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Der Mann aus dem Safe

Der Mann aus dem Safe

Titel: Der Mann aus dem Safe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
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Dach.
    Dann endlich … kam der Tag. Es war Mitte August. Ich fuhr zum Altwarenladen und merkte schon beim Hereinkommen, dass etwas in der Luft lag. Der Ghost winkte mir, mich zu setzen, und rollte seinen Stuhl direkt vor mich hin. Dann begann er zu reden.
    »Regel Nummer eins«, sagte er. »Du arbeitest nur mit Leuten, denen du vertrauen kannst. Ausschließlich. Grundsätzlich. Verstanden?«
    Ich saß da und sah ihn an. Warum kam er mir heute damit?
    »Du musst mich irgendwie wissen lassen, dass du verstehst, was ich dir sage. Verdammt, das ist ja wohl nicht zu viel verlangt, oder? Also gib mir ein Zeichen. Kannst du mir beim Thema Vertrauen folgen oder nicht?«
    Ich nickte.
    »Gut. Danke.«
    Er nahm sich einen Moment Zeit, um sich zu sammeln. Dann fuhr er fort:
    »Mir ist klar, dass du noch keinen beschissenen Hauch von Erfahrung hast. Deshalb wirst du auf dein Bauchgefühl hören müssen. Wenn du einen Anruf kriegst und dich mit jemandem verabredest, stellst du dir eine einzige simple Frage. Du fragst dich: Würde ich diesem Menschen mein Leben anvertrauen?
Mein Leben?
Denn nichts anderes tust du im Grunde. Du siehst ihm in die Augen und fragst dich das, und dein Bauch wird es dir sagen. Falls irgendetwas nicht stimmt, und ich meine
irgendetwas,
gehst du wieder. Du machst auf dem Absatz kehrt und gehst. Hast du mich verstanden?«
    Ich nickte.
    »Ein bisschen nervös zu sein ist okay. Aber wenn die Typen zu nervös wirken? Total rappelig? Dann drehst du dich um und gehst. Sie sind zugedröhnt? High, auf Speed oder sonst was? Du drehst dich um und gehst.«
    Er spielte mit der Kette an seiner Brille beim Nachdenken. Dieser Mann, der sich anzog wie ein obdachloser ehemaliger Bibliothekar, hielt mir einen Vortrag über solche Dinge.
    »Zu viele Leute. Du drehst dich um und gehst. Was sind zu viele, fragst du? Kommt auf die Situation an. Ein einfacher Bruch, rein und raus, vielleicht ein Alarmsystem, um das sich jemand kümmern muss, einer, der Schmiere steht, einer, der fährt. Das macht, wie viel, vier Leute? Fünf höchstens? Was ist also, wenn du am Treffpunkt erscheinst und siehst zehn Nasen um dich herumstehen? Ist das vielleicht der Tag, an dem man einen Freund zur Arbeit mitbringen darf? Du drehst dich um und gehst. Denn so was ist das Letzte, was du gebrauchen kannst, oder? Ein paar Idioten, die nur im Weg rumstehen. Oder hinterher das Maul aufreißen und damit angeben. Ganz zu schweigen davon, dass dein Anteil mit jedem zusätzlichen Mann an Bord kleiner wird. Wer will das schon, richtig? Du drehst dich um und gehst.«
    Ich saß da vor ihm, die Hände um die Knie geschlungen. Fühlte mich ein bisschen wie betäubt.
    »Alles klar so weit? Noch etwas. Du trägst keine Waffe bei dir. Du fasst eine Waffe noch nicht mal an, es sei denn, es handelt sich um einen Notfall. Ist das klar?«
    Ich nickte. Damit war ich ohne weiteres einverstanden.
    »Es ist nicht dein Job, eine Waffe zu tragen. Gar nichts ist dein Job, außer einen verdammten Safe zu öffnen. Das ist der einzige Grund, weshalb du dabei ist, und das ist das Einzige, was du tust. Du bist wie der Arzt auf einer Entbindungsstation, kapiert? Die Schwestern dort, die sind für all den andern Scheiß da, rennen herum wie die Verrückten, während das Baby sich bereitmacht, herauszukommen. Dann, wenn es so weit ist – und erst dann –, ruft den Doktor! Er kommt herein, trara! Baby ist draußen, alle sind glücklich. Doktor geht wieder in sein Doktorzimmer oder was auch immer. Er benimmt sich, als würde er über allen anderen stehen und als wäre seine Zeit hundertmal wertvoller. Weil … verdammt richtig! Weil es nämlich so ist! Er weiß es, und die anderen wissen es auch. Er ist der Arzt, und der Rest ist einen Scheißdreck wert.«
    Mir war furchtbar heiß unter dem großen grünen Plastikbaldachin. Es war einer von diesen späten Augusttagen, die noch nicht mitgekriegt haben, dass der Sommer fast vorbei ist.
    »Das Entscheidende, Kleiner, das Entscheidende ist: Du bist ein Künstler. Deshalb darfst du dich auch wie eine verfluchte Primadonna benehmen. Man erwartet es geradezu von dir. Wenn nicht, denken die Jungs, dass da was nicht stimmt. Blasen die ganze Aktion am Ende ab. Mann, wir haben einen Künstler erwartet, und stattdessen kriegen wir diesen Trottel hier. Pfeif drauf, gehen wir lieber nach Hause.«
    Er rückte seinen Stuhl noch ein Stück näher heran.
    »Es gibt nicht mehr viele von uns«, sagte er. »Das ist die schlichte Wahrheit. Ohne dich

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