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Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
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Vielleicht nicht gerade die raffinierteste Art der Bestrafung, aber sie wies ihn doch sehr effektiv in die Schranken. Torkel entgegnete nichts. Es hatte keinen Sinn, sich auf diesen Streit einzulassen. Nicht in Mikaels Gegenwart. Wenn Ursula in einer solchen Stimmung war, konnte man nur verlieren.
    Torkel entschuldigte sich, achtete jedoch darauf, Mikael anständig die Hand zu schütteln, bevor er ging. Wenigstens ein bisschen Stolz konnte er ja beweisen. Er hasste das Gefühl, sich mit eingekniffenem Schwanz davonzuschleichen.
    Ursula hakte sich bei Mikael ein, und die beiden verließen den Aufenthaltsraum.
    «Ich kenne mich mit den Restaurants in der Stadt nicht besonders aus, aber Billy sagt, es gebe einen ganz passablen Griechen in der Nähe.»
    «Das klingt gut.»
    Nachdem die beiden schweigend ein paar Schritte gegangen waren, blieb Mikael stehen.
    «Warum bin ich eigentlich hier?»
    Ursula blickte ihn fragend an.
    «Wie meinst du das?»
    «Ich meine es genau so, wie ich es sage. Warum bin ich hier? Was willst du von mir?»
    «Ich will nichts. Ich dachte nur, wenn ich nur eine Stunde von Stockholm entfernt bin, könnten wir doch …»
    Mikael betrachtete sie forschend. Er wirkte nicht überzeugt.
    «Du hast schon in Städten gearbeitet, die näher an Stockholm liegen als Västerås, und mich nie angerufen.»
    Ursula seufzte innerlich, zeigte es jedoch nicht.
    «Eben drum. Wir sehen uns zu selten. Daran wollte ich etwas ändern. Und jetzt komm.»
    Sie nahm seinen Arm und zog ihn sanft mit sich. Während sie sich enger an ihren Mann schmiegte, verfluchte sie die Idee, die ihr gestern noch so gerechtfertigt und einleuchtend erschienen war. Was wollte sie eigentlich erreichen? Torkel eifersüchtig machen? Ihn demütigen? Ihre Selbständigkeit demonstrieren?
    Ganz gleich, was es war – Mikaels Anwesenheit hatte offenbar ihre Funktion bereits erfüllt. Torkel war die Situation deutlich unangenehm gewesen. Er hatte seine Schultern schon lange nicht mehr so hängen lassen wie vorhin, als er sich ohne ein Wort davongeschlichen hatte.
    Die Frage, die sich Ursula nun auftat, war: Was sollte sie bloß mit ihrem Mann anstellen?

N achdem sie eine gute Stunde beim Griechen verbracht hatten, war Ursula gezwungen gewesen, zu Ragnar Groths Haus zurückzukehren. Dennoch war das gemeinsame Abendessen angenehm verlaufen. Netter, als sie gedacht hatte. Mikael hatte zwar noch einige Male nach dem Grund gefragt, warum sie ihn hier haben wollte. Er schien nur schwer glauben zu können, dass sie ihn einfach so treffen wollte, und das war eigentlich kaum verwunderlich.
    Ihre Beziehung war viele Jahre lang anstrengend gewesen, und es war eigentlich ein Wunder, dass sie gehalten hatte. Doch während dieses Kampfes hatten sich ihre Bande auch gestärkt. Es war etwas Wahres daran, dass es eine Beziehung entweder stärkte oder zerstörte, wenn man die geheimsten Schwächen seines Partners kennenlernte. Und Schwächen hatten sie beide, nicht zuletzt als Eltern. Was Bella anbelangte, so war es, als existierte ein kleiner, feiner Filter, ein dünnes Häutchen, das Ursula daran hinderte, ihrer Tochter wirklich nahezukommen, und dafür sorgte, dass sie leider allzu oft der Arbeit den Vorrang vor ihrer Familie gab. Ursula quälte sich häufig angesichts der Erkenntnis, dass sie ihrer Tochter unbewusst technische Untersuchungen und Leichen vorzog. Sie gab ihrer Kindheit und ihren Eltern die Schuld daran. Und ihrem Gehirn, das der Logik eine höhere Priorität einräumte als den Gefühlen. Aber das änderte nichts an der Tatsache, dass das Häutchen bestehen blieb und damit auch der Kummer über ihre Bindungsunfähigkeit. Sie hatte immer das Gefühl, dass sie mehr, häufiger und engagierter hätte da sein müssen. Insbesondere in den Zeiten, in denen Mikael wieder in seine Alkoholabhängigkeit zurückfiel. In diesen Jahren waren die Großeltern eine Rettung für Bella gewesen.
    Trotz seiner offensichtlichen Schwächen bewunderte Ursula Mikael immer wieder. Seine Abhängigkeit hatte nie ihre Finanzen in Gefahr gebracht oder es unmöglich gemacht, zu Hause wohnen zu bleiben. Wenn es richtig schlimm wurde, zog er sich lieber zurück wie ein verletztes Tier. Am meisten enttäuschte er sich selbst damit, wenn es ihn wieder einmal erwischte. Sein Leben war ein einziger langer Kampf gegen sein eigenes Versagen.
    Und genau darin vermutete Ursula den Schlüssel ihrer Liebe zu ihm – dass er nie aufgab. Trotz aller Misserfolge, Fehltritte und geplatzter

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