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Der Mann, der die Frauen belog - Roman

Titel: Der Mann, der die Frauen belog - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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immer ratternden Drucker und tat, als hätte sie die Frage nicht gehört.
    »Wieso hast du dich denn mit Helens Familie nicht verstanden? Dass sie Markowitz nicht gerade liebte, weiß ich, aber bei dir …«
    »Bei Tante Alice und mir war es Abneigung auf den ersten Blick. Ich habe keinen Kontakt zu ihr.«
    Was hatte Mallory dieser Tante bloß getan?
    Riker sah sich, das aufgeschlagene Notizbuch in der Hand, im Sprechzimmer um, in dem es nach den üppigen Grünpflanzen mit den zarten Blüten roch, die überall herumstanden. Auch der Arzt war eher zart und sanft. Einer dieser Typen, dachte Riker, von denen man gern sagt, dass sie keiner Fliege was zuleide tun können. Armes Schwein … Der Mann im weißen Kittel versuchte gerade Mallory klarzumachen, dass er Amanda Boschs Privatsphäre nicht verletzen und ihr deshalb auch nicht sagen könne, ob Amanda an irgendwelchen durch Geschlechtsverkehr übertragbaren Krankheiten gelitten hatte.
    Mallorys Schultern spannten sich, aber offenbar hatte der gute Doktor das Warnsignal nicht richtig verstanden. Seine Kontakte mit Frauen, die mit gynäkologischen Problemen zu ihm kamen und bei denen Takt und Zartgefühl angesagt waren, hatten ihn auf so was nicht vorbereitet.
    Mallory stand auf.
    Sie knallte das Autopsiefoto auf die Schreibunterlage. Der Ärmste fuhr zusammen und rutschte tiefer in seinen Sessel.
    In Mallorys Stimme brodelte es gefährlich. »Sehen Sie sich nur genau an, was der Mistkerl mit ihr gemacht hat.«
    Das waren nicht die geschönten Fotos, mit denen die uniformierten Kollegen bei den livrierten Portiers die Runde gemacht hatten und auf denen man nur die Kopfwunde und den Würmerfraß sah. Es war eine Aufnahme der Leiche nach der Autopsie, der obszöne Anblick eines wie ein Kanu ausgehöhlten weiblichen Körpers.
    Dass hier schon der Pathologe am Werk gewesen war, verschwieg Mallory wohlweislich, und so waren der Phantasie des Arztes keine Grenzen gesetzt. Er wurde leichenblass und taumelte zur Toilette.
    Mallory setzte sich wieder, schlug die Arme übereinander und wartete, bis das Würgen hinter der Tür aufhörte. Der schöne Mund verzog sich angewidert. Von einem Mediziner hatte sie mehr Seelenstärke erwartet.
    Als er zurückkam, sah er aus, als sei er gerade um dreißig Jahre gealtert, und setzte sich so vorsichtig, als habe er Angst um seine morschen Knochen. Wie trostsuchend verkrampfte er die weichen weißen Hände ineinander.
    Jetzt hatte Mallory ihn da, wo sie ihn haben wollte.
    »Kennen Sie den Kindsvater?«
    »Nein. Sie wollte nicht über ihn sprechen, aber ich denke mir, dass er verheiratet war.«
    »Ich will wissen, ob das Motiv für die Abtreibung eine durch Geschlechtsverkehr übertragbare Krankheit gewesen sein könnte. Auf die Laborergebnisse kann ich nicht warten.«
    »Das kann ich guten Gewissens verneinen. Ich habe auf ihren Wunsch alle notwendigen Untersuchungen gemacht. Sie war kerngesund, abgesehen von einer Missbildung der Gebärmutter, die gewisse Komplikationen bei der Schwangerschaft mit sich brachte.«
    »War das der Grund, dass –«
    »Ich habe keine Ahnung, weshalb sie das Kind hat abtreiben lassen. Sie hatte es sich so sehr gewünscht. Die Empfängnisfähigkeit war wegen dieser Missbildung stark eingeschränkt.«
    »Haben Sie die Abtreibung gemacht?«
    »Nein, sie wurde in einem städtischen Krankenhaus vorgenommen. Sie meldete sich in der Notaufnahme und klagte über Krämpfe und Blutungen. Ich bin sofort hingefahren, aber ich habe dort keine Belegbetten, und ehe ich mich einschalten konnte, war es schon passiert. Sie haben einen Stümper rangelassen, einen regelrechten Kurpfuscher. Eine zweite Schwangerschaft war nach dieser Metzelei unmöglich geworden.«
    Er streifte das Autopsiefoto mit einem scheuen Blick. Vielleicht hatte das Stichwort Metzelei gewisse Assoziationen ausgelöst.
    »Wann war das?«
    »Heute vor einer Woche. Sie sagte alle Termine ab, die sie noch bei mir hatte, und ich habe sie nie wiedergesehen.«
    »Es fing also mit einer Fehlgeburt an?«
    »Nein, nicht mit einer Fehlgeburt.«
    »Haben Sie den Verdacht, dass sie die Abtreibung selbst eingeleitet hat?«
    »Nein, natürlich nicht, aber fest steht, dass der Fötus gefährdet war. Sie hatte seit Tagen nicht geschlafen und nichts gegessen. Sie stand unter ungeheurem Druck.«
    »Was war das für ein Druck?«
    »Das weiß ich nicht. Als ich an jenem Abend bei ihr im Krankenhaus war, wollte sie sich dazu nicht äußern. Der Kollege hatte ihr gesagt, man könne

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