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Der Mann aus dem Safe

Der Mann aus dem Safe

Titel: Der Mann aus dem Safe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
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mich unablässig. »Wenn so jemand Kontakt zu dir aufnimmt, jemand, der nach FBI riecht? Sich mit dir zum Mittagessen treffen will oder auch nur auf ein Tässchen Tee? Ich würde dir empfehlen, diese Einladung höflich abzulehnen.«
    Er warf noch einen Blick auf die ganze Szene und zeigte dann zur Treppe.
    »Bitte, nach dir.«
    Ich machte einen großen Schritt über eine Blutlache hinweg und ging nach oben. Wir verließen das Haus. Schlafzimmerblick setzte sich ans Steuer und warf den Müllsack voller Geld auf den Rücksitz. Die Schlüssel baumelten im Zündschloss. Wenn ich gleich losgerannt wäre, dachte ich, hätte ich vielleicht entkommen können. Jetzt war es zu spät.
    Ich stieg neben ihm ein.
    »Siehst du, was ich gemeint habe?«, sagte er und streckte die Beine aus. »Meine Rede. Das ist doch verdammt viel bequemer, oder?«
    Er fuhr mich zu dem Restaurant zurück. Eine halbe Stunde im Auto mit ihm. Er pfiff vor sich hin, als wäre er auf dem Heimweg nach einem befriedigenden Arbeitstag als Anstreicher. Als wir zur Endstation kamen, schaltete er in die Parkposition und legte mir eine Hand in den Nacken.
    »Du denkst vielleicht, dieser Trip war total für die Katz«, sagte er. »Den ganzen Weg mit dem Motorrad hierher. Aber du bist jetzt schon – wie lange? – fast ein Jahr dort drüben in L.A. Wohnst mit diesen verrückten Youngsters zusammen. Es ist gut, in Verbindung zu bleiben, weißt du?«
    Er griff nach hinten in den Geldsack und holte ein Bündel Scheine heraus.
    »Es ist gut, sich daran zu erinnern, für wen wir beide arbeiten.«
    Ich nahm das Geld. Im Ernst. Ich nahm es. Dann stieß ich die Wagentür auf und stieg aus. Als ich mich noch mal umsah, hatte er das Fenster heruntergelassen.
    »Gute Heimreise«, sagte er, »und leg den Pager immer schön neben dein Kopfkissen. Wir sprechen uns bald wieder.«
     
    Nachdem er weg war, saß ich noch lange dort auf meinem Bike. Ich war noch nicht mal vom Parkplatz runtergefahren. Ich musste die ganze Zeit an das Blut denken. Wie es in lauter kleinen Bächen über den Boden geströmt war.
    Das werde ich nie wieder los, dachte ich. Es gibt kein Entrinnen.
    Und jetzt muss ich wieder drei Tage durchfahren, quer durch das ganze Land. Zu einem Haus voller Diebe, dem einzigen Ort, wo ich willkommen bin.
    So viele Kilometer. Und ich bin so müde.
    Es sei denn …
    Nein, das geht nicht.
    Doch. Ich mache es. Das ist möglicherweise die letzte Gelegenheit. Wer weiß, ob ich je wieder in der Nähe sein werde.
    Ich ließ den Motor an und fuhr los, aber nicht in westliche Richtung, sondern nach Norden.
    Zwei Stunden später war ich in Michigan.

[home]
    Kapitel dreiundzwanzig
    Michigan
Juli, August 1999
    I ch wusste nicht, wo Amelia war. Wo sie sich versteckt hielt, bis ihr Vater sie nach Hause kommen ließ. Und weil ich kein normaler Mensch bin, konnte sie mich natürlich nicht einfach anrufen. Sie konnte mich nicht anrufen und mit mir reden und mir sagen, dass es ihr gutging und wir bald wieder zusammen sein würden. Wir waren nicht wie irgendwelche anderen jungen Liebespaare, die unerwartet getrennt werden.
    Nein. Wenn ich sie nicht persönlich sehen konnte, hätte sie genauso gut auf einen anderen Planeten verbannt worden sein können.
    Keine Nachricht. Kein Wort. Einfach weg. So absurd sich das auch anhört, wusste ich doch, dass es für mich nur einen Weg gab, sie zurückzubringen.
    Ich musste lernen, wie man einen Safe knackt.
     
    Fast die ganze Nacht übte ich mit dem Schloss. Ich drehte die Scheiben und versuchte zu fühlen, was auch immer ich da fühlen sollte. Irgendwann kramte ich nach meinen alten Kombinationsschlössern, fand das, das ich mal aufgesägt hatte, und studierte das verdammte Ding stundenlang.
    Das Prinzip war so einfach. Man bringt alle drei Nuten auf eine Reihe, dann öffnet sich der Bügel. Unmöglich, dass ich das nicht hinbekommen sollte.
    Ich nahm mir wieder das Schloss vor, das der Ghost mir gegeben hatte. Obwohl ich so müde war nach alledem, was an diesem Tag passiert war. Ich sah immer noch diesen Riesenfisch halb aus dem Fenster ragen.
    Fühl es einfach. Dreh die Scheibe und fühl es.
    Ich schlief ein. Wachte auf ohne eine Ahnung, wie spät es war. Das Schloss lag noch in meiner Hand. Ich drehte wieder die Nummernscheibe, und diesmal glaubte ich, vage etwas zu spüren. Ich zog den Bügel heraus, das Schloss war auf.
    Ich konnte kaum noch aus den Augen gucken. Vielleicht war das der Trick. Vielleicht musste zuerst jedes andere Signal

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