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Der Mann auf dem Balkon

Der Mann auf dem Balkon

Titel: Der Mann auf dem Balkon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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sagte ich zu ihm, ›wenn die Leute nichts melden würden, hätte die Polizei vielleicht nichts zu tun.‹
    Aber kommen Sie herein, meine Herren, ich mache sofort Kaffee.«
    Kollberg und Martin Beck traten in das Wohnzimmer. Obwohl die Wohnung im dritten Stock war und die Fenster zur Straße hin lagen, war es ziemlich dunkel. Das Zimmer war groß und mit altmodischen Möbeln vollgestopft. Der eine Fensterflügel war halb geöffnet, der andere zur Hälfte von hohen Topfpflanzen verdeckt. Die Gardinen waren cremefarben und kunstvoll drapiert. Vor einem braunen Plüschsofa stand ein runder Mahagonitisch mit Kaffeetassen und Kuchentellern. Zwei hohe Lehnsessel mit Schondeckchen und steifen Rückenlehnen standen daneben.
    Frau Andersson kam aus der Küche mit einer Kaffeekanne in der Hand. Sie schenkte ein und setzte sich auf das Sofa, das unter ihrem wuchtigen Körper ächzte.
    »Kaffee muß sein, wenn man reden will«, sagte sie heiter. »Nun erzählen Sie mal, was mit dem Kerl von gegenüber los ist.«
    Martin Beck wollte gerade etwas sagen, aber die Sirene eines vorbeirasenden Krankenwagens machte eine Verständigung unmöglich. Kollberg schloß das Fenster.
    »Haben Sie keine Zeitungen gelesen?« fragte Martin Beck.
    »Nein, wenn ich auf dem Land bin, lese ich nie Zeitung. Ich bin erst gestern abend nach Hause gekommen. Nehmen Sie noch ein Stück Kuchen, meine Herren. Er ist ganz frisch. In der Bäckerei hier unten haben sie auch immer frisches Brot. Dort habe ich ja auch den netten jungen Mann in Uniform getroffen, wenn ich auch immer noch nicht verstehe, woher er wissen konnte, daß ich es war, die die Polizei angerufen hatte. Nun, auf jeden Fall war ich das, und es war am 2. Juni, einem Freitag, daran erinnere ich mich so gut, weil der Mann meiner Schwester Rutger heißt und ich zum Kaffeetrinken an seinem Namenstag bei ihnen war. Ich erzählte von diesem, gelinde gesagt, unhöflichen Assistenten oder was er war, und das war nur wenige Stunden, nachdem ich angerufen hatte.«
    Hier mußte sie Atem holen, und Martin Beck beeilte sich, eine Bitte anzubringen.
    »Wollen Sie uns den Balkon bitte zeigen, Frau Andersson?« Kollberg war bereits ans Fenster getreten. Die Frau stand mühsam vom Sofa auf.
    »Dritter Balkon von unten«, sagte sie und zeigte mit dem Finger hinaus. »Neben dem Fenster ohne Gardinen.«
    Sie sahen den Balkon. Die Wohnung, zu der er gehörte, schien zur Straße hin nur zwei Fenster zu haben, ein größeres neben der Balkontür und ein kleineres.
    »Haben Sie diesen Mann kürzlich wiedergesehen?« fragte Martin Beck.
    »Nein, Nun war ich übers Wochenende auf dem Land, aber auch davon habe ich ihn seit mehreren Tagen nicht mehr gesehen.«
    Kollberg sah ein Fernglas zwischen zwei Blumentöpfen stehen. Er nahm es und richtete es auf das Haus gegenüber. Balkontür und Fenster waren geschlossen. Die Fensterscheiben reflektierten das Tageslicht. Wie es in dem dunklen Raum dahinter aussah, konnte man nicht erkennen.
    »Dieses Fernglas habe ich von Rutger bekommen«, sagte die Frau, »es ist ein Marineglas. Rutger war Seeoffizier. Ich habe mir den Kerl da drüben genau angesehen. Wenn man das Fenster öffnet, kann man besser sehen. Glauben Sie nicht, daß ich neugierig bin oder so, aber ich bin Anfang April am Bein operiert worden, und da habe ich diesen Mann entdeckt. Nach der Operation also. Ich hatte eine Wunde am Bein und konnte nicht gehen, und weh tat es außerdem, so daß ich auch nicht schlafen konnte, und da hab ich eben am Fenster gesessen und hinausgeschaut. Der Mensch kam mir so merkwürdig vor. Stand immer nur da und starrte nach unten. Es wirkte direkt unheimlich.«
    Während die Frau sprach, hatte Martin Beck die Zeichnung hervorgeholt, die nach den Angaben des Parkräubers gemacht worden war. Er zeigte der Frau das Blatt.
    »Ziemlich ähnlich«, meinte sie. »Nicht besonders gut gezeichnet, aber er könnte es sein.«
    »Können Sie sich erinnern, wann Sie ihn das letztemal gesehen haben?« fragte Kollberg und reichte Martin Beck das Fernglas.
    »Das muß schon mehrere Tage her sein. Über eine Woche. Moment, ich glaube, ich habe ihn zuletzt beobachtet, als meine Hilfe hier war. Warten Sie mal, das kann ich nachsehen.«
    Sie öffnete einen Sekretär und holte einen Kalender hervor.
    »Nun wollen wir mal sehen«, sagte sie. »Vorigen Freitag. Genau. Wir haben Fenster geputzt. Da stand er am Morgen noch da, aber abends nicht mehr und auch nicht am nächsten Tag. Ja, das stimmt. Seitdem habe

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