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Der Makedonier

Der Makedonier

Titel: Der Makedonier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Guild
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Vollkommenheit. Die Demokratie jedoch ist immer und notwendigerweise eine Katastrophe. Athen ist so geworden wie die Leute, die es beherrschen, und unsere Politik hat den Charakter einer Pförtnersfrau angenommen: habgierig, streitsüchtig, kleinlich und widersprüchlich. Unsere Verbündeten wie unsere Feinde sind vereint im Haß auf uns. Und all das haben wir der Demokratie zu verdanken.«
    Nach dem Essen überredete Philipp Aristoteles, mit ihm zu kommen. Sie wollten gemeinsam zur Akropolis hinaufsteigen und den Tempel der Athena besichtigen.
    »Jetzt bin ich schon ein halbes Jahr in Athen und war noch nie da oben«, sagte Aristoteles, als sie auf die Straße traten, die in die Stadt zurückführte. »Ich weiß nicht so recht, was Platon in bezug auf die Götter glaubt, aber Frömmigkeit wird nicht gerade ermuntert. Trotzdem hat man mir zu verstehen gegeben, daß das Gebäude selbst sehr schön sein soll. Und auch, daß die Statue der Göttin das schönste Werk eines Bildhauers auf der ganzen Welt sein soll.«
    »Ausgezeichnet. Dann werde ich meiner Schutzgöttin opfern, und du wirst das Ebenmaß ihrer Statue bewundern. Es scheint, daß der Genuß von Schönheit und religiöse Ehrfurcht nur verschiedene Ausformungen derselben Bewegung der Seele zum Göttlichen hin sind, und die Göttin wird deshalb vermutlich nicht beleidigt sein.«
    »Du klingst schon fast so wie einer von Platons Schülern.«
    »Wirklich? Muß wohl am Klima liegen.«
    »Hast du gewußt, daß Arrhidaios in der Stadt ist?«
    Als Philipp den Namen seines Halbbruders hörte, lief ihm ein Schauer über den Rücken, den er allerdings der Überraschung zuschrieb.
    »Nein«, erwiderte er. »Das habe ich nicht gewußt. Hast du ihn gesehen? Geht es ihm gut?«
    »Ich habe ihn nicht gesehen, und ich würde dir raten, ihm ebenfalls aus dem Weg zu gehen. Wenn man nach Makedonien zurückkehren will, ist es besser, wenn man sich nicht mit erklärten Verrätern einläßt.«
    »Arrhidaios ist kein Verräter«, zischte Philipp, überrascht über seine plötzliche Wut. »Man ist kein Verräter, nur weil man Schutz sucht vor den Verdächtigungen unseres Herrn Regenten. Du weißt genausogut wie ich, daß Ptolemaios, wenn Arrhidaios nicht geflohen wäre, Mittelund Wege gefunden hatte, ihn mit dem Mord an Alexandros in Verbindung zu bringen.«
    »Ich glaube, ich habe Arrhidaios einen erklärten Verräter genannt. Ich habe ihm nichts vorgeworfen.«
    Der Ausdruck auf Aristoteles’ Gesicht zeigte, daß er eher belustigt denn verärgert war, was Philipp allerdings nicht gerade vorzog. Deshalb redete er einfach weiter.
    »Wie geht es ihm?« fragte er.
    »Recht gut, kann ich mir vorstellen.« Aristoteles zuckte die Achseln, als langweilte es ihn, darüber zu reden. »Er hat bestimmt seine Gönner – einen fremden Prinzen als Schützling zu haben, ist immer ein Vorteil.«
    Als Philipp nur verständnislos dreinschaute, lächelte Aristoteles, und Philipp wußte, daß er nun eine Lektion in politischer Klugheit über sich ergehen lassen mußte. Er war nicht besonders angetan davon, daß sein Freund ihn wie einen grünen Jungen behandelte, der frisch vom Ende der Welt kam, aber er befürchtete, daß ihm so etwas nun bevorstand. Er beschloß, zu schweigen und seinem Freund das Vergnügen zu lassen.
    »Athen hat Interessen im Norden, für die Makedonien eine mögliche Bedrohung ist«, begann Aristoteles in einem Tonfall, den er von einem seiner Lehrer übernommen haben mußte. »Es hat Kolonien in Chalkidike und Thrakien, und es muß immer darauf achten, daß es seinen Zugang zum Schwarzen Meer behält. Solange Makedonien schwach und in Aufruhr ist, kann Athen tun, was es will, und das Haus der Argeaden tut ihm den Gefallen, mit schöner Regelmäßigkeit gegen den jeweiligen Throninhaber aus seinen eigenen Reihen Ränke zu schmieden und ihn zu ermorden. Deshalb ist es für Athen ein großer Vorteil, Arrhidaios in der Hinterhand zu haben, da es in ihm jemanden besitzt, mit dem es dem Prinzen Ptolemaios drohen kann – oder demjenigen, der gerade die Macht hat. Ein möglicher Thronbewerber ist soviel wert wie eine kleine Armee, aber im Unterhalt viel billiger.«
    Er sah Philipp an und lächelte noch einmal.
    »Deshalb hat Ptolemaios, zumindest im Augenblick, vielleicht gar nicht so unrecht, wenn er Arrhidaios des Verrats bezichtigt, da er zwar noch keinen offenen Schlag gegen den Frieden in unserem Heimatland geführt hat, aber zumindest dazu bereit und in der Lage ist.«
    Philipp

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