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Der Mann aus dem Safe

Der Mann aus dem Safe

Titel: Der Mann aus dem Safe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
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zu überlegen. Dann wurde es grün, und ich fuhr weiter. Als ich nach Detroit kam, begann ich auf die Hausnummern zu achten. Noch ein paar Blocks, es konnte nicht mehr weit sein. Ich wartete auf eine Lücke im Verkehr und schwang mein Bike zur anderen Straßenseite herum. Der ganze Block stank nach Verzweiflung und nicht genutzten zweiten Chancen. Das hier war die Westseite von Detroit, ein Bezirk gerade noch innerhalb der Stadtgrenze.
    Ich fuhr die Straße ab. Es gab eine Reinigung, einen Frisör, dann einen Laden, der billige Klamotten und CDs und kleine Haushaltsgeräte auf unglaublich wenigen Quadratmetern verkaufte. Dann ein leeres Schaufenster. Mein Ziel war schwer auszumachen, weil es nicht überall Hausnummern über den Türen gab. Letztendlich konnte es nur ein Entrümpelungs-Unternehmen namens West Side Recovery sein. Die Ladenfront war doppelt so breit wie die meisten anderen, und die Fenster hätten schon vor zehn Jahren mal gründlich geputzt werden müssen. An der Glastür hing ein »Geschlossen«-Schild.
    Ich sah noch mal nach, ob die Adresse stimmte. Hier musste es sein. Ich klopfte an, aber niemand kam. Ich klopfte noch einmal und wollte gerade wieder gehen, als die Tür aufging. Der Mann, der den Kopf heraussteckte, war um die sechzig, vielleicht auch fünfundsechzig. Er trug einen Pullunder und hatte eine Lesebrille um den Hals hängen. Sein Haar war dünn und weiß und sein Gesicht so bleich, dass man fürchtete, fünf Minuten in der direkten Sonne würden ihn umbringen. Er blinzelte ständig, als er mich musterte.
    »Sollte ich dich erwarten?«
    Ich gab ihm den Zettel von Mr. Marsh mit seiner Adresse darauf. Er setzte die Lesebrille auf und sah ihn sich an.
    »Ist das dein Motorrad, das ich eben gehört habe?«
    Ich drehte mich zu der Stelle um, wo es einen halben Block weiter geparkt stand.
    »Demnach möchtest du es dir heute also stehlen lassen. Hast du das vor?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Dann bring es her, du Genie. Du kannst es hier hereinschieben.«
    Ich holte mein Bike und schob es auf dem Bürgersteig zur Tür, die er mir aufhielt. In dem Laden war es so dunkel, dass ich glaubte, eine Höhle zu betreten.
    Er schloss die Tür hinter uns und kickte etwas mit dem Fuß beiseite. Als meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte ich eine riesige Ansammlung von Altmetall und alten Möbeln; Kinderbetten, Hochstühle, ein paar Kühlschränke Seite an Seite. Im Grunde sah es aus, als wäre ein guter Teil des städtischen Sperrmülls hier abgeladen worden.
    »Hier entlang«, sagte er. Ich bockte das Motorrad auf und folgte ihm durch den Laden. Er führte mich auf einem labyrinthähnlichen Pfad durch den Schrott hindurch zu einer anderen Tür, hinter der ich das blau flackernde Licht eines Fernsehers erkannte. Ein Schleier aus Staub lag in der Luft, den ich regelrecht schmeckte.
    »Montags habe ich geschlossen«, sagte er. »Deshalb ist das Licht nicht an. Ich würde dir ein Bier anbieten, ist mir aber gerade ausgegangen.« In diesem zweiten Raum gab es eine bessere Auswahl an Gerümpel. Neben dem Fernseher stapelten sich schätzungsweise ein paar hundert Gegenstände in deckenhohen Regalen. Ein Waschbrett, ein Bügeleisen, alte grüne Flaschen. Solches Zeug. Ein paar andere Regale an der Wand gegenüber bogen sich unter Büchern. Hier war zigmal mehr Trödel versammelt als in dem Trödelladen zu Hause in Milford. Ich fragte mich, warum die bessere Ware hier hinten versteckt war. Vor allem aber fragte ich mich, warum man mich hierhergeschickt hatte.
    »Ich habe gehört, dass du nicht viel redest.« Der Mann stand neben einem Schreibtisch, auf dem kein Fingerbreit mehr Platz war. Vollgestellt mit einem Dutzend Lampen, außerdem Zigarrenkisten und Pokalen und einer ein Meter hohen Freiheitsstatue. Er schob die Statue gerade so weit zurück, dass er sich an die Kante lehnen konnte.
    »Man nennt mich den Ghost«, teilte er mir mit.
    Ja, dachte ich, das passt. Sieh dich nur an.
    »Und so heiße ich auch für dich. Haben wir uns verstanden? Für dich bin ich der Ghost oder Mr. G. Nichts anderes.«
    Der Staub und der Schimmel machten mir allmählich zu schaffen. Hinzu kam, dass ich immer noch keine Ahnung hatte, was hier lief und was von mir erwartet wurde.
    »Du sprichst wirklich nicht. Das war keine Übertreibung.«
    Ich überlegte gerade, ob ich den Ghost um Papier bitten sollte, damit ich ein paar Fragen aufschreiben konnte, aber er erhob sich wieder.
    »Hier entlang. Ich habe

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