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Der Maler Gottes

Der Maler Gottes

Titel: Der Maler Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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rund wie eine reife Kirsche, lacht ihn an, am Kinn glänzt ein rundes Grübchen. Die Zähne sind so weiß wie frisch geborene Zicklein, und schön ist auch das Haar. Rotgolden fällt es dem Mädchen über die Schultern bis hinab auf die Hüfte, bedeckt einen Teil des Gesichts wie ein Schleier aus kostbarer Seide. Ein Strahlenkranz aus leuchtendem Haar, ein Heiligenschein, der die ganze Gestalt des Mädchens umschwebt. Matthias starrt sie an und kann nicht beschreiben, was ihn an diesem Mädchen fasziniert. Sie ist nicht schön im eigentlichen Sinne. Viel zu hoch ist ihre Stirn, so fliehend, dass die Ausgewogenheit des Gesichtes gestört ist, die schmalen Brauen scheinen dort zu sitzen, wo bei anderen Mädchen schon die Nase beginnt. Was also ist so eindrucksvoll an Magdalena? Ist es der Ausdruck ihrer Augen, ist es ihre Mimik, die sie heraushebt aus der Masse der anderen? Matthias starrt sie an, will das Besondere mit seinen Augen erfassen, festhalten, benennen, doch es gelingt ihm nicht.
    »Ist alles nach Wunsch?«, fragt das Mädchen mit einer Stimme, heller und reiner als die Glocken, die zur Messe läuten, und beugt sich über den Tisch, so dass Matthias das prall gefüllte Mieder sehen kann. Er starrt mit offenem Mund, kann kaum nicken, viel weniger noch sprechen. Das Mädchen lacht. »Du bist keiner aus der Stadt«, sagt sie, setzt sich zu ihm, bricht das Brot und reicht ihm ein Stück. Matthias schüttelt den Kopf, stammelt: »Aus Grünberg komme ich und will nach Frankfurt, einen neuen Lehrmeister suchen.«
    »Einen Lehrmeister? Was soll er dich lehren?«
    »Das Handwerk des Malers und Bildschnitzers.«
    »Ein Maler bist du?«, fragt sie und lacht mit weit nach hinten geworfenem Kopf. »Beweise es mir! Zeichne mich! Warte, ich hole Kohle und Papier.«
    Sie springt auf und eilt mit fliegenden Röcken aus der Stube.
    Matthias kann die Kohle kaum in seinen feuchten, verschwitzten Händen halten, als er das Mädchen Magdalena zeichnet. »Dein Haar bedeckt deine linke Wange. Mach es weg, dann kann ich dich besser zeichnen.« Das Mädchen schüttelt den Kopf und zieht das Haar noch weiter ins Gesicht.
    Der Haferbrei ist längst kalt, das bisschen Fett darauf erstarrt, als er fertig ist.
    Er reicht dem Mädchen das Blatt. Magdalenas Gesicht zeigt Bestürzung. »Du hast mich als eine Heilige gemalt!« Und als sie diesen Satz ausspricht, erkennt Matthias das Besondere an dem Mädchen. Sie trägt die Unschuld, die Arglosigkeit, die Gutgläubigkeit eines Kindes im Gesicht – eine Unschuld und Reinheit, die im krassen Gegensatz zu dem steht, was sie hier in der Mühle tut. Es ist die Doppelgesichtigkeit, das Widersprüchliche, das ihn reizt.
    Matthias nickt, Magdalena schüttelt den Kopf, reicht ihm das Blatt zurück: »Da, nimm! Ich will es nicht haben. Ich bin keine Heilige, ich bin eine freie Tochter, eine gemeine Frau, eine Dirne.«
    Jetzt schüttelt Matthias den Kopf. »Deine Augen sind rein und voller Tugend. So rein, gütig und alles verstehend wie die Augen einer Heiligen. Ich kann darin deine Seele sehen…«
    Matthias will weitersprechen, doch in diesem Moment reißt der Müller die Stubentür auf und geleitet zwei Reiter mit schlammbespritzten Beinkleidern herein. Der mantelartige Waffenrock mit dem Messer im Gürtel verrät sie als Wachmannen einer Burg. Bedienstete eines Ritters mögen sie sein, die in die Stadt geschickt wurden, um eine Nachricht zu überbringen oder einen Auftrag zu erledigen.
    »Magdalena, kümmere dich um die Gäste«, ruft der Müller barsch, dann wendet er sich an Matthias, verfällt vom höflichen »Ihr« ins »Du« des Herrn dem Niederen gegenüber.
    »Du kannst in der Scheune schlafen, die Kammern im Haus sind nun alle belegt. Geh, denn jetzt warten die anderen auf den Nachtisch, den du verschmäht hast.« Er wedelt mit der Hand, als sei Matthias eine lästige Stubenfliege, und wendet sich anbiedernd den Reitern zu. Die Reiter grinsen verächtlich auf den Jungen herab, und einer klatscht Magdalena derb seine schwielige Hand auf den Hintern, so dass das Mädchen zusammenzuckt. Matthias steht auf, nimmt das Blatt und reicht es erneut Magdalena. Das Mädchen schlägt den Blick nieder und schüttelt den Kopf. »Nimm es«, sagt Matthias. »Es zeigt dich, wie du bist.«
    Er drückt ihr das Blatt in den steifen Arm, ehe der Müller seine Hand danach ausstrecken kann, dann greift er sein Bündel, nimmt die Laterne und verlässt die Stube. Im Gehen hört er, wie der Müller mit den beiden

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