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Der Makedonier

Der Makedonier

Titel: Der Makedonier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Guild
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anzuklagen.
    Niemand bis auf Philipp.
    Hatte er es schon in diesem ersten Augenblick gewußt? Er konnte nicht sagen, wann aus dem Verdacht eine Überzeugung und aus ihr die Gewißheit geworden war. Aber er wußte es.
    »Prinz Ptolemaios hat eine bewundernswerte Geistesgegenwart gezeigt«, sagte er zu seinem Bruder Perdikkas. »Er hatte seine Waffe bei der Hand und tötete den Verräter so schnell, daß man beinahe meinen könnte, er hätte es erwartet… Ich frage mich, wem oder was Praxis zujubeln wollte, als der Tod ihn überraschte.«
    Perdikkas, der Alexandros nie sonderlich geliebt hatte und für den die Königswürde noch neu und ungewohnt war, gefiel diese Art der Fragestellung nicht sehr. Er wußte zwar nicht genau, in welche Richtung sie führen sollte, doch schon die Vermutungen genügten, um ihm Unbehagen zu bereiten.
    »Praxis war ein eifersüchtiger Liebhaber. Verschmähte Leidenschaft kann sogar Frauen zum Mord treiben.«
    Er sah Philipp an und lächelte säuerlich, als sei damit alles geklärt.
    »Aber er hat Alexandros einen Tyrannen genannt, weißt du noch? >Tod dem Tyrannen< hat er gerufen, so als wäre seine Tat eine Befreiung für alle. Glaubst du, daß er seinen Tod erwartet hat? Ich glaube es nicht – ich glaube, er hat erwartet, daß man ihm zujubelt.«
    »Jeder weiß, daß Liebe den Verstand verwirrt.«
    »Vielleicht.« Philipp spitzte die Lippen, als würde er über diese Möglichkeit nachdenken. »Aber Praxis war berüchtigt für seine Dummheit. Auf den Gedanken, unserenBruder einen Tyrannen zu nennen, ist er nie und nimmer allein gekommen.«
    Perdikkas sah sich nervös um. Sie saßen im Zimmer des Königs und wärmten sich die Hände über einem Holzkohlenbecken, denn seit Alexandros’ Tod waren die Nächte kalt geworden. Sie waren allein – und daß die beiden königlichen Brüder es waren, zeigte, wie vollständig Ptolemaios die Macht an sich gerissen hatte –, aber dennoch lief Perdikkas ein Schauer der Angst über den Rücken. Er war der König, und er fürchtete sich noch immer.
    »Deine Andeutung grenzt schon fast an Verrat, Philipp.«
    »Wie kann sie Verrat sein? Ich spreche zu meinem Bruder, dem König, über unseren Bruder, den König, der ermordet wurde.«
    »Aber Ptolemaios ist der Regent.«
    »Da du seinen Namen nennst, scheinst du meinem Gedankengang zu denselben Schlußfolgerungen gefolgt zu sein. Ptolemaios’ Willen hat dem Mörder die Hand geführt. Und jetzt ist er, wie du ganz richtig bemerkst, Regent und hält in deinem Namen die Macht in Händen.« Philipp gestattete sich ein grausames Lächeln. »Ptolemaios’ Leiche sollte über dem Grabhügel des Königs gekreuzigt werden, nicht die von Praxis. Also komm, Perdikkas, du bist zwar manchmal ein elender Feigling, aber ein Trottel warst du noch nie. Du weißt, daß ich recht habe.«
    Ja, Perdikkas wußte es. Und gleichzeitig wußte Philipp, daß sein Bruder das nie zugeben würde, vielleicht nicht einmal vor sich selbst. Dazu hatte er viel zuviel Angst.
    »Ptolemaios hat Alexandros geliebt. Ptolemaios ist treu. Ptolemaios würde nie…«
    »O doch, das würde er.« Philipp legte seinem Bruder die Hand auf das Knie. Es war eine Geste, aus der sowohl Zuneigung wie Mitleid sprach. »Und er hat es getan. PrinzPtolemaios hat sich nicht gescheut, einen König zu töten. Und wenn du dich nicht zusammennimmst und handelst wie ein Mann, kommt er vielleicht auf den Gedanken, es stehe ihm frei, einen zweiten zu töten.«
     
    Perdikkas wußte nicht mehr, was er von Philipp halten sollte. Philipp hatte sich verändert, so sehr, daß er kaum mehr wiederzuerkennen war. Die wenigen Monate in den Bergen bei den illyrischen Barbaren hatten aus ihm einen anderen Menschen gemacht. Das sah man in seinen Augen.
    In ihrer Kindheit hatte Perdikkas sich immer als den Überlegenen betrachtet. Er war um ein Jahr älter als Philipp, warum sollte sein kleiner Bruder sich ihm also nicht unterordnen? Und Philipp, so eigensinnig er in allen anderen Dingen auch war, hatte seine Stellung als letzter und geringster der Königssöhne bereitwillig akzeptiert.
    Aber nach seiner Rückkehr, auch als Alexandros noch am Leben war, schien es fast, als sei Philipp ihnen über den Kopf gewachsen. Man hätte fast neidisch auf ihn werden können, denn wenn er sprach, dann mit der Selbstbeherrschung eines erwachsenen Mannes – eines Mannes, der sich seiner Fähigkeiten bewußt ist, eines Mannes, geprägt von der Erfahrung vieler Jahre, für die Philipp jedoch nur

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