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Der Makedonier

Der Makedonier

Titel: Der Makedonier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Guild
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In meinem Alter sollte ich mich damit zufriedengeben, am Spielfeldrand zu sitzen und den Söhnen Beifall zu klatschen.«
    »Das wirst du auch, wenn dein Sohn alt genug für den Wettkampf ist – du kannst dir ja auch noch Hoffnungen auf weitere Söhne machen.«
    Eurydike lächelte. Sie hatte ihn damit nicht verspotten wollen, denn sie wußte, wie wenig es ihm ausmachte, daß seine zweite Frau unfruchtbar zu sein schien.
    »Ja, so altersschwach bin ich noch nicht, daß ich keine Kinder mehr zeugen könnte«, erwiderte er.
    Perdikkas hüstelte verlegen. Vielleicht mißfiel es ihm, daß er nicht beachtet wurde, aber es sah eher so aus, als wäre ihm die Situation peinlich. Daß seine Mutter und der Gemahl seiner Schwester ein Verhältnis hatten, war zugleich offensichtlich und, zumindest für ihn, unannehmbar. Deshalb bemühte er sich noch mehr als sonst, Ptolemaios’ Aufmerksamkeit zu erregen.
    Ptolemaios reagierte darauf, indem er unverwandt zum Spielfeld hinuntersah, wo in Kürze die Laufwettbewerbe beginnen sollten. Alexandros hatte seine Kleider abgelegt und kauerte nun in einem eigenartigen Vorbereitungsritual auf dem Boden, der vollkommene Körper glänzend von Schweiß und Öl, den Kopf zwischen die Knie gezogen. Er würde dieses Rennen gewinnen, und er machte den Eindruck, als wüßte er das und auch, daß sein Siegkein kriecherisches Zugeständnis an seinen Rang, sondern ganz allein sein persönlicher Triumph sein würde, denn er konnte so schnell und so anmutig laufen, daß es aussah, als würden seine Füße kaum den Boden berühren.
    Der Gegensatz zwischen dem neuen König von Makedonien und seinem linkischen, empfindlichen Bruder hätte nicht auffallender sein können.
    »Jetzt, da er König ist, sollte er dir eigentlich wohlgesinnter sein«, sagte Ptolemaios. Er drehte sich um und zeigte völlig unvermittelt eins seiner blendenden, unergründlichen Lächeln. »Er gesteht dir die Würde nicht zu, die er dir zugestehen könnte – und das ist sowohl falsch wie töricht von ihm.«
    Das Rennen begann. Alexandros setzte sich schnell an die Spitze. Die Menge brüllte begeistert, aber die drei Läufer schienen wie gefangen in ihrem eigenen Schweigen. Sie hätten ebensogut gar nicht an diesem Ort, sondern an einem von ihnen selbst geschaffenen sein können, wo es außer ihnen niemanden gab. Ptolemaios überschüttete Perdikkas noch immer mit seiner bestrickenden Aufmerksamkeit, während der Junge, dem vor Freude fast die Röte ins Gesicht stieg, nach einer passenden Antwort suchte. Es wirkte alles so spielerisch und harmlos, als wären sie Liebende.
    Eurydike gab es einen Stich ins Herz, als sie die beiden ansah, ihren Lieblingssohn und diesen Mann, der für sie mehr war als die Atemluft unter ihren Rippen. Sie versuchte die Falle zu entdecken, die sich hinter diesem verwirrenden, unwiderstehlichen Lächeln versteckte.
     
    Philipp ließ sich nicht entmutigen. Da er noch zu jung war, um an den Bestattungsspielen für seinen Vater teilzunehmen, beschloß er, einen eigenen Wettkampf zu veranstalten. Er würde ein Pferderennen abhalten, mit ihmselbst, Arrhidaios und dem widerstrebenden Aristoteles als Teilnehmer. Sie würden sich auch im Ringen messen, im Bogenschießen und in der Vortragskunst, da auch Aristoteles, der den ganzen Homer auswendig zu kennen schien, die Gelegenheit erhalten sollte, etwas zu gewinnen.
    Aber im Mittelpunkt stand das Pferderennen. Philipp würde natürlich gewinnen – auf seinem neuen Hengst konnte er unmöglich verlieren –, aber der Sieg war fast unwichtig im Vergleich zum reinen Vergnügen des Reitens selbst: im Galopp über die weiten, leeren Ebenen hinter der Stadt, der Wind auf der nackten Haut beinahe wie schmeichelndes Wasser, das hypnotische Hämmern der Hufe in den Ohren. Er konnte alles vergessen, was in den letzten Tagen passiert war, in denen das Leben ihm erschienen war wie eine eingerollte Schlange. Er konnte das alles vergessen und noch einmal nichts als ein Junge sein, der ein schnelles und gefährliches Pferd reitet. Und deshalb war das Rennen selbst schon Belohnung genug.
    Etwa eine halbe Gehstunde nördlich der Stadttore lag ein Eichenhain. Er sollte ihnen als Ziel dienen, und dort konnten sie auch die anderen Wettbewerbe abhalten, ohne von Alexandros und seinen Freunden beobachtet zu werden. Denn inzwischen graute es Philipp vor den Spöttereien seines Bruders. Nach dem Wettkampf würde Alkmene ihnen ein Siegesmahl kochen. Vielleicht würde sie sogar den Wein nur

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