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Der Makedonier

Der Makedonier

Titel: Der Makedonier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Guild
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hatte. Sie hatten das Wunder gesehen, für das sie gebetet hatten. Und sie hatten Selbstvertrauen gefunden.
    »Du kommst spät«, rief Korous, noch bevor Philipp von seinem Pferd gestiegen war. »Heute morgen ist ein Eilbote eingetroffen: Agis ist vor sechs Tagen gestorben. Wo warst du denn?«
    Philipp sah sich mit zusammengekniffenen Augen im Lager um. Der Wind trieb bereits kleine Schneeflocken vor sich her, die einem in die Haut stachen. Es blieb ihnen nur noch etwa ein Monat, bis der Winter einen Krieg unmöglich machte. In Lynkestis hatte sich der Angriff der Illyrer in fast zwei Ellen hohem Schnee festgefahren. Korous war mit Recht besorgt.
    »Hab’ mit ein paar Besuchern aus dem Süden im Dreck gespielt«, antwortete er. »Ich hatte gehofft, daß der alte Gauner es noch ein bißchen länger machen würde. Was glaubst du wohl, was der sich im Schattenreich erhofft, daß er es so eilig hat, sein Leben aufzugeben?«
    Aber Korous hatte den Witz entweder nicht gehört, oder er konnte nicht darüber lachen.
    »Morgen wird Lyppeios seine siebentägige Trauer beendet haben.« Auch er sah aus, als spürte er die stechenden Flocken in seinem Gesicht und wüßte, was sie bedeuteten. »Er wird uns dann sofort angreifen. Er kann vermutlich bis zu siebentausend Mann ins Feld schicken. Hast du daran gedacht, Philipp?«
    »Je dichter der Weizen wächst, desto mehr mäht die Sense mit einem Hieb.« Der König von Makedonien lächelte freudlos. »Außerdem, haben wir denn eine andere Wahl?«
    »Nein, aber das hält mich nicht davon ab, mir Sorgen zu machen.«
    Beim Abendessen erhielt Philipp einen ausführlichen Bericht über die Ereignisse in Paionien.
    »Anscheinend kam Agis’ Tod ziemlich unvermittelt. Der Erbe war außer Landes und kehrte erst zurück, als sein Vater schon im Koma lag. Man sieht es als schlechtes Omen an, daß er den Segen des alten Königs nicht mehr empfangen hat.«
    »Von Agis hat es doch schon seit mindestens fünf Jahren geheißen, daß er stirbt«, sagte Philipp achselzuckend und kaute ein Stückchen Fladen. »Das ist schon fast zu einer Tradition geworden, und ich glaube, man kann Lyppeios verzeihen, daß er nicht zu Hause herumgelungert hat. Wo war er denn?«
    »In Illyrien, wie es heißt – bei Hofe. Zweifellos träumt er von einem Bündnis.«
    »Wovon er träumt, das sagen zumindest die Leute, ist die Enkelin des alten Bardylis. Sie sagen, sie habe ihn bezaubert.«
    »Sie ist seine Urenkelin.« Ein scharfer Unterton in Philipps Stimme ließ Lachios und Korous rasche Blicke wechseln. »Sie heißt Audata.«
    »Weißt du etwas über dieses Mädchen?«
    »Ich habe sie kennengelernt, als ich Bardylis’ Geisel war. Damals war sie noch ein Kind.«
    Etwas in Philipps Gesicht ließ Lachios das Thema wechseln.
    »Na, auf jeden Fall ist Lyppeios jetzt zu Hause – und König, ob nun mit oder ohne Segen seines Vaters. Wenn er es auf ein Bündnis mit den Illyrern abgesehen hat, dann wird er gleich zu Anfang seiner Herrschaft zeigen wollen, wie stark er ist.«
    »Das kommt uns nur gelegen«, erwiderte Philipp mit entschlossenem Kopfnicken. »Ich will nicht, daß dieser Feldzug zu einer Reihe kleinerer Überfälle verkommt. Ich will die Paionier frontal angreifen. Uns hilft es nur, wenn wir sie vor aller Welt demütigen.«
    Er verstummte und starrte ins Feuer, als hätte er die Anwesenheit seiner Freunde vollkommen vergessen. Seine Miene war undurchdringlich.
     
    Acht Tage später kamen sich die beiden Armeen auf einer windigen Hochebene, auf der auch am späten Vormittag der Boden noch gefroren war, erstmals bis auf Sichtweite nahe. Es war beinahe so, als hätten sie sich dort verabredet. Seit drei Tagen war es immer wieder zu kleinen Scharmützeln zwischen den Voraustrupps gekommen, während Philipp und sein Gegner versuchten, den anderen einzuschätzen und das Gelände zu erkunden, das bald ihr Schlachtfeld werden sollte.
    Jetzt standen sie sich endlich gegenüber.
    »Schaut, wie er seine Reiterei auf dem linken Flügel zusammengezogen hat«, sagte Philipp zu seinen Truppenführern. »Der Boden dort ist so uneben, daß ich nicht unbedingt einen Angriff darüberführen möchte. Ich glaube, er hat seine Pläne zu weit im voraus gemacht, und jetzt ist er nicht geistesgegenwärtig genug, um sie noch zu ändern.«
    »Wie es aussieht, hat er fast fünfhundert Reiter«, bemerkte Korous mit widerwilligem Respekt.
    »Wenn ihr angreift, haltet direkt auf die Mitte zu. Von mir aus kann er auch fünftausend Reiter

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