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Der Maler Gottes

Der Maler Gottes

Titel: Der Maler Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Jüngers Johannes. Vorsichtig klopft er die Erde glatt und stellt die Statue auf das Grab. Es ist sein Abschiedsgeschenk, denn Matthias ahnt bereits, dass er nie mehr nach Grünberg zurückkehren wird.
4. K APITEL
    Matthias wandert von Grünberg aus über die sanften Hügel des Vogelsberges, kommt am zweiten Tag bis zum Städtchen Friedberg und sieht am Abend des dritten Tages in der Ferne die Kirchtürme Frankfurts im Schein der untergehenden Sonne. Er weiß, dass er die Stadt erst nach Schließung der Tore erreichen würde, deshalb sieht er sich nach einer Herberge um. Es ist der März des Jahres 1499, und die Nächte sind noch zu kalt, um sich draußen auf einer Wiese oder unter einem Baum einen Schlafplatz zu suchen. Er schaut sich um, doch außer einer Wassermühle befinden sich weit und breit kein Hof und kein Haus in der Nähe. Das Klappern des großen Mühlrades durchbricht als einziges Geräusch die Abendstille. Matthias seufzt. Ausgerechnet eine Mühle! Selbst in Grünberg hatte jeder gewusst, dass der Müller zumeist nicht der Einzige ist, der vor den Toren einer Stadt in der Mühle sein Gewerbe anbietet. Und auch Matthias kennt den Unterschied zwischen Straßen-, Bäder-und Mühlendirnen aus den Erzählungen der Männer im Wirtshaus. Schwankend zwischen Neugier und Furcht, nähert er sich der Mühle.
    Matthias ist fast enttäuscht, als auf sein Klopfen ein hagerer Mann mit mehlbestäubtem Kittel öffnet. »Was wollt Ihr?«, fragt er nicht unfreundlich, doch nach einem Blick auf Matthias’ bäuerliche Kleidung, die schäbigen Beinkleider, das grobe Wams verdüstert sich sein Blick. Der hier hat keinen roten Heller in der Tasche, denkt er.
    »Eine Herberge für die Nacht und vielleicht eine Schüssel Hafergrütze«, erwidert Matthias.
    »Kannst du bezahlen?«, fragt der Müller barsch und baut sich breit in der Tür auf. Matthias nickt. Er hat noch immer den Gulden, den er damals von dem Antonitermönch für sein Marienbild bekommen hat. Und die Mutter hat ihn beim Abschied noch einige kleine Geldstücke zugesteckt. Jetzt zieht Matthias den Geldbeutel aus der Tasche und hält ihn dem Müller klimpernd vors Gesicht. Der volle Beutel zaubert ein falsches Lächeln um den Müller-Mund, und ein gieriges Glitzern tritt in seine Augen. Eine pralle Börse, woher hat ein Bauernlümmel wie der so viel Geld?, denkt er und sieht die Münzen schon in seine Taschen wandern. »Kommt herein, nur herein mit Euch«, sagt er leutselig und klopft dem Gast auf die Schulter. »Magdalena, schür das Feuer. Wir haben einen Herbergsgast«, ruft er in Richtung Küche, dann führt er Matthias in einen Raum, der einer Wirtsstube ähnelt. »Setzt Euch, das Mädchen wird Euch eine Schüssel Grütze und einen Krug Wein bringen. Und einen rechten Batzen Fleisch dazu.«
    »Nein, kein Fleisch. Eine Schüssel Grütze nur und einen Krug Wasser. Das reicht.«
    Der Müller verzieht das Gesicht, dann besinnt er sich und grinst. »Ihr seid bescheiden, junger Mann, verschmäht den guten Braten und den köstlichen Wein. Doch wenn Ihr Appetit auf einen guten Nachtisch habt, so sagt Magdalena Bescheid. Sie wird Euch jeden Wunsch von den Augen ablesen.«
    Matthias fühlt brennende Röte im Gesicht. Ertappt senkt er den Blick, zuckt unbeholfen mit den Schultern und will zu einer Erwiderung ansetzen. Doch die Worte bleiben in seiner Kehle stecken. Er schluckt und krächzt in viel zu hoher Tonlage: »Danke, Meister, ich brauche keinen Nachtisch.«
    »So?«, erwidert der Müller und leckt sich die Lippen. »Wartet, bis Ihr Magdalena gesehen habt. Eine Haut wie Milch und Honig und Lippen wie Zuckerstücke. Da hat noch jeden die Naschlust überfallen. Und sie kostet nicht viel, ist fast geschenkt. Für ein paar Groschen könnt Ihr sie die ganze Nacht haben und eine gute Kammer mit weicher Bettstatt dazu.«
    Hartnäckig schüttelt Matthias den Kopf und wagt noch immer nicht, die Augen zu heben.
    Der Müller lacht, haut ihm derb auf die Schulter, sagt: »Einmal ist immer das erste Mal«, und stapft derben Schrittes aus der Stube.
    Einen Moment später hört Matthias leise, leichte Schritte, eine Schüssel wird über den Tisch geschoben, ein Korb mit Brot dazu. Matthias sieht hoch in ein ovales Gesicht, mit schön geschnittenen, ovalen Augen, die unter den schweren Lidern ein bisschen verhangen wirken. Blaugrau wie zarte Nebelschleier am Morgen, die sich gerade auflösen wollen. Darunter eine schmale, gerade richtig große Nase, der Mund, so groß, rot und

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