas Hintertür war ein ganzer Sandstrand. Cassie hörte in diesem Moment, wie die W ellen gegen ihn schlugen.
Die Frage war nur, wie sie die exakte Stelle in all dem Sand finden sollte, an der der Schädel vergraben war?
Cassie traf Faye im Literaturunterricht. Faye war wütend.
»I ch habe die ganze Nacht gewartet«, zischte sie und packte Cassie am A rm. »W as ist passiert?«
»I ch konnte ihn nicht holen. Er war nicht da.«
Fayes goldene A ugen verengten sich und ihr Griff um Cassies A rm wurde fester. »D u lügst.«
»N ein.« Cassie schaute sich panisch um und flüsterte: »I ch glaube, ich weiß, wo er ist. A ber du musst mir Zeit geben.«
Faye durchbohrte Cassie mit ihren Blicken. Dann entspannte sie sich etwas und lächelte. »N atürlich, Cassie. So viel du willst. Bis Samstag.«
»D as reicht vielleicht nicht.«
»D ann wirst du dich eben mehr bemühen müssen, nicht wahr?« Faye lachte spöttisch. »D enn danach werde ich Diana alles sagen.« Sie ließ Cassie los, die an ihren Platz schlich. Es gab nichts, was sie hätte tun können.
Vor dem Unterricht gab es eine Schweigeminute im Gedenken an Mr Fogle. Cassie verbrachte die Zeit damit, auf ihre ineinander verschränkten Finger zu starren und abwechselnd an das schwarze, aufbrausende Ding in dem Schädel und an die Spur von W ahnsinn in Doug Hendersons blaugrünen A ugen zu denken.
In der Pause klebte auf der Glastür zum Hinterzimmer der Cafeteria ein Zettel: W ir treffen uns draußen vor dem Gebäude , stand darauf. Cassie drehte sich um und wäre um ein Haar mit A dam zusammengestoßen.
Er kam mit einem vollen Tablett heran und hob es hoch, damit sie es ihm nicht aus der Hand stieß.
»H oppla«, sagte er.
Cassie wurde wider W illen rot. A ber dann, als sie einander gegenüberstanden und sich ansahen, entdeckte sie ein noch viel ernsteres Problem. A dams Lächeln war verschwunden, ihre W angen brannten immer mehr und keiner von ihnen schien als Erster gehen zu wollen.
Alle in der Cafeteria starrten sie gebannt an. Diese Situation war nicht neu für Cassie. Jedes Mal wenn ich hier hereinkomme, glotzen alle, dachte sie.
Schließlich machte A dam den schüchternen V ersuch, ihren Ellbogen zu packen, hielt jedoch kurz davor inne und bat sie stattdessen mit charmanter Geste, voranzugehen. Cassie wusste nicht, wie er es anstellte, aber A dam schaffte es, Höflichkeit so selbstverständlich anzubringen wie kein anderer Junge, den sie kannte. Es schien in seiner Natur zu liegen.
Die Mädchen schauten neugierig auf, als sie vorbeikamen, und schielten
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