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Der Mann, der die Frauen belog - Roman

Titel: Der Mann, der die Frauen belog - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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sammelte die Wachsfrüchte ein. Der Kater wich ihr nicht von der Seite und bettelte mauzend um eine kleine Zärtlichkeit.
    Einer so ordnungs- und sauberkeitsliebenden Frau wie Helen Markowitz kamen Tiere natürlich nicht ins Haus, aber wenn sich eine streunende Katze im Garten sehen ließ, konnte sie sicher sein, bei Helen satt zu werden. Einmal hatten sie im Winter zehn Tage lang einen Mischlingshund in der Garage beherbergt, der Helen die Hand geleckt und sie aus großen braunen Augen seelenvoll angesehen hatte.
    Helen hatte der kleinen Kathy die Spuren der Misshandlungen auf dem Hundefell gezeigt. Von einem Tier kannst du viel über seinen Besitzer erfahren, hatte sie gesagt. In diesem Fall hatte das dazu geführt, dass eines Tages der Anhänger mit Namen und Adresse vom Hundehalsband des Mischlings verschwunden war und Helen den Flüchtling bei einer befreundeten Familie in der Nähe unterbrachte.
    Nicht der Hund hat sich verlaufen, hatte Helen zu Kathy gesagt, sondern der Mensch, der ihn gequält hat, ist in die Irre gegangen.
    Arschloch, Drecksack, Scheißkerl – solche Ausdrücke, die Kathy und Markowitz mit der größten Selbstverständlichkeit benutzten, hätte Helen nie in den Mund genommen. Für sie war der Mensch, der seinen Hund blutig geschlagen und ihm die Knochen gebrochen hatte, nur in die Irre gegangen. Jeder Mensch hat seine dunkle Seite, hatte Helen gesagt. Erst wenn das Dunkel alles Licht in seiner Seele löscht, ist er verloren.
    Der Kerl ist trotzdem ein Drecksack, hatte Kathy bei sich gedacht und hätte dem Hundebesitzer einen kräftigen Tritt in die Rippen gegönnt. Ihr Begriff von Gerechtigkeit war schlicht und geradlinig, und daran hatte sich im Lauf der Jahre nicht viel geändert. Nur Helen zuliebe hatte sie so getan, als hätte sie auch eine lichte Seite.
    Mallory streckte eine Hand aus und streichelte Knolles Kopf. Das wäre in Helens Sinn gewesen. Knolle schloss beseligt die Augen. So, die lästige Pflichtübung war absolviert. Sie wischte sich die Hand an einem Hosenbein ab. Der Kater riss verstört die Augen auf und sah sich nach Mallory um, die unbegreiflicherweise von einer Sekunde zur anderen verschwunden war.
    Die Akte Amanda Bosch hatte einen Ehrenplatz ganz oben auf Rikers Papierbergen. Im Augenblick kramte er in einem der Schreibtischfächer nach den Fotos des Tatorts im Park, war aber in seiner provisorischen Ablage ein paar Schichten zu tief geraten und hielt nun die Aufnahme von Kathys Abschlussfeier an der Polizeiakademie in der Hand.
    Neben ihr auf dem Bild stand stolz lächelnd Helen Markowitz. Damals hatte sie noch nicht gewusst, dass sie den Krebs in ihrem Körper trug, der schon ein Jahr später ihrem Leben ein Ende machen sollte. Markowitz hatte den Verlust nie verwunden. Wäre Kathy nicht gewesen, wäre er Helen sicher schon vor Jahren gefolgt.
    Wie gefasst sie in diesen Tod gegangen war! Bei klarem Bewusstsein. Ohne Gegenwehr. Auf leisen Gummirollen war die Frau von Inspektor Markowitz in den sterilen OP gebracht worden. Zurückgebracht hatte man ihnen eine Tote.
    Es war alles erstaunlich geräuschlos abgelaufen. Mit gedämpfter Stimme hatte der Arzt zu Markowitz und Kathy gesagt, es tue ihm sehr leid. Doch im Klartext bedeutete das schlicht und einfach: aus und vorbei, Endstation. Da saßen sie nun in dieser schrecklichen Stille auf einem billigen Plastiksofa im Wartezimmer, zwei unwichtige Nebendarsteller in einem Stück, das kein richtiges Ende gehabt, das sich in unverständlichem Gemurmel verloren hatte und bei dem kein Vorhang fiel.
    »Beschiss!«, hatte Kathy damals zu Riker gesagt, und der war ganz ihrer Meinung gewesen.
    Jetzt aber stand jemand vor Rikers Schreibtisch, der zu rücksichtsvoll war, um ihn zu stören, und deshalb nur ganz diskret mit den Füßen scharrte.
    Riker sah zu dem lächelnden Charles hoch. Schon wieder etwas, was ihn an alte Zeiten erinnerte. Auch bei Markowitz hatte man, und wenn einem noch so schwer ums Herz gewesen war, unwillkürlich zurücklächeln müssen.
    »Holen Sie sich einen Stuhl, Charles. Warten Sie auf Mallory?«
    »Nein. Jack Coffey wollte mich wegen Amanda Bosch sprechen.«
    »Wahrscheinlich denkt er, dass Mallory ihm irgendwas verschweigt. Aber Coffey legt bei Mallory auch nicht alle Karten auf den Tisch, und von mir erfahren beide manches nicht. Na ja, bleibt letztlich alles in der Familie … Sie haben doch nichts ausgequatscht?«
    »Natürlich nicht.«
    Mallory verschwieg also tatsächlich etwas.
    »Was kann ich

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