Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann, der den Flug der Kugel kreuzte

Der Mann, der den Flug der Kugel kreuzte

Titel: Der Mann, der den Flug der Kugel kreuzte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
Vom Netzwerk:
Brutparasitismus bietet.«
    »Wovon wird hier eigentlich geredet?«, beschwerte sich Neuper.
    »Und wer sind Sie eigentlich?«, fragte der Parasitologe.
    Ich sah, dass der arrogante Tonfall des Professors den eben erst verwitweten und verständlicherweise angespannten Boxer zu einer Handlung antrieb.
    »Nicht jetzt, bitte«, sagte ich, ohne irgendein Versprechen für später abzugeben. Dennoch beruhigte sich Heinz und lehnte sich wieder umständlich zurück. Auch der Professor beließ es dabei. Nun wollte ich aber doch wissen, warum der Griechenjunge versucht hatte, Bötsch umzubringen.
    »Man mag mich nicht lebend.«
    »So scheint es.«
    »Unglückliche Umstände und ihre Folgen«, erklärte Bötsch in seiner dozierenden Art, »das Schicksal ist hin und wieder ein übler Genosse, der mit Blumen lockt, welche dann stinken. Ich bin am Anfang dieser fatalen Woche leider in die Verlegenheit geraten, ein Gespräch zu belauschen. Für den forschenden Menschen ist das Horchen eine Tugend. Schlimm nur, dass ich dabei zu hören bekam, dass jemand umgebracht werden soll, eine mir durchaus bekannte Dame namens Holdenried. Persönlich bekannt. Ich nehme an, dass Sie schon einmal von ihr gehört haben. Sie ist eine recht umtriebige Person. Sitzt bei Köpple im Vorstand, und wo sie sonst noch so sitzt. Intelligent, gewieft – eine Spur zu gewieft, fürchte ich. Und da erfuhr ich also, dass man zur Beseitigung dieser Frau einen Spezialisten aus Südafrika hat kommen lassen, einen merkwürdig fettleibigen Menschen, wenn man seine Profession bedenkt. Er ist bereits in Stuttgart und macht sich bei religiös motivierten Leuten beliebt, indem er mit luxuriösen Ethno-Bibeln handelt. Das soll wohl seine Tarnung sein. Er wirkt sogar recht überzeugend. Ich kenne den Mann. Er wurde mir ganz offiziell vorgestellt. Nicht als Killer, versteht sich. Sie sehen also, dass ich einiges in der Hand hatte. Nichts in der Hand zu halten, wäre mir allerdings lieber gewesen. Ich war mir nicht sicher, was zu tun ist und mit wem ich darüber reden sollte. Und ob überhaupt. Es ist zumeist besser, solchen Kram gleich wieder zu vergessen. Ich exponiere mich gern als Wissenschaftler, nicht jedoch als Aufdecker eines Komplotts. Auf jeden Fall dachte ich, genügend Zeit zu haben, mir das alles zu überlegen. Zeit bis zum Ende dieser Woche.«
    Ich wollte wissen, für wann die Ermordung Frau Holdenrieds geplant war.
    »So in etwa Samstagnacht, Sonntagmorgen«, sagte Bötsch. Er warf einen kurzen Blick auf das Schachbrett und erklärte, er sei überzeugt gewesen, ihm könne nichts geschehen. Aber offensichtlich war er beim Lauschen beobachtet worden. Weshalb man ihn jetzt umbringen wolle. »Zuerst mich, dann die Holdenried.«
    Ich fragte Bötsch, warum er nicht zur Polizei gegangen war.
    »Das überlasse ich gern Ihnen«, sagte Bötsch, wirkte amüsiert, unsympathisch.
    Natürlich, er hatte sich denken können, dass der Polizist, der den Griechen erschossen hatte, als Teil eines Konzepts fungierte. Ein Konzept, in das vielleicht weitere Polizisten eingebunden waren. Wenn nicht der gesamte Apparat. Ich teilte Bötsch mit, dass besagter Polizist tot war, ohne ins Detail zu gehen. Ich wollte den Boxer nicht zu sehr aufregen, der mit einem leeren Blick an sich hinuntersah. Ich wollte nicht von Frau K. sprechen.
    »Freut mich«, sagte Bötsch und meinte den toten Polizisten, »aber das macht mich noch lange nicht sicher. Der Mann, der hinter diesen Machinationen steckt, ist eine einflussreiche Person. Einflussreich ist gar kein Begriff. Der ist nach allen Seiten abgedeckt.«
    »Wer soll das sein?«
    »Es ist besser, junger Mann, wenn Sie das nicht wissen. Eben.«
    »Warum haben Sie mich dann holen lassen? Was soll ich tun? Ihnen beim Schach assistieren? Ihren König aus dem Feuer holen?«
    »Ich will Ihnen die Chance geben, die Sache in die Hand zu nehmen. Mir scheint doch, dass das Ihre Spezialität ist.«
    »Was? Dinge in die Hand nehmen?«
    »Sie haben sich eingemischt. Nun, dann bleiben Sie gefälligst dabei. Verhindern Sie das Attentat. Um bei Ihrer Diktion zu bleiben: Sie brauchen keine Könige aus dem Feuer zu holen, aber eine Königin.«
    »Du liebe Güte, soll ich mich wieder vor eine Kugel werfen?«
    »Sie müssen ja nur zusehen, dass der Killer ausscheidet. Der Mann heißt Jooß, Ludwig Jooß, Südafrikaner. Er wohnt im Hotel Graf Z. Er stammt von Deutschen ab. Man kann also mit ihm reden. Zumindest deutsch. Aber wahrscheinlich ist es besser, nicht allzu

Weitere Kostenlose Bücher