Der Mann, der kein Mörder war
behaupten, er würde nach Västerås fahren, um Sex mit einem Mann zu haben?»
«Keine Ahnung, das müssen Sie ihn fragen.»
«Ich dachte, Sie wären gut befreundet?»
«Das dachte ich auch, aber was ich nun hören muss, lässt mich daran zweifeln.»
«Wir können beweisen, dass Sie im Motel waren.»
«Ich war ja auch da. Ich traf Frank. Das bestreite ich doch gar nicht. Aber ich betone mit aller Entschiedenheit, dass wir dort nicht sexuell aktiv gewesen sind und ich nicht Roger Eriksson an diesem Abend getroffen habe.»
Vanja und Torkel tauschten einen schnellen Blick aus. Ragnar Groth war schlau. Er gab das zu, was sich beweisen ließ, und leugnete alles andere. Hatten sie ihn zu früh einbestellt? Eigentlich hatten sie nur eine Indizienkette vorzuweisen. Heimliche Sextreffen, eine Mitgliedschaft in einem Schützenverein, eine Position, die es wert war, verteidigt zu werden. Hätten sie mehr gebraucht?
Im Zimmer nebenan hatte Sebastian denselben Gedanken. Sie wussten ja, dass Groth ein Mann mit einer offensichtlichen, wenn nicht gar ernsten psychischen Störung war, die sich in Pedanterie und Zwangshandlungen äußerte. Der Gedanke war keineswegs weit hergeholt, dass er über die Jahre hinweg einen tiefsitzenden und beinahe undurchdringbaren Verteidigungsmechanismus aufgebaut hatte, mit dem er sich vor eigenen Handlungen schützte, die er als unerwünscht einstufte. Sebastian schätzte Groth so ein, dass er ständig Vor- und Nachteile abwägte. Und wenn er eine Entscheidung getroffen hatte, formte er die Wirklichkeit danach – seine Entscheidung wurde zur Wahrheit. Er fasste es sicherlich nicht einmal als Lüge auf, wenn er behauptete, dass er und Frank Clevén in dem Motelzimmer keinen Sex miteinander gehabt hatten. Er glaubte selbst daran. Vermutlich bedurfte es fotografischer Beweise, damit er gestand. Beweise, die sie nicht hatten.
«Peter Westin?»
Vanja griff eine neue Spur auf.
«Was soll mit ihm sein?»
«Sie kennen ihn.»
«Die Schule hat eine Vereinbarung mit seiner Praxis, ja. Was tut das hier zur Sache?»
«Wissen Sie, wo er wohnt?»
«Nein, privat haben wir keinen Kontakt.» Groth schoss ein Gedanke in den Kopf und er beugte sich auf seinem Stuhl vor. «Wollen Sie etwa behaupten, ich hätte auch zu ihm eine sexuelle Beziehung?»
«Ist es denn so?»
«Nein.»
«Wo waren Sie heute früh um vier Uhr?»
«Ich war zu Hause und habe geschlafen. Ich pflege um diese Zeit immer ein wenig zu schlummern, eine schlechte Angewohnheit von mir. Warum fragen Sie?»
Jetzt wurde er sarkastisch. Sebastian seufzte nebenan. Groth hatte sein Selbstvertrauen wiedergewonnen. Er hatte begriffen, dass sie nicht genug gegen ihn in der Hand hatten. Sie würden nichts erreichen. Im Verhörraum versuchte Torkel, dennoch zu retten, was zu retten war.
«Wir müssen uns Ihre Waffen genauer ansehen.»
«Warum das denn?» Groth schien aufrichtig verwundert.Vanja fluchte innerlich. Es war ihnen gelungen, die Information vor der Presse geheim zu halten. Abgesehen von seinem Mörder wusste niemand, dass Roger erschossen worden war. Es hätte ihnen weitergeholfen, wenn Groth sich nicht über ihre Frage gewundert, sondern sich geweigert hätte, seine Gewehre zu zeigen.
«Warum nicht?»
«Ich verstehe nur den Anlass nicht. Der Junge wurde doch nicht erschossen?» Der Rektor warf einen fragenden Blick von Vanja zu Torkel. Keiner von ihnen dachte daran, das zu bestätigen oder zu dementieren.
«Wollen Sie uns einen Blick auf Ihre Waffen verweigern?»
«Keineswegs. Nehmen Sie sich, welche Sie wollen. So lange Sie wollen.»
«Wir würden uns auch gern einmal Ihre Wohnung ansehen.»
«Ich wohne in einer Villa.»
«Dann würden wir uns gern einmal Ihre Villa ansehen.»
«Brauchen Sie dafür denn nicht einen Hausdurchsuchungsbefehl?»
«Doch, es sei denn, der Bewohner erlaubt es uns, dann genügt es, wenn wir mit dem Staatsanwalt sprechen.»
Vanja erkannte, dass sie nicht länger auf die Hilfsbereitschaft des Rektors zählen konnten, also griff sie zu einer Drohung, die als Rücksichtnahme getarnt war.
«Für einen Durchsuchungsbefehl ist ein gewisser Verwaltungsaufwand erforderlich. Und je mehr Mitarbeiter unseren Antrag sehen, desto größer ist das Risiko, dass Informationen an die Öffentlichkeit dringen.»
Groth sah sie an. Sie bemerkte, dass er die falsche Rücksichtnahme schnell durchschaut und die implizierte Drohung voll und ganz verstanden hatte.
«Natürlich. Durchsuchen Sie alles, was Sie wollen. Je
Weitere Kostenlose Bücher