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Der Makedonier

Der Makedonier

Titel: Der Makedonier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Guild
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wohlüberlegt. »Ich wurde ausgesucht.«
     
    Es zeigte sich, daß die Athener nichts davon hielten, es fremden Diplomaten so bequem wie möglich zu machen, denn die thebanische Abordnung mußte sich ihre Unterkunft selbst suchen. Sie kamen schließlich in einem Gasthof nahe am Meer unter, wo niemand auf den Gedanken zu verfallen schien, Pammenes und sein junger Begleiter könnten etwas anderes sein als gewöhnliche Reisende. An diesem Abend aßen sie in Gesellschaft des Kapitäns eines Handelsschiffs aus Syrakus und eines lydischen Sklavenhändlers, der unterwegs war, um für eine Reihe von ägyptischen Hurenhäusern Mädchen einzukaufen. Das Tischgespräch war nicht nur unterhaltend, sondern auch sehr lehrreich.
    »Das Leben selbst ist ein Hurenhaus«, bemerkte der Lydier in flüssigem, aber fremdländisch klingendem Griechisch. »Man zahlt an der Tür, trifft nur nach dem Augenschein eine Entscheidung, und wenn man wieder hinausgeht, merkt man, daß das Erlebnis die Erwartungen nicht erfüllt hat. Das ist das beständig sich wiederholende Grundmuster im Leben eines jeden Mannes – man ist immer enttäuscht und immer überrascht, daß man es ist. Wir sind alle Narren, aber die Athener sind die größten Narren, weil sie an die Möglichkeit der Weisheit glauben. Habt ihr ihren Philosophen zugehört? Ich bin froh, ein ehrlicher Mann zu sein, der nur mit Huren handelt.«
    »Athen ist gar nicht so schlecht«, erwiderte der Kapitän, der schon über sechzig war und offensichtlich aus einem abgelegenen Teil Italiens stammte. Er hob seine Trinkschale mit den Fingerspitzen an, hielt sie am Rand fest, wie um ihr Gewicht zu prüfen, und stellte sie wieder ab. »Aber ich würde lieber als Bauer mit Mist zwischen den Zehen in der Erde wühlen, als in einer Stadt leben. Wenn ich länger in einer Stadt bin, als es nötig ist, um meine Ladung loszuwerden, lande ich immer vor Gericht. Ich glaube, die Hälfte der Städter zwischen An-tiochia und Karthago lebt nur davon, Fremde zu verklagen. In den Städten schwärt die Verderbtheit. Übrigens, wenn du in ein oder zwei Tagen deine Käfige schon gefüllt hast, kann ich dir eine billige Überfahrt nach Naukratis anbieten, weil dort eine Ladung Papyrus auf mich wartet.«
    Sofort kam in dem Lydier wieder der gerissene Geschäftsmann zum Vorschein. Mit zusammengekniffenen Augen sah er sein Gegenüber an.
    »Wieviel verlangst du?«
    Das schien eine Frage zu sein, deren Beantwortung äußersten philosophischen Scharfblick verlangte. Der Kapitän starrte einen Augenblick lang ins Leere, als hörte er auf eine innere Stimme, und sagte schließlich: »Eine halbe Drachme pro Kopf.«
    »Ich bin sicher, daß du für deine augenblickliche Ladung bei weitem nicht so viel bekommst.« Der Lydier lächelte. Er war kein Mann, der sich übers Ohr hauen ließ. »Was war es gleich wieder? Wein?«
    »Ja, das stimmt. Aber Wein hinterläßt einen sauberen u nd wohlriechenden Laderaum. Frauen dagegen sind eine schmutzige Fracht. Befördere mit einem Schiff nur ein Jahr lang Sklaven, und du bekommst den Gestank nicht mehr heraus. Nach drei Jahren kannst du es nur noch an Land ziehen und verbrennen.«
    »Meine Mädchen sind jung und gesund. Die Hälfte von ihnen hatte noch nicht mal ihre Periode.«
    »Die Jungen sind die schlimmsten. Nach zwei Tagen im Laderaum stinken die wie Frettchen.«
    »Ich biete dir eine Drachme für je drei Mädchen an, nur weil ich keine Lust habe, lange nach einem anderen Schiff zu suchen.«
    Einen Augenblick lang runzelte der Kapitän die Stirn. Es sah beinahe so aus, als fühlte er sich beleidigt. Doch dann wurde sein Gesicht wieder glatt, und man erkannte, daß die kurzzeitige Veränderung des Ausdrucks einen anderen Grund hatte. »Zwei Drachmen für fünf.«
    »Abgemacht.«
    Nachdem der Handel abgeschlossen war, verfielen die beiden Männer in Schweigen, als könnten sie sich nun auch in der harmlosesten Unterhaltung nicht mehr trauen. Pammenes, der während des gesamten Essens geschwiegen hatte, sah Philipp an und lächelte.
    »Es erheitert mich immer, wenn Männer über die Skrupellosigkeit in der Politik reden«, sagte er später, als sie zum Hafen hinuntergegangen waren, um der Hitze zu entkommen – die Sonne war zwar schon längst untergegangen, aber die Mauern des Hauses speicherten die Wärme, und ein frischer Wind vom Meer war deshalb sehr willkommen. »Aber was ist Politik denn anderes als die gewöhnlichen Beziehungen des Alltagslebens in einem etwas größeren

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