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Der Mann, der die Frauen belog - Roman

Titel: Der Mann, der die Frauen belog - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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warf Mallory einen raschen Blick unter die Zeitung.
    Bifokalgläser. Ein unansehnlicher kleiner Bursche, der aus Eitelkeit gern mal auf die Brille verzichtete. Interessant.
    In der Halle trat sie an das breite Fenster, das auf die Straße hinausging. Ein Hausbewohner näherte sich. Als Moss White, der Talkmaster, die vier Meter entfernte Bank erreicht hatte, schaltete Arthur sein beflissenes Lächeln ein.
    Demnach konnte er zumindest bis zu der Stelle, wo Amanda am Tag vor ihrem Tod gesessen hatte, Personen und Gegenstände klar erkennen.
    Was hatte Amanda an jenem Tag gesehen? Was hatte sie so sehr erschreckt, dass sie weggerannt war? Und wie viel Gewicht hätte Arthurs Aussage vor Gericht? Sie würde sich noch einmal mit ihm unterhalten müssen.
    Als sie die Wohnung der Rosens betrat, hatte sie das Gefühl, nicht allein zu sein. Auch Knolle spürte es. Er schnurrte nicht mehr, sondern zuckte unruhig mit den Pfoten und sah sich nach allen Seiten hin um. Im Schlafzimmer wurde ein Möbelstück gerückt, dann fing ein Staubsauger an zu jaulen.
    »Hallo, Miss.« Sarah, die Putzfrau der Rosens, stellte den Staubsauger ab. In der Toilette ging die Wasserspülung. Die Tür öffnete sich, und auf der Schwelle stand Justin Riccalo und lächelte vorsichtig. Das Lächeln erlosch, als Mallory ihm demonstrativ den Rücken kehrte.
    »Sie haben hoffentlich nichts dagegen, Miss«, sagte Sarah. »Er stand draußen und hat gesagt, dass er zu Ihnen will. Und dass er mal auf die Toilette muss. Das geht doch in Ordnung?«
    »Aber ja.« Mallory sah jetzt den Jungen an, der sie täglich mehr beschäftigte. Sie spürte sich ihm auf eine ganz seltsame, irrationale Weise nahe. Als hätten sie gemeinsame Erfahrungen. Als wüsste sie dunkel, was ihm geschehen war, weil sie Ähnliches erlebt hatte.
    »Hier bin ich fertig.« Sarah rollte die Schnur auf. Bis sie das Schlafzimmer verlassen hatte, blieb alles still.
    »Wie bist du an dem Portier vorbei ins Haus gekommen, Justin?«
    »Ich bin einfach hinter einem Mann und einer Frau hergegangen. Der Portier hat wohl gedacht, dass ich zu ihnen gehöre.«
    »Und woher wusstest du, dass ich hier wohne?«
    »Aus dem Telefonbuch.«
    Sie schüttelte nachdrücklich den Kopf.
    Der Staubsauger jaulte jetzt im Wohnzimmer.
    »Na gut … Ich war dabei, als meine Stiefmutter Ihnen neulich nachgegangen ist.«
    »Du warst das also …« Sie hatte gespürt, dass sie beobachtet wurde, aber die Stiefmutter hatte nichts von Justin gesagt, und der hatte sich offenbar bewusst im Hintergrund gehalten.
    »Der Fahrstuhlführer hat mich hochgebracht. Draußen hab ich die Putzfrau getroffen und ihr gesagt, dass Sie mich erwarten.«
    Er fand sich offenbar sehr gut, aber das erwartete Lob blieb aus.
    Die Hände in den Taschen seiner Daunenjacke vergraben, wippte er auf den Ballen und besah sich das Schlafzimmer mit dem gerüschten Himmelbett, den Chintzpolstern und Nippes. »So hab ich mir das bei Ihnen nicht vorgestellt.«
    Unter Mallorys anhaltendem Schweigen schmolz seine Selbstsicherheit dahin.
    Mallory horchte dem Summen von Sarahs Staubsauger nach. Vom Wohnzimmer her roch es nach Möbelpolitur und Ammoniak.
    Als die Wohnungstür hinter Sarah ins Schloss gefallen war, sagte er: »Ich brauche jemanden, mit dem ich reden kann. Aber mir hört ja keiner zu.«
    »Ich höre dir zu, Justin, aber du musst die Karten auf den Tisch legen. Vermisst deine Stiefmutter vielleicht Nylonstrümpfe?«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Hat sie gesagt, du hättest sie ihr gestohlen?«
    »Noch nicht. Aber heute früh hab ich einen zerrissenen Strumpf in meiner Kommode gefunden. Keine Ahnung, wie der dahin gekommen ist.«
    Was verband sie mit diesem Kind? Eine vage, nicht greifbare und lange zurückliegende Erinnerung … Er war ein Lügner, vielleicht hatte es auch damit etwas zu tun.
    »Wenn du mir ehrlich sagst, was hier gespielt wird, helfe ich dir.«
    »Sie denken, dass ich die Bleistifte durch die Luft fliegen lasse. Sie und alle anderen. Aber wieso? Was wissen Sie denn von mir? Doch nur das, was mein Vater Ihnen über mich erzählt hat.«
    »Ich weiß eine Menge über dich, Justin. Zum Beispiel, dass du als cleverer Knabe inzwischen begriffen hast, wie man diese Kunststücke macht, aber dich in Schweigen hüllst. Entweder du steckst selbst dahinter, oder du hast Angst vor deinem Vater – oder beides. Vielleicht ist es ja auch deine Stiefmutter, und du sagst nichts, weil es dir Spaß macht, deinen Alten zappeln zu lassen.«
    Sie sah sich

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