Der Mann auf dem Balkon
Zimmer und das neben der Eßecke, führten zur Straße und waren ebenso wie die Balkontür geschlossen. Es roch muffig nach abgestandener Luft.
Die Wohnung war nicht verkommen oder unordentlich, wirkte aber irgendwie schäbig und sehr kahl. Im Zimmer standen nur drei Möbelstücke: ein ungemachtes Bett mit einer zerschlissenen roten Steppdecke und einem relativ schmutzigen Laken, ein Korbstuhl am Kopfende des Bettes und an der gegenüberliegenden Wand eine niedrige Kommode. Keine Gardinen an den Fenstern, kein Teppich auf dem Linoleumfußboden. Auf dem Stuhl, der auch als Nachttisch benutzt wurde, stand eine Untertasse, daneben lagen eine Streichholzschachtel und eine Nummer der Samälands-Posten. Dieser Zeitung konnte man ansehen, daß sie gelesen worden war. Auf der Untertasse lagen ein wenig Tabakasche, sieben abgebrannte Streichhölzer und kleine, zusammengeknüllte Kugeln aus Zigarettenpapier.
Über der Kommode hing die eingerahmte Reproduktion eines Ölgemäldes, das zwei Pferde und eine Birke darstellte. Auf der Kommode stand außerdem ein Zierstück, eine glasierte blaue Keramikschüssel. Leer. Das war alles.
Kollberg betrachtete das Zimmer vom Korbstuhl aus und sagte: »Er hebt die Zigarettenstummel auf und raucht sie in der Pfeife.« Martin Beck nickte.
Sie gingen nicht auf den Balkon hinaus, sondern begnügten sich damit, durch die Glasscheiben der geschlossenen Tür zu blicken. Der Balkon hatte ein Eisengeländer und Seitenwände aus Wellblech. Ein gefirnißter Gartentisch und ein Klappstuhl standen dort. Der Stuhl wirkte alt, die Holzteile waren abgenutzt, und der Segeltuchsitz war ausgeblichen.
In der Garderobe hingen ein relativ sauberer brauner Anzug, ein abgetragener Wintermantel und ein paar braune Manchesterhosen. Auf dem Bord lagen eine Pelzmütze und ein Wollschal. Auf dem Fußboden standen ein Paar ausgetretene braune Stiefel und ein einzelner schwarzer Schuh, anscheinend Größe 40.
»Kleine Füße«, sagte Kollberg. »Ich bin neugierig, wo wir den anderen finden.«
Sie fanden ihn einige Minuten später im Besenschrank neben einem Putzlappen und einer Schuhbürste. Soweit sie es bei der schlechten Beleuchtung erkennen konnten, war der Schuh mit irgend etwas beschmiert. Da sie nichts anfassen wollten, begnügten sie sich damit, gedankenvoll in den Verschlag zu starren.
In der Küche entdeckten sie auf dem Gasherd eine große Streichholzschachtel, daneben einen Kochtopf mit Essenresten. Es sah aus wie Haferflockenbrei und war völlig eingetrocknet. Auf dem Abwaschtisch standen eine emaillierte Kaffeekanne und eine Tasse mit einer dünnen Schicht Kaffeegrund auf dem Boden. Staubtrocken.
Außerdem ein Suppenteller und eine Blechdose mit gemahlenem Kaffee. An der gegenüberliegenden Wand standen ein Kühlschrank und zwei Küchenschränke mit Schiebetüren. Sie öffneten alle drei. Im Kühlschrank lagen ein geöffnetes Halbpfundpaket Margarine, zwei Eier und ein Stückchen Wurst, das mit einer Schimmelhaut überzogen war.
Der eine Schrank wurde für Porzellan benutzt, der andere diente als Speisekammer. Einige Teller, Tassen und Gläser, eine Schüssel, Salz, ein halbes Brot. Ein Paket Stückenzucker und eine Tüte Haferflocken. In der Schublade fanden sie ein Aufschnittmesser und ein paar zusammengewürfelte Bestecke.
Kollberg berührte das Brot. Es war steinhart.
»Er ist offenbar eine Weile nicht zu Hause gewesen«, sagte er.
»Ja«, stimmte Martin Beck zu.
Unter dem Abwaschtisch waren eine Bratpfanne und Kochtöpfe untergebracht, und in dem offenen Raum unter dem Becken stand die Mülltüte. Sie war noch fast leer. Beim Fenster in der Eßecke standen ein roter Küchentisch mit Seitenklappen und zwei Rohrstühle, auf dem Tisch zwei Dreiviertel-Liter-Flaschen und ein benutztes Trinkglas. Die Flaschen hatten gewöhnlichen, süßen Vermouth enthalten. In der einen war noch ein Rest.
Fensterbrett und Tischplatte waren dünn mit einer fettigen Schmutzschicht bedeckt, offensichtlich Smog von der Straße, der durch die Ritzen des geschlossenen Fensters eingedrungen war.
Kollberg ging in die Toilette und sah sich um, kam aber nach einer halben Minute zurück und schüttelte den Kopf.
»Dort ist nichts.«
In den obersten beiden Kommodenschubladen fanden sie ein paar Hemden, eine Strickjacke, Strümpfe, Unterwäsche, zwei Schlipse. Alles wirkte abgetragen, aber sauber. Die untere Schublade enthielt schmutzige Wäsche und einen Wehrpaß.
Sie schlugen ihn auf und lasen: 2521-7-46 FRANSSON,
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