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Der Mann aus dem Safe

Der Mann aus dem Safe

Titel: Der Mann aus dem Safe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
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wieder absenkte. Etwas sagte mir, dass er so nicht finden würde, was er suchte. Wenn die Attrappe hinter einem Gemälde steckt, dann die echte Sache bestimmt nicht.
    Großmaul wirkte immer hektischer, während er den Raum durchkämmte, und ging schließlich so weit, die Möbel von den Wänden zu rücken. Als er zur Frisierkommode der Dame des Hauses kam, warf er mindestens fünfzig Fläschchen und Tiegelchen herunter, die fast alle zerbrachen, als sie auf dem Hartholzboden aufschlugen. Wenige Sekunden später stieg mir eine geballte Wolke Designerdüfte im Wert von ein paar tausend Dollar in die Nase.
    »Scheiße, wo ist dieses verfluchte Ding?«, rief er. »Wenn du so ein reicher jüdischer Schweinehund wärst, wo würdest du deinen Scheißsafe verstecken?«
    Je mehr er sich aufregte, desto ruhiger wurde ich. Ich blätterte durch die Briefe auf dem Schreibtisch, nahm fünf oder sechs davon und gab sie Großmaul.
    »Was soll ich damit?«
    Ich tippte auf den Namen, der auf jedem Umschlag stand. Robert A. Ward.
    »Er heißt Ward. Na und?«
    Endlich fiel der Groschen.
    »Ach so, er ist kein Jude? Das meinst du? Oh, Entschuldigung, dann ist er also kein reicher jüdischer Schweinehund, sondern ein reicher nichtjüdischer Schweinehund! Bist du jetzt zufrieden? Hörst du jetzt auf, den Klugscheißer zu spielen, und hilfst mir, den verfluchten Safe zu finden?«
    Ich zeigte auf das Bett. Es war ein breites Doppelbett mit einem Perserteppich darunter. Der einzige Teppich im Zimmer.
    »Was? Glaubst du, er hat die Diamanten in seiner Matratze versteckt? Machst du etwa wieder einen auf witzig?«
    Ich griff nach einer Ecke des Teppichs und wartete, dass er die andere nahm. Als wir zogen, glitt der Teppich mitsamt dem Bett über den glatten Holzfußboden. Nachdem wir so weit gezogen hatten, wie es ging, lief ich um das Bett herum und sah mir das Stück Boden an, das wir freigelegt hatten.
    Da war er. Seinen kostbarsten Besitz wird so jemand, ob er bewusst darüber nachdenkt oder nicht, beim Schlafen direkt unter sich haben wollen.
    Ein versenkter Griff befand sich dort im Fußboden, mit einem Eisenring daran wie an einer altmodischen Falltür. Ich zog den Ring hoch und öffnete die Klappe. Die Tür des Safes war rund und hatte einen Durchmesser von nur etwa zehn Zentimetern. Wie er da so tief unter den Bodendielen eingelassen war … Das klingt vielleicht ein bisschen komisch, aber ich wurde richtig klaustrophobisch bei dem Anblick. Bis heute finde ich, dass ein Tresor frei stehen sollte, damit man alles von ihm sehen und über jeden Quadratzentimeter seiner Oberfläche streicheln kann.
    Ich musste mich auf den Boden knien und mein Gesicht so dicht an den Safe halten wie möglich. Dann musste ich die Nummernscheibe zu fassen bekommen. Statt eines Drehgriffs hatte diese Safetür nur einen einfachen Knauf, den man hochzog, sobald man die richtige Kombination eingestellt hatte. Ich zog kurz daran, aber ich wusste schon, dass sie diesmal nicht offen sein würde.
    »Dann führ mal dein Kunststückchen vor«, sagte Großmaul. »Sieh zu, ob du den hier noch schneller aufbekommst, eh?«
    Wohl kaum, mein Freund. Ich drehte die Nummernscheibe, brachte die Sperrscheiben in Parkstellung und drehte dann in die andere Richtung. Eine Scheibe wurde mitgenommen, dann noch eine, dann noch eine und noch eine.
    Dann eine weitere.
    Fünf Scheiben! Einen Safe mit fünf Scheiben hatte ich bisher noch nicht einmal zu Gesicht bekommen. Was bedeutete, dass die Sache nicht einfach werden würde.
    Ich fühlte nach dem Kontaktbereich, stellte die Scheiben auf 0 und begann mit meiner Routine. Zurück zum Kontakt, auf 3 drehen, zurück zum Kontakt.
    War das etwa schon eine?
    Ich ging auf 6 . Verdammt, das war wirklich schwer. Ich fühlte mich, als würde ich in einen tiefen Brunnen hinuntergreifen.
    »Was meinst du, wie lange das dauern wird?«, sagte Großmaul. Machte seinem Spitznamen mal wieder alle Ehre. »Hast du schon die Hälfte, was denkst du? Ein Viertel?«
    Ich setzte mich einen Augenblick auf und schüttelte meine Hände aus.
    »Ist er auf?« Ganz hippelig jetzt.
    Ich schüttelte den Kopf und wedelte ihn mit beiden Händen weg.
    »Okay, okay. Ich bin gleich hier drüben. Mucksmäuschenstill.«
    Darauf würde ich nicht wetten, dachte ich, aber ich werde dich möglichst ignorieren.
    Ich wandte mich wieder der Nummernscheibe zu und arbeitete mich voran. Die Kontaktpunkte spürte ich ziemlich gut, aber es war verdammt schwer zu merken, wann der

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