Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann auf dem Balkon

Der Mann auf dem Balkon

Titel: Der Mann auf dem Balkon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
Vom Netzwerk:
ich ihn nicht mehr gesehen. Das weiß ich bestimmt.«
    Martin Beck ließ das Fernglas sinken und warf Kollberg einen schnellen Blick zu. Sie brauchten keinen Kalender, um zu wissen, was an jenem Freitag passiert war.
    »Am Neunten also«, sagte Kollberg.
    »Stimmt genau. Aber trinken Sie doch noch etwas Kaffee.«
    »Nein danke«, wehrte Martin Beck ab.
    »Einen kleinen Schluck noch.«
    »Nein danke«, sagte auch Kollberg.
    Sie füllte die Tassen und sank aufs Sofa. Kollberg setzte sich auf die Stuhlkante und verzehrte schnell ein Stück Mandelkuchen.
    »Und dieser Mann war immer allein?« fragte Martin Beck.
    »Ja, ich habe zumindest nie jemanden bei ihm gesehen. Er wirkte so einsam, daß er mir beinahe leid tat. Es ist immer dunkel in der Wohnung, und wenn er nicht auf dem Balkon steht, sitzt er am Küchenfenster. Das macht er, wenn es regnet. Aber ich habe nie bemerkt, daß er Besuch hatte. Aber trinken Sie doch Ihren Kaffee und erzählen Sie, was mit ihm los ist. So hat es sich doch gelohnt, daß ich angerufen habe. Aber reichlich lange hat es gedauert, reichlich lange…«
    Martin Beck und Kollberg hatten ihren Kaffee bereits hinuntergestürzt und standen auf.
    »Danke, Frau Andersson, es hat ausgezeichnet geschmeckt. Auf Wiedersehen. Nein, danke, wir kommen schon allein zurecht.«
    Sie zogen sich fluchtartig in den Flur zurück.
    Als sie aus der Haustür kamen, wollte Kollberg gesetzestreu den dreißig Meter entfernten Fußgängerstreifen benutzen, doch Martin Beck packte ihn am Arm, und sie gingen schnell über die Fahrbahn zu dem Haus auf der anderen Straßenseite.

27
    Martin Beck stieg die drei Treppen hinauf, Kollberg nahm den Fahrstuhl. Sie trafen sich vor der Tür und betrachteten sie aufmerksam. Eine gewöhnliche braune Holztür, die nach außen aufging, mit Sicherheitsschloß, einer Briefklappe aus Messing und einem ungeputzten Türschild aus Weißmetall. Auf dem Schild stand in schwarzen Blockbuchstaben der Name eingraviert: I. Fransson. Es war still im Haus. Kollberg legte das rechte Ohr an die Tür und lauschte. Dann kniete er sich mit dem rechten Knie auf den Steinfußboden und hob vorsichtig und lautlos die Klappe des Briefschlitzes einige Zentimeter in die Höhe. Lauschte. Ließ die Klappe genauso lautlos, wie er sie geöffnet hatte, wieder sinken, stand auf und schüttelte den Kopf. Martin Beck zuckte die Schultern, streckte die rechte Hand aus und drückte auf den Klingelknopf. Nichts zu hören. Vermutlich funktionierte die Klingel nicht. Er klopfte leicht mit dem Knöchel an die Tür. Ohne Erfolg. Kollberg ballerte mit der Faust dagegen. Nichts geschah.
    Sie verzichteten darauf, die Tür selbst zu öffnen. Sie stiegen eine halbe Treppe tiefer und besprachen leise, was zu tun sei. Dann ging Kollberg, um die Formalitäten zu erledigen und einen Experten herbeizurufen. Martin Beck blieb auf der Treppe stehen und ließ die Tür nicht aus den Augen.
    Bereits nach einer Viertelstunde kam Kollberg mit dem Fachmann zurück. Dieser warf einen berufsmäßig abschätzenden Blick auf die Tür, ging in die Knie und steckte ein langes und biegsames Greifinstrument durch den Briefschlitz. Da dieser keinen Einbrecherschutz hatte, konnte er schon nach weniger als dreißig Sekunden die Türklinke von innen fassen und sie herunterziehen. Martin Beck schob den Fachmann beiseite und zog die Tür mit dem linken Zeigefinger auf. Die alten, ungeölten Scharniere quietschten.
    Sie blickten in einen Flur mit zwei offenen Türen. Die linke führte in die Küche und die rechte in das offensichtlich einzige Zimmer der Wohnung. Auf der Fußmatte lag ein Haufen Post, soweit sie sehen konnten hauptsächlich Zeitungen, Reklamezettel und Prospekte. Die Toilette war rechts im Flur gleich neben dem Eingang.
    Nur der Verkehrslärm vom Sveavägen war zu hören.
    Martin Beck und Kollberg stiegen vorsichtig über den Poststapel und sahen in die Küche. Am Fenster zur Straße hin war eine kleine Eßecke.
    Kollberg warf einen Blick in die Toilette, während Martin Beck ins Zimmer trat. Direkt vor sich hatte er die Balkontür, und gleich hinter sich zur Rechten sah er eine weitere Tür. Sie führte zu einer Garderobe. Kollberg wechselte einige Worte mit dem Fachmann für das Öffnen von Schlössern, zog dann die Wohnungstür zu und kam ins Zimmer.
    »Niemand zu Hause«, sagte er.
    Sie gingen die Wohnung durch, systematisch, aber mit äußerster Vorsicht, und bemühten sich, so wenig wie möglich zu berühren.
    Die Fenster, das vom

Weitere Kostenlose Bücher