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Der Makedonier

Der Makedonier

Titel: Der Makedonier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Guild
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Maßstab? Ich habe diese beschwerliche Reise unternommen, um mit den Athenern über Fragen des Handels und der Militärpolitik zu verhandeln, und ich bin verpflichtet, an nichts anderes zu denken als an Thebens Vorteil. Ersetze Thebens Interessen durch meine eigenen, und ich bin ein Kaufmann aus Lydien, der mit dem Fleisch junger Mädchen handelt. Oder ein Rhetoriklehrer, der seinen Studenten beibringt, wie man am wirkungsvollsten Geschworenen das Hirn vernebelt. Im Gegensatz dazu ist ein Politiker geradezu ein Muster an Offenheit und Großherzigkeit, da er seine Betrügereien auf Fremde beschränkt.«
    »Dann hatte der Lydier also recht – das Leben ist ein Hurenhaus.«
    »Sagen wir lieber, es ist ein Krieg, und das Glück besteht darin, ihn nicht nur für sich selbst führen zu müssen.«
     
    Am nächsten Morgen brach Pammenes früh auf, um sich jemanden zu suchen, mit dem er seinen Vertrag aushandeln konnte, und Philipp konnte tun, was er wollte. Er war nun schon einige Monate weg von zu Hause, und der Gedanke, noch eine fremde Stadt allein erkunden zu müssen, stimmte ihn traurig. Er sehnte sich nach einem bekannten Gesicht. Soweit er wußte, gab es in Athen nur ein einziges, das seines langjährigen Freundes Aristoteles. Deshalb fragte er, als er den Marktplatz erreichte, nach dem Weg zur Schule des Philosophen Platon.
    »O ja, die liegt ungefähr eine Viertelstunde Fußmarsch außerhalb der Stadttore. Folge einfach der Straße, bis du zum Hain des Akademos kommst – du erkennst ihn sofort, wenn du ihn siehst. Hast du vor, dich einzuschreiben, junger Mann? Und wirst du dann in ein oder zwei Jahren in deine Stadt zurückkehren und dort die Regierung stürzen?«
    Den alten Steinmetz, den Philipp gefragt hatte, schien seine Bemerkung sehr zu belustigen. Er legte sein Werkzeug auf den Marmorblock, an dem er gearbeitet hatte, um ungehinderter über seinen Witz lachen zu könnnen.
    »Geht man dorthin, um Politik zu studieren?« fragte Philipp nachdem das Gelächter so weit abgeklungen war, daß er glaubte, sich verständlich machen zu können. »Ich hatte mir etwas anderes vorgestellt.«
    »Es ist eine Schule für Verrat und Gotteslästerung, das sagen zumindest die Leute«, antwortete der Steinmetz, nachdem er sich die Tränen aus den Augen gewischt hatte. Die Bemerkung hatte jedoch nichts Gehässiges an sich. »Ich selbst habe so meine Zweifel. Ich habe Sokrates gekannt, dessen Schüler Platon zu sein behauptet – seine Werkstatt war gleich hier neben der meinen, und ich war damals noch der Lehrling meines Vaters. Er war eigentlich ziemlich harmlos, aber faul und ein schlechter Arbeiter. Wenn der an einem Kapitell gemeißelt hat, wurde es immer ein bißchen schief. Aber das macht aus einem Mann noch keinen Verbrecher. Doch dann, nach dem Krieg mit Sparta, waren alle ziemlich gereizt, und da hat man ihn seinen Schierlingsbecher trinken lassen. In solchen Zeiten kann sich eben ein Narr, der in den Klang seiner eigenen Stimme verliebt ist, seines Lebens nicht sicher sein.«
    Philipp dankte dem Mann und schlug den Weg ein, der zum Haupttor führte. Er wußte nicht so recht, was ihn mehr beeindruckte: daß die Athener ihre Philosophen hinrichteten oder daß sie der Philosophie genug Bedeutung zumaßen, um sich überhaupt die Mühe zu machen? Sicherlich konnte nicht in jeder Stadt ein beliebiger Handwerker einem Fremden den Weg zur Tür des örtlichen Philosophen weisen. Kein Wunder, daß Aristoteles unbedingt hatte hierher kommen wollen.
    Die Straße, die ins offene Land hinausführte, war gerade und viel befahren, und der Staub, der sehr schnell die Füße des Wanderers bedeckte, war von den Rädern unzähliger Ochsenkarren fein gemahlen worden. Obwohl es Vormittag war, brannte die Sonne bereits heiß auf Philipps Nacken. Er fragte sich, ob Aristoteles vielleicht einen Krug Wein bei sich hatte, oder ob Philosophen über das Leiden an der Hitze erhaben waren.
    Der Hain des Akademos war ein angenehmer Ort. Fliegen summten im Schatten der Platanen, die einst in geraden Reihen angepflanzt worden und nun so groß geworden waren, daß ihre Kronen aneinanderstießen und einen dichten Baldachin bildeten. Männer standen zu zweit oder zu dritt beisammen, und manchmal saßen bis zu zehn oder fünfzehn zu Füßen eines weisen Lehrers und schrieben eifrig auf ihre Wachstafeln. Überall war das Murmeln von Stimmen zu hören.
    Philipp fand Aristoteles allein unter einem Baum sitzend und in einer Pergamentrolle lesend. Aristoteles

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