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Der Mann, der die Frauen belog - Roman

Titel: Der Mann, der die Frauen belog - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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schloss sich wie in einem schlechten Stummfilm.
    Der Kummer in ihrem Blick vertiefte sich. Hatte er sie gekränkt? Offenbar. Aus dem Augenwinkel sah er, dass sie sich von ihm entfernte.
    »Es tut mir leid …« Charles sprach ins Leere, denn Amanda war verschwunden. Was für ein groteskes Puppentheater, dachte er. Du bist ein Stümper, Charles!
    Er schraubte das Parfümfläschchen zu, aber der Geruch nach verwelkten Rosen, nach Verwesung und Tod begleitete ihn auf Schritt und Tritt. Und als er wehrlos im Bett lag, an Händen und Füßen vom Schlaf gefesselt, war Amanda plötzlich wieder da.
    Die ganze Nacht, in allen seinen Träumen, mussten frische junge Rosen sterben. Selbst den kleinen, schlafenden, in einer schützenden Hülle zusammengerollten Knospen – selbst ihnen ging es ans Leben.

4
    23. Dezember
    E ine volle Minute stand Charles Butler an der Tür und horchte auf das Schurren draußen auf dem Flur. Die leichten Schritte sagten ihm, dass sein Besucher klein war. Wenn er ganz genau hinhörte, konnte er jetzt ausmachen, wie dieser kleine Mensch von einem Fuß auf den anderen trat. Er wartete höflich, bis sein Besucher sich zu einem Entschluss durchgerungen und den Türsummer betätigt hatte.
    Charles lächelte. Er mochte Kinder.
    »Hallo. Du bist früh dran.« Eine ganze Stunde zu früh.
    Justin Riccalo wiegte sich auf den Ballen. »Ja. Ich bin hier mit meinen Eltern verabredet, aber meine Klavierstunde ist ausgefallen, und da wusste ich nicht so recht, wohin.«
    War er vielleicht zu Hause nicht gern gesehen?
    »Ich hab keinen Wohnungsschlüssel«, beantwortete Justin die unausgesprochene Frage. »Natürlich hätte ich es auch woanders probieren können, aber –«
    »Macht gar nichts. Ich wollte gerade in den Keller. Magst du Zauberkunststücke?«
    Justin reagierte unerwartet. Er hielt mitten in der Bewegung inne und sah plötzlich aus wie ein Ballon, dem man die Luft herausgelassen hat. »Wollen Sie auf diese taktvolle Art rauskriegen, ob ich Bleistifte durch die Luft fliegen lasse?«
    »Aber nein … Ich glaube wirklich, der Keller würde dir gefallen.« Der Junge hob gleichmütig eine Schulter.
    Charles schloss ab und ging über den Flur zu der Tür, die ins Treppenhaus führte. Justin wollte zum Fahrstuhl, aber Charles erklärte ihm, dass der Weg ins Kellergeschoss nur über die Treppe führte. »Die paar Stufen werden dir wohl nichts ausmachen.« Justin schlich neben ihm her, als hätte er Sträflingskugeln an den Füßen.
    Für Justin, das Hochhauskind, waren Treppen offenbar etwas Neues. Auf der gusseisernen Wendeltreppe lehnte er sich weit übers Geländer. An den Zugängen zu den einzelnen Stockwerken brannten nackte Glühbirnen. Fasziniert betrachtete er die verschlungenen Muster aus Licht und Schatten.
    »Echt heiß, so’n alter Kasten!«, sagte er anerkennend.
    »Wart’s nur ab, es kommt noch besser«, verhieß Charles, und jetzt lief Justin erwartungsvoll hinter ihm her.
    »Was haben Sie eigentlich mit mir vor?«, fragte er. »Wollen Sie mich da unten in einen Spukdetektor stecken?«
    »Nein, mit so raffinierten Geräten arbeite ich nicht. Meist führe ich mit meinen Klienten nur Gespräche, und manchmal machen wir einen schriftlichen Test.«
    »Was läuft denn bei Ihnen so am besten? Ufos?«
    »Die habe ich leider nicht im Programm. Ich berate Menschen mit einer außergewöhnlichen Begabung. Die werte ich aus, und dann versuche ich, eine Anwendung dafür zu finden. Bei vielen Leuten ist die Intelligenz auf irgendeinem Gebiet überentwickelt. Meine Teilhaberin Mallory zum Beispiel hat eine angeborene Begabung für Computer.«
    »So ein Computer ist doch nichts weiter als eine ganz gewöhnliche Maschine«, verkündete Justin altklug. »Wer das passende Handbuch hat, kann ihn auch bedienen.«
    »Aber Mallory braucht keine Handbücher. Sie stellt mit den Rechnern Sachen an, auf die ein Computerkonstrukteur nie kommen würde …«
    Stopp! Mallory war vielleicht nicht gerade das beste Leitbild für Kinder …
    »Aber für das Talent Ihrer Partnerin gibt es schon eine Anwendung.«
    »Ja, aber meist wissen meine Klienten nicht so recht, was sie mit ihrer Begabung anfangen sollen. Ich zeige ihnen, wo ihr Schwerpunkt liegt, und dann suche ich ihnen eine Stellung in einem entsprechenden Forschungsprojekt. Klingt nicht sehr aufregend, was? Aber für alle, die mit neuen Technologien arbeiten, ist es eine hochinteressante Sache.«
    »Von mir aus kann’s losgehen, Mr. Butler. Oder wollen Sie noch auf

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