Der Mann aus dem Safe
Brust. Ich saß in der Falle und musste mir sein Gesabbel anhören. Jedes verdammte Wort.
»Weißt du, was wir machen könnten, Mike? Wenn die Jacht dieses Jahr wieder hier anlegt … wir beide, du und ich, wir könnten uns an Bord schleichen und uns den ganzen Zaster holen. Was meinst du?«
Ich starrte ihn an und schüttelte den Kopf. Nein. Du bist verrückt. Auf keinen Fall.
»Ich weiß, dass dieser Kerl dich als sein Eigentum betrachtet, Mike. Ich weiß das. Auch dass er total gefährlich und beängstigend sein soll. Aber ich meine … wenn hier jemand endlich mal ein paar Eier in der Hose hätte, könnten wir ihn ausnehmen.«
Ich schüttelte weiter den Kopf.
»Ich hab keine Angst vor ihm«, behauptete Gunnar und nahm mir endlich die Gewichte von der Brust. »Ich hab vor niemandem Angst.«
Ich setzte mich auf und zog mein Shirt über.
»Und wenn ich dir sage, dass ich einen guten Kontakt auf dem Boot angeleiert habe? Zu jemandem, der uns helfen würde?«
Ich stutzte.
»Er arbeitet für einen der anderen Spieler. Julian denkt immer, er ist der Einzige, der so was planen kann. Als wären wir anderen zu blöd dafür. Aber dieser Typ, also, ich meine … er ist in der gleichen Lage wie wir, weißt du? Muss sich ständig von jemand anderem was sagen lassen. Er hat es langsam satt. Genau wie du, wette ich. Und als wir so ins Gespräch kamen, hieß es auf einmal, hey, vielleicht können wir zusammen was auf die Beine stellen. Etwas, das sich für uns alle lohnt.«
Ich stand auf und ging.
»Denk mal drüber nach«, rief er. »Wir haben noch Zeit. Denk drüber nach.«
Da gab es nichts nachzudenken. Das war der helle Wahnsinn. Es war Selbstmord. Aber Gunnar ließ nicht locker. Jedes Mal, wenn wir allein waren, fing er wieder davon an.
»Er behandelt dich wie einen Hund«, sagte er einmal und meinte natürlich den Mann aus Detroit. Als hätte er das Bild in meinem Kopf gesehen. Ich als der Hund, der nicht mal einen Schlafplatz hatte und trotzdem angerannt kommen musste, sobald sein Herr ihn rief.
»Vielleicht solltest du es ausnahmsweise mal in Erwägung ziehen, die Hand zu beißen, die dich füttert.«
Gegen Ende des Monats meldete sich der grüne Pager wieder. Ich ging runter zu demselben Münztelefon und rief die Nummer an, obwohl ich damit rechnete, dass es dieselben Clowns waren, die mich völlig umsonst ins verdammte Scottsdale, Arizona, bestellt hatten.
Aber nein, sie waren es nicht.
»Michael, hier ist Banks. Bist du es?«
Der schon wieder.
»Ich weiß, dass du nicht sprechen kannst. Entschuldige bitte, das letzte Mal wusste ich das noch nicht. Ich wusste gar nichts über dich. Aber jetzt schon, und du musst mir zuhören.«
Ich stand auf dem Santa Monica Boulevard. Ein heißer Sommerabend, Autoschlangen krochen an mir vorbei.
»Die Männer, die dich vorher über diese Nummer angerufen haben – die sind jetzt aus dem Verkehr gezogen. Ein für alle Mal. Das Gleiche wird mit allen anderen auch passieren, früher oder später. Hörst du mir zu? Wenn du mir vertraust, kann ich dich da raushauen. Ich werde tun, was ich kann, um dir zu helfen. Du denkst bestimmt, dass du jetzt keine Wahl mehr hast. Aber das hast du.«
Die dieseldurchsetzte Luft vom Meer her. Das Brummen der Motoren. Mein Herzschlag laut in meiner Brust.
»Dein Onkel macht sich Sorgen um dich, Mike. Dein Onkel Lito. Ich habe mit ihm gesprochen. Er möchte, dass du nach Hause kommst.«
Ich presste meine Stirn an die Scheibe.
»Ich bin gerade in Kalifornien, Mike. Ich weiß, dass du auch hier bist. Hör zu, ich gebe dir eine Adresse.«
Ich legte auf und kehrte ins Haus zurück.
Der Sommer ging zu Ende. Der September kam, ohne dass die Hitze nachließ. Da war dieser Tag … ein träger, warmer Nachmittag. Gunnar war im Tattoo-Studio. Lucy saß in meinem Apartment und sah mir beim Zeichnen zu. Sie wirkte ein bisschen durcheinander, was wahrscheinlich bedeutete, dass sie sich wieder mit Gunnar gestritten hatte. Wenn sie Probleme hatte, war sie gern mit mir zusammen, weil sie wusste, dass ich sie nicht mit Fragen überhäufen würde. Oder mit guten Ratschlägen, wie sie mehr aus ihrem Leben machen könnte. Sie sah mir eine Weile zu und bat mich dann, ihr ein paar von meinen Zeichnungen zu zeigen.
Ich wollte ihr nicht die Blätter zeigen, die ich immer noch fast jeden Tag für Amelia anfertigte, aber ich hatte genug andere Sachen, darunter Porträts von ihr und dem Rest der Bande. Sie ging sie nacheinander durch und
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