Der Mann aus dem Safe
Ghost gefragt, wie Sie sich erinnern, und Schiss bekommen, als ich nichts sagte. Deshalb erwartete ich diesmal nicht viel. Doch als ich die angezeigte Nummer anrief, gab mir der Mann am anderen Ende eine Adresse in Scottsdale, Arizona. Das war nur knapp 650 Kilometer weit weg, ein gerader Ritt die I- 10 hinunter, also stieg ich auf mein Bike und fuhr los. Fünfeinhalb Stunden später stand ich vor einer Tankstelle an der Indian School Road und trank so viel Wasser, wie ich nur in mich hineinpumpen konnte. Schließlich stieg ich ab und setzte mich mit dem Rücken an eine harte Ziegelsteinwand. Als ich wieder aufwachte, schien mir die Sonne in die Augen. Ich wartete dort noch ein, zwei Stunden, bis die Temperatur wieder auf über 40 Grad stieg. Dann fuhr ich zurück nach Los Angeles.
Noch einmal sechs harte Stunden auf der Straße, und als ich zu den anderen ins Haus kam, empfing mich eine angespannte Atmosphäre. Julian und Gunnar hatten sich wieder gestritten.
»Ach ja, und er hier«, sagte Gunnar, kaum dass ich zur Tür herein war, »der darf jederzeit los und irgendwelche Nebenjobs machen, wenn ihm danach ist! Er kriegt einen Anruf, und zack! Weg ist er. Knackt für irgendjemand einen Safe, verdient Geld. Während ich hier herumsitzen und darauf warten muss, bis ihr was ausgekocht habt.«
Das war genau der falsche Tag, um mir damit zu kommen. Es scherte mich nicht, ob er mich mit bloßen Händen kaltmachen konnte, ich marschierte direkt auf ihn zu, zog mein Portemonnaie aus der Hosentasche und nahm das wenige Geld darin heraus. Ein paar Zwanziger. Hundert Dollar vielleicht. Ich knallte es ihm vor den Latz und ließ ihn stehen.
Am nächsten Tag ging ich hinten in den Hof und hob eine von Gunnars primitiven Hanteln auf. Sie bestand aus einem Metallrohr, an dessen Enden Sandsäcke befestigt waren. Ich versuchte, sie ein paarmal zu heben. Auf einmal kam Gunnar aus dem Haus gestürmt, also legte ich sie wieder ab und schätzte, dass ich mir wohl eine Lektion darüber eingehandelt hatte, die Hände von anderer Leute Eigentum zu lassen. Doch er nahm die Hantel und gab sie mir.
»Hat dir niemand beigebracht, wie man das richtig macht?«
Er zeigte mir die korrekte Armbeuge für das Bizepstraining. Die Füße hüftbreit auseinander, Brust raus, Bauchmuskeln anspannen, Rücken gerade, Ellbogen eng an den Seiten. Ellbogen ruhig, oben halten und anspannen, beim Absenken einatmen.
»Wird verdammt nochmal Zeit, dass du mit dem Krafttraining anfängst«, sagte er. »Du musst mit mir mithalten können, wenn wir einen Job machen.«
Dann ließ er mich ein paar Übungen nach hinten für den Trizeps machen. Alles immer schön ausbalancieren, sagte er. Von dem Tag an wurde er mein Personal Trainer. Jeden zweiten Morgen machte er mich im Hof fertig. Und ich meine, richtig fertig. Es ist wohl nicht übertrieben, wenn ich sage, dass er Spaß daran hatte.
Bis zu diesem einen Morgen …
Ich war gerade am Bankdrücken mit seinem Eisenrohr, an dem er mit einer Kette zwei Porenbetonblöcke befestigt hatte. Das Rohr war ein bisschen zu dick, um es richtig umfassen zu können, und die Betonblöcke drohten zu sehr ins Schwingen zu geraten und mir den Schädel einzuschlagen. Warum er sich nie richtige Gewichte zulegte, weiß ich bis heute nicht. Das Geld dafür hatte er weiß Gott.
Jedenfalls überwachte er mich, und ich trainierte hart, war gerade dabei, eine Übungseinheit zu beenden. Wir hatten unsere T-Shirts in der Morgensonne ausgezogen. Die Bank bestand aus nichts anderem als einer Holzplatte auf weiteren Betonblöcken. Er sagte normalerweise kaum etwas, wenn wir trainierten, doch heute war eine Ausnahme.
»Ich nehme an, Julian hat dir die Geschichte von dem Mann aus Detroit erzählt.«
Ich atmete schwer, balancierte das Rohr knapp über meiner Brust und machte mich bereit, es wieder zu stemmen.
»Hat er dir gesagt, wie er ihn getroffen hat? Wie sie raus zu seinem Boot sind? Den Safe begutachtet haben und alles? Was hältst du davon?«
Ich sah mit zusammengekniffenen Augen zu ihm auf. Von was redete er da?
»Überleg doch mal. Dieser Kerl kommt mit vier Millionen Dollar Bargeld hier durch. Julian geht an Bord und wird dabei erwischt, wie er das Boot inspizieren will, ja? Und der Typ hält ihm eine Knarre an den Kopf, dass er sich in die Hose macht? Nimmt sich seinen ganzen Wein und die Zigarren? Findest du das nicht ein bisschen merkwürdig?«
Ich konnte mich nicht aufsetzen. Nicht mit diesem Gewicht auf meiner
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