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Der Mann aus dem Safe

Der Mann aus dem Safe

Titel: Der Mann aus dem Safe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
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Wahrscheinlich nicht gerade die schlauste Idee.
    »Also, was brauchst du davon?«, fragte Brian. »Ich kenn mich kein bisschen aus.«
    Ich schloss kurz die Augen, holte tief Luft und merkte, wie ich davontrieb. Dann machte ich die Augen wieder auf und kniete mich neben die Werkzeugkiste. Ich holte einen langen dünnen Schraubendreher heraus, den man als Spanner benutzen konnte, und stöberte noch ein wenig herum, fand aber nichts, das auch nur annähernd als Pick zu gebrauchen gewesen wäre.
    »Wonach suchst du? Was brauchst du noch?«
    Ich deutete mit den Zeigefingern einen langen, dünnen Gegenstand an und machte dann eine zustechende Bewegung.
    »Eine Nadel? Brauchst du eine Nadel?«
    Ich hob den Daumen.
    »Bin gleich wieder da.«
    Immer mehr Leute versammelten sich jetzt um mich. Die Musik hämmerte weiter. Hinter den brennenden Kerzen im Garten war es rundherum stockfinster. Ich trank noch einen großen Schluck.
    »Ich hab eine lange Sicherheitsnadel gefunden«, sagte Brian, als er wieder herauskam. »Nützt die dir was?«
    Ich hob wieder den Daumen, nahm die Sicherheitsnadel, machte sie auf und bog die Spitze mit einer Nadelzange um fünfundvierzig Grad nach oben.
    »Wahnsinn«, sagte Brian. »Kriegst du damit wirklich ein Schloss auf? Zum Beispiel das da an der Tür?«
    Er ging zu der großen Glasschiebetür, schob ein paar Leute beiseite und machte sie zu. Dann holte er seinen Schlüsselbund aus der Hosentasche, suchte fummelnd den richtigen Schlüssel heraus und steckte ihn ins Schloss.
    »Wie wär’s damit?«, sagte er und rüttelte am Griff, um sicherzugehen, dass die Tür fest abgeschlossen war. »Kannst du das aufbekommen?«
    Ich ging hin und fühlte meine Gelenke knacken, als ich mich vor den Griff kniete. Ich stellte mein Glas ab und sah mir das Schloss an. Es war ein einfaches, billiges Modell. Vermutlich nur fünf schlichte, gerade Stifte. Unter normalen Umständen hätte ich es wohl in weniger als einer Minute knacken können, aber hier, mit diesem notdürftigen Werkzeug, dem ganzen Publikum und vor allem der Bowlingkugel, die in meinem Kopf herumrollte … war ich nicht sicher, ob ich es überhaupt schaffen würde.
    »Hey, macht mal die Musik aus«, befahl Brian.
    Die Musik lief weiter.
    »Ich hab gesagt, macht die verdammte Musik aus! Hier ist ein Künstler am Werk.«
    Falls sich bisher noch nicht jeder dafür interessiert hatte, was ich da tat, dann ganz bestimmt jetzt. Ich sah, wie sie sich alle von innen gegen die Glasfront drängten. Ich spürte, wie sie sich dicht hinter mir auf der Terrasse zusammenscharten.
    »Macht ihm ein bisschen Platz«, sagte Danny. »Lasst den Mann sein Kunststück vorführen.«
    Ich schob den Schraubendreher in den Schließkanal, ziemlich tief, damit ich alle Stifte erreichen konnte, und drehte ihn gerade so viel, dass ich die Spannung fühlte. Dann schob ich die gebogene Sicherheitsnadel hinein und ging an die Arbeit. Ich tastete nach dem hintersten Stift, drückte ihn mit der Nadel nach oben, fühlte, dass er Haftung hatte. Einen geschafft.
    »Weiter«, sagte Danny. »Wei-ter … wei-ter … wei-ter … wei-ter …«
    Alle fielen mit ein. Alle feuerten mich an, während ich den nächsten Stift in Angriff nahm.
    »Wei-ter, wei-ter, wei-ter.«
    Ich merkte, wie mir der Schweiß in den Nacken rann.
    »Wei-ter, wei-ter, wei-ter.«
    Jetzt hatte ich den dritten Stift gesetzt, fühlte aber, wie er mir wieder entglitt. Ich zog alles heraus und schüttelte die Anspannung aus meinen Händen.
    Da sah ich endlich Griffin in der Menge. Nadine stand neben ihm. Griffin grinste selbstzufrieden, aber Nadine wusste offensichtlich nicht, was sie davon halten sollte. In dem Moment hätte ich aufgeben können. Ich hätte aufstehen und Brian sein Werkzeug mit einem Schulterzucken zurückgeben können. Doch ich machte weiter. Ich nickte ihr zu und konzentrierte mich wieder auf das Schloss.
    »Jetzt seid mal alle ruhig«, sagte Brian. »Ihr lenkt ihn nur ab.«
    Ich legte wieder Spannung an und tastete nach dem hinteren Stift, schob ihn minimal hinauf, ging zum nächsten über. Hielt die Spannung mit dem Schraubendreher, denn darauf kommt es vor allem an. Eine Frage des Fingerspitzengefühls. Ich blendete alles andere aus, die Leute um mich herum, den Schwindel und die Übelkeit, die aus meinem Bauch aufstieg. All das trat völlig in den Hintergrund, während ich tastend einen Stift nach dem anderen bearbeitete. Jeder wurde genau in die richtige Position gesetzt, bis ich zum letzten

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