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Der Mann aus dem Safe

Der Mann aus dem Safe

Titel: Der Mann aus dem Safe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
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Milford, Michigan, den Sommerabend zu beginnen.
    Wir fuhren zu einem der Mädchen aus unserem Kunstkurs. Etwa ein Dutzend Leute lümmelten in Liegestühlen auf dem Rasen herum und sahen gelangweilt aus. Wir hingen ein paar Minuten dort ab und fuhren dann weiter. Die Sonne ging unter, es wurde kühl.
    Wir machten weiter die Runde und landeten irgendwann bei einer anderen Kunstschülerin. Bisher war der Abend noch nicht so der Hit gewesen, aber hier schien es endlich munterer zuzugehen. Erstens waren jede Menge Leute da, und außerdem schien die zunehmende Dunkelheit für alle das Signal zu sein, dass die Party jetzt richtig losging. Laute Musik kam aus dem Garten, und Rauch stieg von einem Grill in den Himmel auf. Ich fand meine Klassenkameradin und gab ihr die Hand, zuckte auch nicht zurück, als sie mich umarmte. Sie flüsterte mir ins Ohr, dass ich alles im Leben erreichen könne, was ich wolle, wenn ich nur weiter hart genug arbeitete. So ein Spruch, der einem nur nach ein paar Bier auf nüchternen Magen über die Lippen kommt.
    Sie zog mich in den Garten, wo die Musik so laut war, dass es weh tat. Soweit ich mich erinnere, stand sie auf irgendwelchen obskuren Techno, und fast alle Leute tanzten oder ravten oder was zum Geier sie sonst machten. Sechs oder sieben hüpften auf einem Trampolin herum, stießen dauernd gegeneinander und fielen fast von dem bescheuerten Ding. Der einzige Erwachsene stand am Grill, wendete Hamburger und bekam nichts mit, weil er dicke Kopfhörer aufhatte.
    Meine Klassenkameradin brüllte mir etwas zu, aber ich verstand kein Wort. Schließlich gab sie es auf und zeigte auf eine Gruppe von Mädchen in der hinteren Ecke des Gartens. Nadine entdeckte mich und winkte mich herüber.
    Ich bekam einen Ellbogen in die Rippen, als ich mir einen Weg durch das Gewühl bahnte, von einem Typen, der eine Art Robotertanz hinlegte. Nachdem ich endlich die andere Seite erreicht hatte, sah ich, dass die Mädels um einen großen silberfarbenen Kübel voller Eis und Bierflaschen herumstanden. Nadine löste sich von der Gruppe und kam mit einer Flasche in jeder Hand auf mich zu. Sie trug Shorts und eine ärmellose Bluse und sah heute mehr nach Tennisspielerin als nach Kunststudentin aus. Sie gab mir ein Bier.
    Ich öffnete die Flasche und trank. Es war gut gekühlt und schmeckte, auch wenn ich mir immer noch nicht viel aus Alkohol machte. Man sieht so viele betrunkene Wracks in einem Schnapsladen, dass es einem das Zeug irgendwie verleidet. Aber heute Abend … was soll’s, okay?
    Sie versuchte, etwas zu mir zu sagen, doch ich hörte es nicht wegen der Musik. Ich beugte mich nahe zu ihr, worauf sie mir ins Ohr rief: »Schön, dass du da bist.« Ich roch ihren zarten Duft, als unsere Köpfe sich trafen, und spürte ihren Atem an meinem Hals.
    Wir standen ein Weilchen zusammen und sahen zu, wie alle herumsprangen und sich amüsierten oder einfach nur bemüht cool am Rand herumhingen. Griffin sah ich nirgends, ging aber davon aus, dass er mal ein paar Minuten allein auf sich aufpassen konnte. Die Sterne kamen heraus. Ich hatte das Bier erst halb leergetrunken, das aber ziemlich schnell, und fühlte mich schon leicht angeschickert. Es war kein übles Gefühl.
    Am schönsten fand ich, dass es völlig okay war, neben Nadine zu stehen und nichts zu sagen. Alle anderen auf der Party waren praktisch genauso stumm wie ich, weil sowieso niemand ein verdammtes Wort verstand.
    Nadine ging sich noch ein Bier holen. Ich fragte mich unwillkürlich, wie viele sie wohl schon getrunken hatte, bevor ich aufgetaucht war. Als sie zurückkam, legte sie mir eine Hand auf den Arm. Ließ ihn dort liegen. Ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte.
    Die Musik hörte für einen Moment auf. Die plötzliche Stille dröhnte in meinen Ohren.
    »Mike«, sagte sie.
    Ich sah sie an.
    »Komm her.«
    Ich musste wohl ein bisschen verwirrt geguckt haben. Sie stand nur etwa zwanzig Zentimeter von mir weg, wie sollte ich da »herkommen«?
    Sie packte mich am Hemd und zog mich an sich. Dann küsste sie mich.
    »Das wollte ich schon lange tun«, sagte sie. »Ich hoffe, du hast nichts dagegen.«
    Ich reagierte überhaupt nicht. Sah sie nur immerzu an. Die Musik ging wieder los, genauso laut wie vorher.
    Die anderen Mädels aus ihrer Gruppe zogen sie von mir weg. Sie winkte mir zu, ihnen zu folgen, also tat ich es. Auf dem Weg nach draußen begegnete ich Griffin und machte eine Kopfbewegung. Komm mit. Als wir auf der Straße vorm Haus standen,

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