Der magische Zirkel - Der Verrat
Hexenprozessen sprachen. A ber nur Satzfetzen drangen zu ihr durch. Sie war völlig erschöpft von allem, was heute passiert war, und der schreckliche Ort verursachte ihr Magenschmerzen und machte sie benommen. So als hätte sie lauter Spinnweben im Kopf.
Eine Frauenstimme erklärte gerade: »… der königliche Gouverneur, Sir W illiam Phips, hatte einen eigenen Gerichtshof einberufen, der sich nur mit diesen Fällen beschäftigte. Denn inzwischen gab es sehr viele angeklagte Hexen…«
So viele falsche Hexen, dachte Cassie und hörte mit halbem Ohr zu. W enn diese Frau von den echten Hexen wüsste, die in ihrem V erlies lauerten.
»… am 10 . Juni wurde die erste überführte Hexe öffentlich hingerichtet. Bridget Bishop wurde auf dem Galgenberg vor den Toren Salems gehängt…«
Arme Bridget Bishop, dachte Cassie. Plötzlich sah sie wieder Jeffreys pendelnde Füße vor sich und eine W elle von Übelkeit überfiel sie. W ahrscheinlich hatten auch Bridgets Füße hin und her geschwungen, als man sie erhängt hatte.
»… bis Ende September wurden achtzehn weitere Menschen hingerichtet. Sarah Goodes letzte W orte…«
Achtzehn. Das sind ziemlich viele schwingende Füße. Oh, mir wird gleich schlecht. Cassie schluckte hart.
»… und ein neunzehntes Opfer wurde zu Tode gepresst. Das ist eine puritanische Foltermethode, bei der ein Brett auf die Brust des Opfers gelegt wird. Danach werden immer schwerere Steinbrocken daraufgehäuft…«
Uargh. Jetzt ist wirklich bald alles zu spät. Ich frage mich, wie es sich wohl anfühlt, wenn Felsen auf dich gehäuft werden, bis du stirbst. W erde ich wohl nie erfahren, weil man das heute nicht mehr macht. Es sei denn, man wird von einer Lawine erwischt oder…
Mit einem Ruck setzte Cassie sich gerade auf. Die Spinnweben in ihrem Kopf waren mit einem Mal weg, wie von einem eisigen W indstoß verweht.
Felsrutsch. Lawine. Mr Fogle, der Schuldirektor, hatte erlebt, wie es war, von Steinmassen begraben zu werden.
Es war ein seltsamer Zufall. Das war alles. A ber…
Oh, mein Gott, dachte Cassie plötzlich.
Ihr ganzer Körper schien mit einem Schlag unter Strom zu stehen. Ihre Gedanken überschlugen sich.
Felsrutsch. Zu Tode erdrückt. Genau dasselbe. Und das Erhängen. Hexen wurden erhängt… wie Jeffrey Lovejoy. Oh nein, nein. Es musste eine V erbindung geben.
»… nie bekannt geworden ist, wie viele im Gefängnis starben. A ngesichts der Bedingungen dort war der schnelle Tod durch einen gebrochenen Hals noch barmherzig. Unsere Tour wird Sie als Nächstes…«
Gebrochener Hals. Gebrochener Hals.
Koris Hals war gebrochen.
Cassie glaubte, auf der Stelle ohnmächtig zu werden.
Kapitel Neun
Die Stimmen von oben kamen näher. Cassie war wie gelähmt. Ihre Sinne schienen wie von einer grauen Nebelwolke eingehüllt zu sein. Chris zog sie am A rm.
»M ach schon, Cassie. Die sind gleich hier!«
Gedämpft konnte Cassie von oben hören: »W enn Sie sich bitte in einer Reihe einzeln hintereinander aufstellen, werden wir jetzt die enge Treppe hinuntergehen…«
Chris zerrte Cassie von den Stufen. »H e, Doug! Hilf mir mal.«
Cassie riss sich mit ungeheurer A nstrengung zusammen. »W ir müssen nach Hause«, sagte sie eindringlich zu Chris. Sie richtete sich gerade auf und versuchte, Gewicht in ihre W orte zu legen. »I ch muss zurück zu Diana, um ihr etwas zu erzählen. Und zwar sofort.«
Die Henderson-Zwillinge sahen einander verwirrt, aber auch etwas beeindruckt an.
»O kay«, murmelte Chris, und Cassie sackte in sich zusammen. Der graue Nebel hüllte sie wieder ein.
Doug zog sie von vorn, und Chris versuchte, sie im Rücken zu stützen. So liefen sie halb stolpernd durch die dunklen, sich windenden Gänge des V erlieses. Die Zwillinge schienen sich in der Dunkelheit dieses Labyrinths auszukennen wie Ratten. Sie führten sie, ohne sich einmal zu verlaufen, bis zu einem Neonschild mit der Leuchtschrift AUSGANG .
Auf der Rückfahrt kullerten die Kürbisse auf dem Rücksitz herum wie abgeschlagene Köpfe. Cassie hielt die A ugen geschlossen und versuchte, normal zu atmen. Eines war sicher, sie konnte den Henderson-Zwillingen nicht erzählen, was sie dachte. W enn sie herausfanden, was sie wegen Kori vermutete, konnte alles passieren.
»L asst mich nur bei Diana raus«, sagte sie, als sie endlich in die Crowhaven Road einbogen. »N ein, ihr braucht nicht mit mir reinzukommen. Danke.«
»O kay.« Chris half ihr beim A ussteigen. Dann streckte er noch einmal den Kopf
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