Der Makedonier
Es sah beinahe aus wie der Paarungstanz eines Vogelpaars.
Unvermittelt sprang Philipp vor. Ein überraschender Angriff, das Klirren von Eisen auf Eisen, dann Rückzug. Der Dardaner rückte nach, und Philipp konnte kaum noch rechtzeitig ausweichen.
Und dann noch einmal. Und noch einmal.
»Ich töte dich, kleiner Junge«, höhnte der Dardaner. »Und dann stecke ich deinen Kopf in einen Lederbeutel und bringe ihn Pleuratos.«
Philipp wich einen Schritt zurück und ließ die Spitze seines Schwerts ein wenig sinken. Er hatte Angst, ja, und er hoffte, daß man es ihm anmerkte.
Der Dardaner schluckte den Köder. Ein paar schnelle Schritte, zischende Schwerthiebe von einer Seite zur anderen – die Spitze kam immer näher. Philipp schien bereits bezwungen.
Doch dann wich Philipp im Abwehren der Klinge, deren kaltes Eisen er fast schon an seiner Wange spüren konnte, nach links aus, drehte sich seitwärts und ließ den Mann ins Leere stolpern.
Es war eine Falle, und erst im allerletzten Augenblick merkte der Dardaner, daß er zu nahe an seinen Gegner herangekommen war. Philipp duckte sich plötzlich, warf sich mit seinem ganzen Gewicht gegen ihn und traf ihn mit der Schulter knapp unterhalb der Rippen.
Während der Dardaner rückwärts stolperte, schwang Philipp seine Waffe in einem niederen, engen Bogen. Die Spitze bohrte sich über dem Ellbogen in den Arm des Mannes, und sofort quoll dunkles Blut hervor.
Es war vorüber. Das Schwert fiel dem Dardaner aus der Hand. Philipp holte noch einmal aus und traf den Mann mit der Breitseite seines Schwerts im Gesicht. Der Schlag konnte ihn nicht ernsthaft verletzt haben, doch der Dardaner sank mit einem Aufschrei der Verblüffung und des Schmerzes auf die Knie.
»Ich werde dich nicht von hinten töten.«
Philipp trat einen Schritt vor, um die Sache zu beenden…
»Halt!«
Erstaunt über den Ausruf, drehte Philipp sich um. Langsam traten etwa dreißig oder vierzig Männer aus der Dunkelheit, und im flackernden Schein des Feuers wirkten ihre Gesichter grimmig, beinahe dämonisch. In einem von ihnen erkannte Philipp den Dorfältesten.
Philipp wartete, das Schwert noch immer zum tödlichen Schlag erhoben. Der Älteste verbeugte sich vor ihm.
»Halt ein, Herr. Überlaß ihn uns.«
9
DER TOD DURCH das Schwert eines Feindes wäre eine Gnade gewesen. Doch daß ein Mann, wer er auch gewesen sein mochte, so sterben mußte…
Als der Dardaner sah, was ihm bevorstand, begann er zu schreien, und dieser Schrei hatte nichts Menschliches mehr. Philipp konnte sich nur auf den Boden kauern und zusehen; er war zu erschrocken, um sich zu rühren, zu verstört, um auch nur die Augen abzuwenden.
Die Dörfler zerrissen den Dardaner. Mit geschärften Steinen und mit ihren bloßen Händen rissen sie ihn in Stücke, so wie verhungernde Männer über einen Braten herfallen, und ihre Raserei ließ erst nach, als nichts mehr von ihm übrig war als einige zersplitterte Knochen.
Als es vorüber war und der Blutgeruch wie eine Dunstglocke über dem Platz hing, hielt jemand Philipp einen Becher Bier an die Lippen und ließ ihn trinken.
»Verurteile uns nicht, Herr«, sagte der Dorfälteste. »Bis du nicht selbst unter dem Joch der Dardaner gelebt hast, verurteile nicht, was du gesehen hast. Jetzt komm in meine Hütte und schlafe.«
Am nächsten Morgen fand Philipp Alastor vor der Hütte angebunden. Von den Dardanern war nirgends eine Spur zu sehen.
»Wir haben ihren Pferden die Kehlen durchgeschnitten und alle, Männer und Tiere, an einem Ort begraben, wo keiner sie je suchen wird. Du warst nie hier, Herr, und diese Männer waren nie hier. Die Dardaner würden uns alle bis zum jüngsten Säugling kreuzigen, wenn sie je erführen, was hier passiert ist.«
»Von mir werden sie es nicht erfahren. Ich werde nie darüber sprechen und auch nicht von diesem Ort, mit niemandem.«
»Das wissen wir, Herr.« Und sein Blick sagte: Wenn das nicht so wäre, wärst du mit ihnen begraben.
Philipp versuchte, ein ängstliches Schaudern zu unterdrücken, als er die Hand des Ältesten in die seine nahm.
»Geh in Frieden, Herr, denn du hast uns die Gnade der Rache gebracht.«
Philipp bestieg sein Pferd und ritt in südlicher Richtung davon. Er drehte sich kein einziges Mal um.
Am frühen Nachmittag des folgenden Tages erreichte Philipp den Vatokhoripaß und überquerte die Grenze zum Königreich Lynkestis.
Menelaos, der König der Lynkestis, befand
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