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Der Mann aus dem Safe

Der Mann aus dem Safe

Titel: Der Mann aus dem Safe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
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nehmen. Sie wandte sich von mir ab.
    »Ich habe so furchtbare Angst, Michael. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Hast du überhaupt eine Ahnung, in was für Schwierigkeiten mein Vater steckt? Was ist, wenn sie …«
    Sie fuhr herum.
    »Oh Gott, ist er das etwa?«
    Sie ging zum Fenster und blickte hinunter auf die Einfahrt. Als ich mich hinter sie stellte, sah ich eine lange, schwarze Limousine und dann drei Männer, die alle zur gleichen Zeit ausstiegen. Der Fahrer und zwei von der Rückbank. Dann endlich, ein paar Sekunden später, Mr. Marsh. Er blinzelte in die helle Sonne und strich sich das Hemd glatt. Sein Gesicht war knallrot.
    »Oh Scheiße.« Sie rannte aus dem Zimmer.
    Ich hinterher. Die Treppe hinunter, durch die Haustür. Sie ging an ihrem Vater vorbei, stürzte sich auf den Fahrer und wollte ihm eine verpassen.
    »Ich rufe die Polizei, ihr Scheißgangster!«
    Mr. Marsh versuchte, sie von ihm wegzureißen, während der Fahrer ihre Hiebe mit einem breiten, dämlichen Grinsen abwehrte. Er hatte einen Anglerhut auf, ausgerechnet, und Amelia schaffte es schließlich, ihm den vom Kopf zu hauen. Das Grinsen erstarb, und er holte zu einer kräftigen Ohrfeige aus. In dem Augenblick war ich zur Stelle und warf mich dazwischen.
    Einer der anderen Männer packte mich am Kragen. Er war kleiner als die übrigen zwei und sehr hässlich. Seine Augen schienen halb geschlossen zu sein, und als er mein T-Shirt um meinen Hals zusammenknüllte, starrte er mir aus nächster Nähe ins Gesicht.
    »Bist du lebensmüde, Söhnchen?«, sagte er. »Oder einfach nur saublöd?«
    »Lassen Sie ihn los«, sagte Mr. Marsh.
    »Ich habe dich was gefragt«, sagte der Schläger.
    Der dritte Mann stand immer noch auf der anderen Seite des Wagens. Er war groß und hatte einen Schnurrbart, der viel zu mächtig für sein Gesicht war.
    »Lass den Jungen los«, sagte er, »damit wir hier verschwinden können, verdammt noch mal.«
    Der Mann mit dem Schlafzimmerblick packte noch einen Tick fester zu und erwürgte mich fast. Dann stieß er mich von sich.
    Der Fahrer hob seinen Anglerhut auf, tippte sich zum Gruß daran und setzte sich ans Steuer. Die anderen beiden stiegen hinten ein, und als die Türen zugingen, hörten wir sie schon miteinander streiten. Der Wagen schoss rückwärts auf die Straße hinaus und röhrte davon. Dabei erhaschte ich noch einen Blick auf den Mann auf dem Rücksitz. Diese Schlafzimmeraugen hinterm Fenster, die mich anstarrten.
    Nicht zum letzten Mal.
     
    Wir drei standen wie angewurzelt auf der Einfahrt. Amelia weinte. Sie heulte nicht, sondern weinte nur leise, fast lautlos. Sie wischte sich das Gesicht ab. Ging zu ihrem Vater und baute sich vor ihm auf. Er wollte sie an sich ziehen, so wie ich vorhin, doch sie schlug seine Hand weg.
    »Du hast es mir versprochen«, sagte sie. »Du hast mir versprochen, dich nicht wieder auf so eine Scheiße einzulassen.«
    Ehe er etwas erwidern konnte, ging sie schnurstracks zurück ins Haus und knallte die Tür hinter sich zu.
    Mr. Marsh stieß einen langen Seufzer aus und ging ein paarmal auf der Einfahrt hin und her. Ziemlich langsam, wie ein viel älterer Mann.
    »Hör mal«, sagte er dann zu mir, »wir haben ja neulich schon ansatzweise darüber geredet … Jetzt brauche ich deine Hilfe. Wir brauchen deine Hilfe. Amelia und ich. Wirst du uns helfen? Bitte?«
    Ich rieb mir den wunden Hals, wo der Stoff in die Haut geschnitten hatte.
    »Ich schulde diesen Leuten eine Menge Geld, okay? Ich weiß einfach nicht … Wenn du mir nur dieses eine Mal aus der Patsche helfen könntest …«
    Er holte einen Zettel aus seiner Hosentasche.
    »Ich möchte, dass du zu jemandem fährst. Heute noch. Es wird dir nichts passieren, das verspreche ich. Geh einfach zu diesem Mann, ja? Er erwartet dich. Das ist die Adresse. In Detroit.«
    Ich nahm den Zettel, las die Adresse.
    »Du wirst ihn erkennen, wenn du ihn siehst«, sagte er. »Man nennt ihn den Ghost.«
     
    Er wohnte gerade mal sechzig Kilometer weit weg, dieser Mann, der mein Leben verändern sollte. Weil ich mit meinem Motorrad noch nicht auf die Schnellstraße wollte, schlug ich mich über Nebenrouten bis zur Grand River Avenue durch, die geradewegs ins Stadtzentrum führt. Von einem Häuserblock zum nächsten begegnete ich allen sozialen Schichten. Die Grünflächen wurden immer weniger, aus Glas- und Stahlfassaden wurden graue Betonklötze mit Eisengittern.
    Es gab eine Menge Ampeln. Eine Menge Gelegenheit für mich, es mir anders

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