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Der Mann auf dem Balkon

Der Mann auf dem Balkon

Titel: Der Mann auf dem Balkon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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Er würde dort das Gebäck kaufen und dann zum Revier zurückgehen, zum Kaffeetrinken.
    Eine kleine Glocke bimmelte, als er die Tür des Ladens öffnete. Eine ältere Frau in karierter Kittelschürze stand vor dem Ladentisch und unterhielt sich mit der Verkäuferin.
    Kvist legte die Hände auf den Rücken und wartete. Er sog den Duft frischgebackenen Brotes ein und dachte, daß diese kleinen Bäckereien bald Seltenheitswert haben würden.
    Bald verschwinden sie alle, und man kann nur noch Brot aus der Fabrik in Plasteverpackung kaufen. Das ganze schwedische Volk wird genau das gleiche Brot essen, die gleichen Schnecken und das gleiche Zuckergebäck, sagte sich der Polizist Kvist.
    Kvist war zwar erst zweiundzwanzig Jahre alt, hatte aber oft das Gefühl, daß seine Kindheit sehr weit zurücklag. Er hörte zerstreut der Unterhaltung der beiden Frauen zu. .
    »Und der alte Palm in der Einundachtzig ist gestorben«, sagte die Dicke in der Kittelschürze.
    »Ja, aber das ist vielleicht gut so«, meinte die Verkäuferin. »Er war ja schon alt und gebrechlich.«
    Die Verkäuferin war eine ältere grauhaarige Frau in weißem Kleid.
    Sie warf einen Blick auf Kvist und packte gewandt die Waren in die Tasche der Kundin. »Ist das alles, Frau Andersson? Keine Sahne heute?«
    Die Kundin nahm pustend und stöhnend ihre Tasche auf. »Nein, heute keine Sahne. Und schreiben Sie es an wie immer. Danke, auf Wiedersehen.«
    Die Dame ging auf die Tür zu, und Kvist beeilte sich, sie ihr aufzuhalten.
    »Auf Wiedersehen, kleine Frau Andersson«, sagte die Verkäuferin.
    Die Frau schob sich mit einem kurzen Nicken an Kvist vorbei. Er grinste innerlich, weil es ja wirklich lächerlich klang, ein so dickes Weib »kleine Frau Andersson« zu nennen, und wollte gerade die Tür hinter ihr schließen, als ihn plötzlich ein Gedanke durchzuckte. Die Verkäuferin starrte ihm nach, als er ohne ein Wort zu sagen den Laden verließ.
    Als er die Frau in der Kittelschürze eingeholt hatte, war sie gerade dabei, in der Haustür neben der Bäckerei zu verschwinden. Kvist machte eine kleine Verbeugung und fragte: »Frau Andersson? Heißen Sie so?«
    »Jaa?«
    Er nahm ihr die Tasche ab und hielt ihr die Tür auf. Als sie sich hinter ihnen geschlossen hatte, fragte er: »Entschuldigen Sie meine Frage, aber haben Sie vielleicht am Freitag, dem 2. Juni, vormittags die Kriminalpolizei angerufen?«
    »Am 2. Juni? Ja, ich habe mal die Polizei angerufen. Es kann der 2. gewesen sein.
    Wieso?«
    »Warum haben Sie angerufen?« wollte Kvist wissen.
    Ihm war ein gewisser Eifer anzumerken, und die Frau, die Andersson hieß, sah ihn verwundert an.
    »Ich habe mit einem Detektiv gesprochen, oder was er nun war. Unverschämter Kerl. War überhaupt nicht interessiert. Ich wollte eine Beobachtung melden. Dieser Mann da hatte auf seinem Balkon gestanden…«
    »Darf ich Sie nach oben begleiten und Ihr Telefon benutzen?« unterbrach Kvist die Frau und war schon auf dem Weg zum Fahrstuhl. »Ich werde Ihnen alles gleich erklären.«

26
    Martin Beck legte den Hörer auf und rief Kollberg. Dann knöpfte er sich die Jacke zu, stopfte Zigaretten und Streichhölzer in die Tasche und sah auf seine Armbanduhr. Fünf Minuten vor zehn. Kollberg erschien an der Tür.
    »Weshalb brüllst du so?« fragte er.
    »Sie haben sie gefunden. Frau Andersson. Granlund vom Neunten hat gerade angerufen. Sie wohnt im Sveavägen.«
    Kollberg verschwand im Nebenzimmer und kam, seine Jacke im Laufen anziehend, sofort zurück.
    »Sveavägen«, sagte er nachdenklich und sah Martin Beck an. »Wie haben sie sie gefunden? Durch Fragen von Tür zu Tür?«
    »Nein, ein Polizist vom Neunten traf sie in einer Bäckerei, als er Kuchen kaufen wollte.«
    Als sie die Treppe hinuntergingen, sagte Kollberg: »War es nicht Granlund, der immer die Kaffeepause abschaffen wollte? Nun ändert er vielleicht seine Meinung.« Frau Andersson betrachtete die beiden kritisch durch den Türspalt.
    »War das vielleicht einer von Ihnen, mit dem ich an dem bewußten Morgen gesprochen habe?« erkundigte sie sich.
    »Nein«, entgegnete Martin Beck gewandt, »das war der Erste Kriminalassistent Larsson.«
    Frau Andersson hakte die Sicherheitskette ab und ließ sie in den kleinen, dunklen Flur eintreten.
    »Kriminalassistent oder nicht«, sagte sie, »unhöflich war er auf jeden Fall. Wie ich schon zu diesem jungen Polizisten gesagt habe, der mich hinaufbegleitet hat: ›Die Polizei soll dankbar sein, wenn man etwas meldet. Wer weiß‹,

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