Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
Vom Netzwerk:
Der Fall musste gelöst werden. So schnell wie möglich.
    Der Polizeidirektor bekam zu hören, dass sie ihr Bestes taten.
    Und Torkel bekam zu hören, dass der Polizeidirektor von ihm erwartete, dass er sich den Fragen der draußen versammelten Journalisten stellte, bevor er seine Arbeit für diesen Abend beendete.
    Der Polizeidirektor legte auf. Torkel auch, doch seine Sorgen war er damit nicht los, das begriff er, als er Vanjas Blick sah.
    «Lassen wir Groth laufen?»
    «Ja.»
    «Aber warum?»
    «Du hast doch gehört, was ich eben am Telefon gesagt habe?»
    «Ja.»
    «Na also.»
    Vanja stand einige Sekunden lang schweigend da, als müsse sie die Information verarbeiten, die sie gerade erhalten hatte. Sie kam zu einem schnellen Schluss.
    «Ich hasse diesen Fall. Ich hasse diese ganze beschissene Stadt.»
    Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging in Richtung Tür, öffnete sie, blieb aber im Türrahmen stehen und drehte sich noch einmal zu Torkel um.
    «Und ich hasse Sebastian Bergman.»
    Vanja verließ den Raum und schloss die Tür hinter sich. Torkel sah sie mit schnellen Schritten durch das leere Großraumbüro verschwinden. Müde nahm er sein Sakko von der Stuhllehne. Seine Kurzschlusshandlung, Sebastian einzustellen, war ihm nun wirklich zur Genüge vorgeworfen worden.
    Eine halbe Stunde später hatte Torkel alle Formalitäten für die Haftentlassung erledigt. Ragnar Groth war korrekt und einsilbig gewesen. Er hatte seine Hoffnung wiederholt, dass sie sich diskret verhalten würden, und gefordert, von einem Zivilfahrzeug oder einem Taxi nach Hause gebracht zu werden. Vom Hintereingang aus. Er wollte beim Verlassen des Gebäudes nicht zum Freiwild für die Journalisten werden. Ein Zivilfahrzeug ließ sich um diese späte Uhrzeit nicht auftreiben, also rief Torkel ein Taxi. Beim Abschied äußerte Groth die Hoffnung, dass sie sich nie wiedersehen müssten. Ein Wunsch, der auf Gegenseitigkeit beruhte, wie Torkel sich eingestand. Er blieb stehen, bis die roten Rücklichter des Taxis den Hinterhof verlassen hatten. Verharrte noch einen Moment. Versuchte, auf etwas zu kommen, das jetzt unbedingt erledigt werden musste. Etwas, das er guten Gewissens den Journalisten vorziehen konnte.
    Doch ihm fiel nichts ein. Er war gezwungen, hinauszugehen und mit der Presse zu sprechen.
    Wenn Torkel etwas an seinem Job hasste, dann war es die Tatsache, dass das Verhältnis zur Presse immer wichtiger wurde. Natürlich konnte er den Informationsbedarf der Allgemeinheit nachvollziehen, aber er zweifelte allmählich daran, ob das wirklich noch die wahre Motivation der Journalisten war. Mittlerweile ging es wohl eher darum, Leser zu gewinnen, und nichts verkaufte sich besser als Sex, Angst und Sensationen. Was dazu führte, dass man lieber Furcht verbreitete als Informationen zu bieten, lieber ein Urteil fällte, als jemanden freizusprechen, und immer früher die Entscheidung traf, dass es dem Wohl der Allgemeinheit diente, die Identität der mutmaßlichen Täter aufzudecken. Mit Namen und Bild. Noch vor dem Prozess.
    Und immer schien es in der Berichterstattung diese furchteinflößende, unterschwellige Botschaft zu geben: Es kann auch dich treffen. Du bist nie sicher. Es hätte dein eigenes Kind sein können.
    Damit hatte Torkel die meisten Probleme. Die Presse vereinfachte komplizierte Sachverhalte, suhlte sich in Tragödien und erzeugte damit Schrecken und Misstrauen bei den Menschen. Schließ dich ein. Geh nachts nicht raus. Traue niemandem über den Weg. Was sie eigentlich verkauften, war Angst.
     
     
    Als Ursula zwei Stunden später ins Hotel zurückkehrte, war ihre Laune miserabel. Und es würde noch schlimmer kommen. Als sie nach dem Essen wieder zu Groths Haus gekommen war, hatte Billy schon so gut wie alles erledigt. Sie hatten sich in die Küche gesetzt, wo er sie darüber informierte, was die Durchsuchung ergeben hatte. Das war schnell gesagt: nichts, absolut nichts.
    Ursula hatte geseufzt. Anfangs wusste sie Ragnar Groths Ordnungssinn noch zu schätzen, aber jetzt, da sie nicht das Geringste gefunden hatten, beschlich sie das Gefühl, dass seine Pedanterie eigentlich nur einen Nachteil für die Ermittlungen darstellte. Groth würde niemals etwas Unüberlegtes oder Ungeplantes unternehmen. Niemals etwas schlecht verstecken, niemals einen gravierenden Beweis so hinterlassen, dass er entdeckt würde. Wenn er etwas zu verbergen hatte, würde er dafür sorgen, dass es für immer verborgen bliebe.
    Nichts, absolut nichts.
    Sie

Weitere Kostenlose Bücher